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Flammen um Mitternacht

Flammen um Mitternacht

Titel: Flammen um Mitternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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1. Schaurige Nacht im Landhaus
     
    Der
Nachmittag neigte sich, tauchte ein in frühe Dämmerung, als die Vorhut Kleinbeeren
erreichte.
    Die Vorhut —
das waren Locke und ihre Freundin Elke Kreuder. Beide hatten Mofaroller und
etwas Gepäck hinten festgeschnallt. In beiden brodelte Vorfreude, denn morgen
sollte das Herbstfest steigen: unter Beteiligung aller Rehms, Conradis und
Kreuders.
    Kalter Wind
pfiff. Es war Herbst. Dennoch trug Locke einen ihrer wagenradgroßen Strohhüte —
vermutlich letztmalig dieses Jahr, denn bei Kälte und Schnee ging es nicht ohne
Strickmütze, zumal wenn man auf einem so unerhört schnellen’ Feuerstuhl sitzt,
der 28 km/h macht, ohne mit den Reifen zu zucken.
    Jetzt hatte
sie kalte Ohren — und hätte das Ortsschild KLEINBEEREN am liebsten umarmt. Hieß
das doch: Endlich am Ziel, nach 48 Kilometern. Und Ziel war das tolle Landhaus
der Kreuders.
    „Das ist also
Kleinbeeren“, rief Locke in den Fahrtwind, als sie an den ersten Häusern
vorbeiknatterten.
    „Auf der
andern Seite ist es netter“, ließ Elke sich vernehmen.
    Locke kam
zum ersten Mal her. Elke kannte hier Weg und Steg, jeden Dorfhund, die
schielende Frau des Bäckers, den Neun-Finger-Schmied, die männliche Dorfjugend
— die immer rot anlief, wenn Mädchen aus der Großstadt auftauchten — und alle
Nachbarn im Ferienpark. Dem nämlich verdankte Kleinbeeren, daß man es endlich
auf den meisten Landkarten fand.
    Der Ferienpark
lag zwischen Waldrand und Dorf: ein riesiges Gelände, halb Park, halb Urwald.
Es gab Hütten, in denen man sich schon zu zweit auf die Füße trat, und
weitläufige Bauten, die 20 Personen fassen konnten, ohne Platzangst auszulösen.
Den Kreuders gehörte das größte Landhaus im Park. Denn Paul Kreuder — von
Locke, Tom und Mike ,Onkel Paul’ genannt — war Industrieller und langjähriger
Freund von Lockes Vater Gunter Rehm.
    „Da hinten
ist die Anlage“, rief Elke, nachdem sie das Dorf durchquert hatten: in einer
Minute und 46 Sekunden. „Der Straße nach. Dann sind wir da.“
    „Und die
Häuser sind alle in Privatbesitz?“
    „Klar. An
schönen Wochenenden siehst du hier immer dieselben Gesichter. Abwechselung
entsteht nur, wenn dieser oder jener Freunde mitbringt. Jetzt werden wir
freilich niemanden sehen. Zu dieser Jahreszeit ist es hier so tot wie in
Sibirien um Mitternacht.“
    Noch toter!
dachte Locke und beobachtete, wie fahles Dämmerlicht sich über die Landschaft
legte.
    Kein Mensch
war zu sehen. Auf den Feldern lag Dung. Krähen hockten hier und dort, und die
Laubbäume im Ferienpark — hunderte — waren schwarz und kahl.
    Zwischen
Büschen und Hecken sah sie Häuser. Dächer schimmerten durch kahles Buchengeäst.
Auf den Zubringerstraßen häufte sich Laub.

    Elke fuhr
voran, kurvte ein paarmal, hielt dann vor einem prächtigen Landhaus und stellte
den Motor ab.
    „Toll!“
sagte Locke, nachdem auch ihr Roller verstummt war. „Und ganz neu, wie?“
    „Es ist fünf
Jahre alt“, erklärte Elke. „Aber der Vorbesitzer hat’s im Mai an meinen Vater
verkauft.“ Sie blickte in alle Richtungen und dämpfte die Stimme. „Ist ziemlich
still hier, nicht? Und es scheint wirklich keiner da zu sein.“
    Von
Nachbarhäusern sah Locke jetzt nichts mehr. Büsche und immergrüne Hecken
verstellten die Sicht. Außerdem, hielt man — räumlich — Abstand. Offenbar
wollte keiner dem andern auf der Pelle hocken.
    Schaurig!
dachte Locke. Und heute nacht sind wir zwei hier allein.
    Denn mit den
andern war nicht vor morgen vormittag zu rechnen. Mit Tom nicht, weil er noch
zum Zahnarzt mußte; mit Mike nicht, weil ihn heute abend eine Freundin
erwartete; mit Helga nicht, weil sie in ihrer Tierarztpraxis gebraucht wurde;
mit Gunter nicht, weil er überhaupt selten Zeit hatte — als Chef der Lokalredaktion
vom TAGBLATT; und mit Onkel Paul nicht, weil er sich um Geschäftsfreunde aus
Amerika kümmern mußte. Oma Rehm, die alle gern dabei gehabt hätten, war zu
einer Freundin verreist.
    Als hätte
Elke die Gedanken ihrer Freundin erraten, sagte sie: „Darin sind wir ganz
sicher. Siehst ja: Alle Fenster sind vergittert. Das Schmiedeeisen ist nicht
nur zur Zierde, sondern vor allem zur Sicherheit. Lind die Alarmanlage ist mit
dem Polizeiposten in Großbeeren verbunden. Außerdem ist hier noch nie was
passiert. Sonst hätte mein Vati nicht erlaubt, daß wir heute schon herkommen.“
    Sie parkten
ihre Roller auf dem großen Auto-Abstellplatz, trugen das bißchen Gepäck zum
Haus, und Elke

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