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Die Schmerzmacherin.

Die Schmerzmacherin.

Titel: Die Schmerzmacherin. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marlene Streeruwitz
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kam an den Tisch. Sie begannen zu essen. Hazel schaute auf die Uhr über der Speisenausgabe. Sie folgte dem Blick und schaute dann wieder auf ihr Essen. Sie hätte gerne etwas gesagt. Gefragt. Geredet. Ned und Bennie kauten auf ihren Zahnstochern und starrten vor sich hin. Was jeder so am Nachmittag machen werde. Sie hatte nur die lange Pause füllen wollen. Hazel trennte die Brokkoli vom Gratin und schüttete HP -Sauce über das Gemüse. Dann nahm sie die Ketchupflasche und schüttelte sie. Sie lächelte. Das wäre eine der wenigen Vorteile dieser Kantine. Es gäbe die condiments noch auf dem Tisch. Irgendetwas sollte der Zugriff auf die Arbeitskräfte hier einbringen. Bennie nahm zum Sprechen den Zahnstocher aus dem Mund. Er schaute Ned an. Der nickte. »I don’t expect any Damascene moments this afternoon, if you know what I mean.« Die beiden standen auf. Sie führen noch zu »Starbucks«. Sie warfen ihre Zahnstocher auf die Tabletts und gingen. Hazel winkte einem der Insassen in der weißen Cafeteriauniform. Der Mann kam. Er nahm die Tabletts. Er sah Hazel an. Lächelte scheu. Hazel lächelte zurück und wandte sich wieder ihrem Essen zu.
    Sie war erstaunt. Warum hatte Hazel zurückgelächelt. Sie hätte erwartet, Hazel würde eine solche Vertraulichkeit zurückweisen. Ihr Erstaunen war deutlich erkennbar. Hazel grinste sie an. Sie musste lachen. Sie würde es nicht lernen. Was, fragte Hazel. Sie zuckte mit den Achseln. Sie spießte chips auf und steckte sie in den Mund. Weich. Holzig und fett. Kalt. Wann würde sich dieses schlechte Essen auf ihre Haut auswirken. Die Müdigkeit am Nachmittag von den fetten Kohlehydraten war schlimm genug. Die Frage nach dem Nachmittag. Das wäre doch wieder einer ihrer middle class luxuries gewesen, sagte sie. Sie konnte spüren, wie ihre Schultern nach unten hingen. Wie die Niederlage sich ausdrückte. Sie machte die Augen zu. Dachte sich vollkommen nach innen und hob von da ihre Schultern wieder an. Nur ein bisschen. Keine Gegenbewegung. Das war zu viel. Es war immer zu viel bei ihr. Sie musste glatter werden. Smooth.
    »Amy. You are too tense.« sagte Hazel. Sie zuckte wieder mit den Achseln und aß weiter. Sie füllte den Mund mit den chips und trank Coca-Cola darüber. Hazel lachte leise. Sie würde das schon lernen. Camouflage. Jede Cafeteria habe doch ihre eigenen Regeln. Es ginge aber doch nicht darum, diese Regeln zu lernen. Das würde doch nur Kraft kosten. Kostbare Kraft. Es ginge doch darum, in jeder Cafeteria zu funktionieren. Nicht mehr und nicht weniger. Es ginge längst nicht mehr darum, die Regeln zu lernen. Imitieren. Das wäre es. Schauspielern. Und jeden Auftritt improvisieren. Das wäre die Herausforderung. The challenge. Ned und Bennie hielten sich nicht an diese Philosophie, sagte sie. Sie schaute Hazel ins Gesicht. Hazel konnte zurückschauen. War das ein Teil der camouflage. In England war es unhöflich, eine Person direkt anzusehen. Hazel senkte den Blick aber dann doch. Ned und Bennie hätten andere Ziele als sie, sagte sie zu den Brokkoli auf ihrem Teller. Ned und Bennie. Die machten ihre Rechtskurse für den Innendienst. Sie würde meinen, Ned wäre ein sehr guter Vertreter für die company. In PR -Angelegenheiten und so. Und Bennie in der Buchhaltung. Sie selbst. Sie hatte immer andere Ziele gehabt. »More romantic.« sagte sie. Und sie hätte gedacht, dass Amy auch das Drama des wirklichen Lebens bevorzuge. »Real life drama.« sagte sie. Real life adventures. Und für die. Da brauche man eben diese camouflage. Invisibility. Nur wenn man unsichtbar wäre, könne man als operator einen guten Job machen.
    Hazel sprach während des Essens. Hazel saß ruhig und sprach, und das Essen verschwand von ihrem Teller. Ihr eigener Teller war noch fast voll. Sie würde nicht genug Zeit haben, aufzuessen. Sie war froh, dass Coca-Cola so viele Kalorien hatte. Sie konnte dieses Essen nicht so schnell essen. Das war schon in der Moira House Girls School ein Problem gewesen. 20 Minuten für das Essen, das nicht hinunterzuwürgen gewesen war. Damals hatte sie noch kein Coca-Cola bekommen, das Essen hinunterzuspülen. Und wie damals. Es wurde kommentiert. Alles. Der Gang. Der Stand. Das Sitzen. Wie sie am Tisch saß. Wie sie das Essen trug. Wie sie sich über das Essen beugte. Sie war eine Ausländerin. Alle schauten ihr dabei zu, eine Ausländerin zu sein. Hazel hatte ihr beigestanden, mit ihrer Hand auf dem Arm und der Verhinderung ihrer middle class luxuries.

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