Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Schmerzmacherin.

Die Schmerzmacherin.

Titel: Die Schmerzmacherin. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marlene Streeruwitz
Vom Netzwerk:
mich ja nur aus dieser Erbengemeinschaft raushalten, und die bekommen alle nichts. Obwohl ich es der Tante Marina zutraue, dass sie die Unterschrift fälscht und einfach weitermacht. Oder glaubst du, sie hat auch die Unterschrift von der Betsimammi gefälscht, und die lebt noch immer in Amsterdam und tut sich schwer, und ich lasse mich von der Tante Marina manipulieren. Auf die Idee bin ich noch gar nicht gekommen. Aber das würde ja bedeuten, dass ich zu dieser Adresse fahren muss und nachschauen. Oder muss ich das nicht. Die Dr. Erlacher würde sagen, dass ich nicht verpflichtet bin, für meine Mutter mitzudenken. Das wäre die Sache von ihr. Aber es ist mein Leben davon betroffen. Hat mich meine Mutter verraten oder meine Großtante, und warum muss ich es zufällig herausfinden. Hat die Marina diese Dokumente absichtlich hingelegt, damit ich sie finde. Hat die Marina sich vorgestellt, dass ich das finde und mich dann in die Themse werfe oder auf dem Dachboden erhänge. Das ginge da nämlich gar nicht. Das ist alles viel zu niedrig da. Und ertrinken. Das mache ich lieber hier. Wir haben hier ein bisschen flaues Wetter, und die Wellen lassen sehr zu wünschen übrig. Dafür gibt es Sonne.«
    Sie klickte auf »Alles markieren« und löschte alles. Sie ließ den laptop offen. Balancierte ihn offen auf das Badetuch. Legte sich hin. Sie lag seitlich und starrte auf den Bildschirm. Die Sonne war über dem Meer. Tief. Es gab keinen swell. Es war ihr recht. Das war falsch. Sie sollte sich hinauswünschen. Paddeln. Auf dem Brett liegend mit dem Meer verschmelzen. Love the surf and it will love you. Und das tat sie. Sie musste lächeln. Einen Augenblick. Eine Welle von Wohlgefühl. Es war alles so perfekt. Die Sonne. Für morgen war ein guter swell vorausgesagt. Stürme weit, weit draußen. Hier eine Brise und die Sonne. Sommeranfang. Der Sommer frisch. Alle sonnenhungrig und enthusiastisch. Es begann gerade. Die ernsthaften Surfer alle schon längst weitergezogen. In den winterswell auf der südlichen Halbkugel. Hier waren nur mehr die, die es schön haben wollten, und man konnte sich ohne Angst vor den Angriffen der Surfphilosophen tummeln. Ohne Angst vor den Rowdys. Den Promis. Den Pros. Draußen. Paddeln. Man wurde nicht angeschrien, wenn man eine Welle nicht sofort erkannte. Oder Platz machte. Platz machen. Die Unruhe sprang aus dem Satz. Platz machen. Sie musste sich aufsetzen. Sie dehnte den Rücken. Zog die Schulterblätter nach hinten zusammen.
    »You going in.« Mort ging vorbei. Er hielt sein nosediver longboard der Länge nach. Blieb kurz stehen. Rammte das board in den Sand. Schaute auf sie hinunter. »Amy. You going slack.« Ob das eine Frage wäre oder eine Feststellung. Sie holte den laptop wieder zu sich. »Ein statement.« brummte der Mann und ging auf das Wasser zu. Die Brandung war stärker geworden. Ein dünner weißer Schaumrand rollte den Sand herauf. Es war kühler.
    »Liebe Tante Trude.« schrieb sie. »Hier ist es sehr schön, und du solltest hier sein. Du solltest mit dem Onkel hierherkommen. Es würde genügen, einmal am Tag an den Strand zu gehen und am Abend zurückzuwandern. Es ist noch nicht richtig Saison und viel Platz. Wir könnten einen Sonnenschirm mieten. Oder besser zwei und einen für den Onkel. Du müsstest nichts machen, als das Meer anstarren. Ich glaube, dass das gesund macht. Das Meer anschauen. Ich bin glücklich hier. Ich bin sehr froh, dass ich hierhergefahren bin. Du musst dir aber keine Sorgen machen. Ich habe nicht gekündigt oder so. Diese Firma hatte selbst Probleme. Die sind von einer anderen Firma gekauft worden oder haben fusioniert. Deshalb muss aber alles neu organisiert werden, und die Ausbildung soll endlich professionalisiert werden. Bis jetzt habe ich aber doch erst 200 von den notwendigen 2 100 Unterrichtsstunden. Ja, du hast schon recht, es ist fast nur Sport. Aber es macht nicht so viel Spaß, wie ich gedacht habe, und es ist deshalb mehr eine Leistung. Ich mag diese Kampfsportsachen immer, solange es keinen Körperkontakt gibt oder mich niemand berührt. Wenn jemand mich angreift, dann erstarre ich und beginne zu weinen. Ich habe das kaschieren können. Ich muss dann eine Pause machen und mich niederboxen lassen oder auf den Boden werfen, und dann kann ich erst wieder beginnen. Eigentlich kümmern sich dann alle mehr um mich, als wenn ich es gut machen würde, aber mich stört das sehr. Es tut mir deshalb so gut, hier zu sein. Ich wollte, ich könnte das

Weitere Kostenlose Bücher