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Die Schmerzmacherin.

Die Schmerzmacherin.

Titel: Die Schmerzmacherin. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marlene Streeruwitz
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verlassen, wie meine Mutter das mit mir gemacht hat. Es ist aber trotzdem besser, dass es nicht funktioniert hat. Ich fühle mich ja doch überfallen, und das Baby wäre von da gekommen. Ich kann nicht so viele Gefühle nebeneinander haben. Du sagst, dass man das alles lernt, aber ich lerne das nicht so gut. Ich bin immer eingefangen in ein Gefühl, und jetzt ist es diese Ziellosigkeit. Das ist keine Sinnlosigkeit. Das habe ich von dir gelernt, dass es kein sinnloses Leben geben darf, und ich bemühe mich sehr. Vielleicht braucht das alles wirklich mehr Zeit, und ich muss noch einmal lernen, mit dem Verrat von meiner Mutter fertig zu werden. Manchmal denke ich, ich sollte doch dahin fahren und schauen, ob das alles stimmt. Die Adresse und so. Ich traue der Marina zu, dass sie das alles erfunden hat, damit sie an das Geld für die Bilder kommt. Dann wiederum muss ich denken, dass das eine Vermeidung von mir ist und dass ich lieber die Tante Marina als die Böse sehen will als meine eigene Mutter. Ich sollte mir Klarheit verschaffen. Ich weiß aber nicht, ob ich die Klarheit aushalten kann. Ich möchte noch viel weiter von diesen Dingen wegkommen. Wenn ich bei euch sein könnte und wir das gemeinsam machen, das wäre das Beste. Du musst gesund werden, damit wir das alles herausfinden können. Wir könnten als Detektivinnenduo auftreten und eine besonders sanfte Befragungsmethode entwickeln. Obwohl ich jetzt manchmal gar nichts mehr wissen will. Von niemandem und nichts. Aber ich muss das ja auch lernen. Befragen ist jetzt ein Unterrichtsgegenstand und die Befragungspsychologie Schulstoff. Ich reagiere wie immer antiautoritär und hasse es. Das ist der alte Mechanismus. Aber hat die Dr. Erlacher recht gehabt, mir diese Auflehnung abgewöhnen zu wollen. Ich muss jetzt immer gegen mich selbst vorgehen und mich zwingen. Ich verstehe schon, dass man eine Ausbildung braucht, und ich hätte bei der BWL bleiben sollen. Jetzt ist es halt so, und du hast schon recht. Jede Erfahrung ist ein Gewinn. Aber manchmal denke ich, dass das halt auch nur der Reichtum der kleinen Leute ist, die sich nichts anderes leisten können, als Erfahrungen zu machen. Ich weiß schon, dass du eigentlich deine Krankheit meinst, und ich werde das schon zu Ende bringen. Ich kann ja dann als Sicherheitsfachkraft immer noch im surfershop an der Côte d’Argent arbeiten. Gestohlen wird da auch. Sicherheit ist immer notwendig. Da hast du schon recht, dass das immer gebraucht werden wird. Ich bemühe mich auch wirklich. Versprochen. Du musst jetzt gesund werden. Du musst ganz dringend«.
    Sie löschte den Text.
    Sie schrieb. »Es ist auch ein Vergnügen. Das musst du wissen. Es ist vergnüglich. Ein erfahrbares Vergnügen. Dieses Schälen. Herausschälen. Je nach Schale. Das Innere bloßlegen. Ganz kurz. Das Innerste und dann wieder zumachen. Es ist fast ein Verbrechen, es meistens auf Video zu haben. Es ist fast mehr ein Verbrechen als ein Porno. Es ist ein Augenblick. Diese Blöße ist nur einen Augenblick. Gleich nach dem Geständnis ist alles wieder normal. Aber in dem Augenblick. Da gibt es eine Nähe. Da senken sich die Augen. Die Stirn wird ganz entspannt. Da gibt es ein Lächeln. Süße Hilflosigkeit. Ein Band ist das. Ein Bund wird das. Es ist ein mindfuck. Ganz richtig so. Da ist mehr ineinander verhakt als bei jedem Fick. Das ist eine Aufgelöstheit. In dem Augenblick gibt es keinen Unterschied. Keinen Täter und kein Opfer. Das ist dann gleich wieder. Weil das nicht andauert. Es hat sich eine Bindung hergestellt. Es wäre nur richtig, wenn die beiden nicht mehr voneinander ließen. Sie sind ja weit außerhalb geraten und wissen nun doch, wie die Welt funktioniert. Es ist ja auf allen Ebenen so. We are fucked. Es ist am besten, wir geben es gleich zu. Das Leben tut ja ohnehin fast immer weh. Mir tut das Leben fast immer weh. Aber ich kann mich nicht rächen. Ich muss meinen Wunsch, Amok zu laufen, in diese Augenblicke auffädeln. Eine Perlenkette von Amoklauf. Dunkle Perlen. Die äußerste Einsamkeit. Die tiefste Verwirrung. Die kürzesten Augenblicke, das aufzuheben und wieder dahin zurückzufallen. In die äußerste Einsamkeit. In die tiefste Verwirrung. Die noch weiter außerhalb liegt und noch tiefer hinunterreißt als davor. Aber ein Vergnügen. Erwartung. Macht. Macht zu haben. Eine Zigarette zu rauchen und das glühende Ende der Zigarette gegen die Stirn zu halten, bis sie erschlafft und alles gesagt werden muss. Ich bin ein schlechter

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