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Die Schatzinsel: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Die Schatzinsel: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Die Schatzinsel: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Louis Stevenson
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am Morgen ihre blutigen Schläge erhalten hatten, keinen sehnlicheren Wunsch hatten, als Anker zu lichten und in See zu stechen. Und dies zu verhindern, schien mir eine großartige Heldentat zu sein. Da ich jetzt gesehen hatte, daß ihre Wache auf dem Schiff kein Boot zur Verfügung hatte, so glaubte ich, es sei kein großes Wagnis, ihnen diesen Streich zu spielen.
    So setzte ich mich denn nieder, um die völlige Finsternis abzuwarten, und aß mich tüchtig an meinen Zwiebäcken satt. Es war eine Nacht, wie ich sie mir unter tausend Nächten für mein Vorhaben nicht besser geeignet hätte denken können. Der Nebel hatte jetzt den ganzen Himmel überzogen. Als der letzte Schimmer des Tages verschwand, senkte völlige Finsternis sich auf die Schatzinsel herab. Und als ich schließlich das Korakel auf meine Schulter nahm und mich aus der kleinen Mulde heraustastete, wo ich meine Abendmahlzeit verzehrt hatte, waren auf dem ganzen Ankergrunde nur zwei Punkte sichtbar.
    Der eine war das große Feuer am Strande, an welchem die von uns geschlagenen Piraten lagen und ein wildes Zechgelage hielten. Der andere, ein winziges Lichtfünkchen in der schwarzen Finsternis, zeigte die Lage des verankerten Schiffes an. Die Hispaniola hatte sich in der Ebbströmung gedreht, so daß ihr Bug jetzt mir zugekehrt war; das einzige Licht an Bord brannte in der Kajüte, und was ich sah, war nur ein Widerschein des hellen Lichtes, das aus der Sternluke herausfunkelte.
    Die Ebbe hatte schon seit geraumer Zeit eingesetzt und ich mußte über einen breiten Streifen sumpfigen Sandes waten, in dem ich mehrere Male bis über die Knöchel einsank, bevor ich das Wasser erreichte. Ich watete noch ein kleines Stück in die See hinaus, und es gelang mir mit einer gewissen Kraftanstrengung, mein Korakel so auf das Wasser zu setzen, daß es auf seinem Kiel schwamm.

Dreiundzwanzigstes Kapitel
    Die Ebbströmung
    Das Korakel war – wie ich reichlich erfahren sollte, bevor ich mit ihm fertig war – ein sehr wasserfestes Boot für einen Menschen von meiner Größe und von meinem Gewicht; es war leicht und hielt sich gut auf dem Wasser; aber es war ein höchst eigensinniges Fahrzeug, das schwer zu lenken war. Man konnte es anfangen, wie man wollte, das Korakel trieb immer nach Lee ab, und sich fortwährend rund im Kreise herumzudrehen, war sein Lieblingsmanöver. Sogar Ben Gunn hat zugegeben, sein Korakel sei halt ein etwas sonderbares Boot, bis man mit ihm Bescheid wüßte.
    Jedenfalls wußte ich nicht mit ihm Bescheid. Es drehte sich nach allen Richtungen, nur nicht nach der, in die ich es bringen mußte; die meiste Zeit fuhren wir mit der Breitseite nach vorn, und ich bin fest überzeugt, daß ich niemals das Schiff erreicht haben würde, wenn die Ebbströmung mir nicht geholfen hätte. Zu meinem guten Glück brachte sie mich auf den rechten Weg, auf den ich mit allem meinem Paddeln nicht gekommen wäre, und auf einmal lag die Hispaniola mitten in meinem Kurs, so daß ich sie kaum verfehlen konnte.
    Zuerst tauchte sie vor mir auf wie etwas, das noch schwärzer war als die Finsternis; hierauf begannen ihre Spieren und ihr Rumpf Gestalt anzunehmen, und gleich darauf – denn, je weiter ich kam, desto schneller wurde die Ebbströmung – lag ich vor ihrer Greling und kriegte das Ankertau zu fassen.
    Dieses war so straff gespannt wie eine Bogensehne – so stark zog die Hispaniola an ihrem Anker. Rings um ihren Rumpf herum blubberte in der Finsternis die Strömung, daß es sich anhörte wie ein murmelnder Gebirgsbach. Ein einziger Schnitt mit meinem Matrosenmesser, und die Hispaniola mußte von dem Strom abtreiben.
    Soweit war alles schön in Ordnung; aber plötzlich fiel mir ein, daß ein straff gespanntes Ankertau, wenn es plötzlich durchgeschnitten wird, ungefähr so gefährlich ist wie ein ausschlagendes Pferd. Wenn ich so tollkühn war, die Hispaniola von ihrem Anker loszuschneiden, so war zehn gegen eins darauf zu wetten, daß ich mitsamt meinem Korakel einen Purzelbaum durch die Luft schlagen würde.
    Infolgedessen hütete ich mich wohl, das Ankertau zu kappen, und wenn das Glück mich nicht wiederum ganz besonders begünstigt hätte, so hätte ich mein Vorhaben aufgeben müssen. Aber der leichte Wind, der anfangs aus Süden und Südosten geweht hatte, schlug nach dem Anbruch der Nacht in einen Südwester um. Während ich noch darüber nachdachte, was ich tun sollte, kam plötzlich ein Windstoß, packte die Hispaniola und trieb sie in die Strömung

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