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Projekt Sakkara

Titel: Projekt Sakkara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Wilhelm
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Kapitel 1
     
    11. August 1930, Guardner Residence in Gezira, Kairo
     
    Wolfgang Morgen saß in einem Deckchair am Rande des Gartens, wo ihn das Zwielicht der Dämmerung fast unsichtbar machte. Seine Ellenbogen ruhten auf den Lehnen, die Finger beider Hände bildeten die Form einer Pyramide über seiner Brust. Er ließ seinen Blick über die Menschen schweifen. Sie kamen ihm vor wie eine zerstreute Schafherde, die sich auf dem weitläufigen Grundstück zu Grüppchen geschart hatte und an belanglosen Gesprächen weidete. Hier war eine kleine Elite versammelt, die in ihrer ahnungslosen Arroganz doch nicht mehr war als ein Funken im Feuer der Geschichte.
    Morgen wartete. Seine Zeit war noch nicht gekommen.
     
    Flammen zuckten auf. Diensteifrig und unauffällig huschten weiß gekleidete Angestellte hinter den Tischen und Zelten vorbei, füllten die kleinen Gefäße mit Öl, zupften die Dochte zurecht und entzündeten die Fackeln. Der süßliche Geruch des brennenden Öls mischte sich mit dem würzigen Aroma des übergroßen Holzkohlegrills. Neben Steaks und Lammkoteletts brieten dort Fische, Krebse und zwei Dutzend zierliche Vögel, die mit ihren nackten, von sich gestreckten Extremitäten aussahen, als wäre man auf sie getreten.
    »Ägyptische Tauben, Lady Evelyn. Ganz delikat. Sie sollten Sie unbedingt kosten.«
    Die Dame in ihrem luftigen Kleid lächelte gequält. »Ich danke Ihnen für Ihr Bemühen, Sir Guardner. Ich fürchte allerdings, ich bin seit meiner Ankunft noch immer etwas unpässlich.«
    »Es tut mir aufrichtig leid, das zu hören. Dann sagt Ihnen vielleicht eines der frisch gebackenen Fladenbrote mit ein wenig ful mudames besser zu. Ich werde Ihnen ein Tonic Water bringen lassen. Wenn Sie mich entschuldigen würden.«
    Abseits der anderen Gäste hatte er den jungen Deutschen in einem Liegestuhl entdeckt. Als Sir Guardner auf ihn zuging, erhob dieser sich, und Sir Guardner schüttelte ihm herzlich die Hand.
    »Herr Morgen, wie schön, dass Sie es noch geschafft haben!«
    »Guten Abend, Sir Guardner. Ich hatte noch ein Gespräch mit dem Gesandten, Dr. von Stohrer. Vielen Dank für Ihre Einladung.«
    »Nun sind Sie schon einen Monat in Kairo, da wurde es doch langsam Zeit! Ich habe viel von Ihnen gehört, Ihre Interessen scheinen ähnlich gelagert zu sein wie meine.«
    Der Deutsche lächelte. »Wie Ihre und die aller anderen hier, nicht wahr?«
    »Ja, da haben Sie wohl recht. Erlauben Sie, dass ich Sie einigen meiner langjährigen Freunde vorstelle?«
    »Sehr gerne.«
    Sie nahmen sich Gläser mit Sekt, und Sir Guardner führte seinen Gast durch die Gärten.
    »Sprechen Sie eigentlich auch Französisch?«
    »Leidlich, muss ich zugeben.«
    »Nun, Englisch wird es auch tun.« Sie traten an einen Tisch, und Sir Guardner wies auf einen rundlichen Mann mittleren Alters. »Ich möchte Ihnen Pierre Joliet vorstellen. Er arbeitet mit Dr. Jean-Philippe Lauer am Djoser-Komplex. Monsieur Joliet, dies ist Wolfgang Morgen, wissenschaftlicher Attache der Deutschen Gesandtschaft.«
    Wolfgang Morgen reichte dem Mann die Hand, der sich andeutungsweise aus seinem Stuhl erhob. »Sehr erfreut.«
    »Ebenso, Herr Morgen. Bienvenu en Égypte.«
    »Dankesehr. Ich habe von den umfangreichen Restaurationsarbeiten in Sakkara gehört. Eine ehrenwerte Arbeit. Leider hatte ich noch keine Gelegenheit, mich dort umzusehen.«
    »Sie sind immer willkommen, Herr Morgen. Dr. Lauer ist leider nicht hier heute Abend. Sonst könnten wir direkt einen Termin vereinbaren.«
    »Wer kann es Dr. Lauer verübeln, eine Feldküche und alte Steine einem Diner unter Palmen vorzuziehen? Bemerkenswerte Prioritäten, wenn Sie mich fragen.«
    »Oh, er ist niemals im Sommer in Ägypten. Er wird erst wieder im November hier sein. Aber so bleibt mehr für uns, n'est-ce pas?«
    »Erlauben Sie, dass ich Herrn Morgen weiterführe?«, warf Sir Guardner ein.
    »Aber natürlich«, antwortete der Franzose. »Au revoir, Herr Morgen. Viel Erfolg weiterhin. Und melden Sie sich jederzeit.«
    Sir Guardner führte den Deutschen weiter, zwischen Tischen und Fackeln hindurch, zum Pool und zur Terrasse, von einer Gesprächsrunde zur nächsten. Sir Guardner beobachtete, dass der junge Mann dabei eine sehr gute Figur machte. Er war keine dreißig Jahre alt, aber er sprach flüssiges Englisch ohne den harten deutschen Akzent. Er verstand sich in Small Talk, streute amüsante Bemerkungen ein und belohnte die abschätzenden Blicke der wenigen anwesenden Damen mit elegant platzierten

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