Die Schmerzmacherin.
Kühlung. Kühle irgendwie. Sie begann, in ihrer Tasche zu wühlen. Ihr Gesicht musste dunkelrot angelaufen sein. Von dieser Hitze. Wallungen. Das waren also Wallungen. Sie hielt den Kopf gebeugt. Aber die Männer konnten nichts bemerken. Sie waren mit dem Öffnen des Weins beschäftigt. Schnüffelten am Kork. Sie besprachen kurz die Frage des Korkens im Gegensatz zum Drehverschluss. Der sommelier wollte Korkverschlüsse. Gregory war dem Drehverschluss gegenüber offener. Für Picknicks wäre das schon sehr praktisch. Da müsse er zustimmen, sagte der sommelier. Was sollte er schon anderes sagen. Er verlor an Kompetenz. Ohne die Korkverschlüsse. Da fiel die Korkschnüffelei aus. Einen Augenblick half ihr die Schadenfreude darüber. Dann übernahmen wieder der Hass und die Wut. Der sommelier war gegen Gregory im Nachteil. Sie lächelte den sommelier strahlend an. Der legte erstaunt den Kopf zur Seite. Dann lächelte er zurück. Gregory ließ gerade den Wein in seinem Mund herumrollen. Er nickte mit vollem Mund. Schluckte. Ja. Das sei eine gute Wahl. Er schaute zum Eingang. Er hob grüßend die Hand. Er nahm seine Serviette vom Schoß und stand auf. Der sommelier schenkte ihr Wein ins Glas. Sie nahm einen großen Schluck. Sie hatte die Stimme von Marina gehört. Gregory ging Marina entgegen. Sie trank das Glas aus. Der sommelier schenkte ihr gleich nach. Sie schaute auf. Er zwinkerte ihr zu. Er war gleich wieder ernst und stellte die Flasche in den Kühler. Er legte seine Serviette darüber und ging. Sie blieb sitzen. Sie spürte im Rücken, wie die beiden auf den Tisch und sie zukamen.
Marina setzte sich auf die Bank. Zwei sehr junge Kellner in weißen Jäckchen eilten mit Tellern und Besteck und Servietten herbei. Sie bauten die Gläser auf. Rückten alles zurecht. Marina schaute Gregory zu, wie er sich wieder an seinen Platz auf der Bank schob. Der maitre d’ kam und schnalzte mit der Serviette. Marina ließ alles geschehen. Aufmerksam. Sie nahm die Speisekarte nicht. Sie nähme nur einen Salat. Mit shrimp. Ob man ihr das machen könne. Der maitre d’ beugte zustimmend seinen Kopf. Ob Madam ihren Salat mit der Hauptspeise nähme oder mit der Vorspeise. »Pigging out?«, fragte Marina Gregory. Gregory zuckte mit den Achseln. Wenn er nun schon hier wäre. What would be the point to sit in the »Savoy Grill« and not eat anything. Der maitre d’ stand abwartend da. Marina schüttelte unwillig den Kopf. Das sei ja ganz gleichgültig. Mit der Hauptspeise. Bei Amalia könnte sie es ja verstehen, sagte sie dann. Die wachse ja wahrscheinlich noch. So groß, wie Amalia wirke.
»I hope not.« sagte sie. Es war wie immer. Marina musste etwas über ihr Aussehen sagen. Über ihren Körper. Sie machte Marina wütend. So, wie sie aussah. Sie war nun schon die zweite Generation, der der Vater unbekannt war und von der man nicht wusste, woher das Aussehen kam. Ohne Vergleiche gab es nur Überraschungen. Ihre Großmutter hatte schon nicht erzählt, wer der Vater ihrer Mutter gewesen war. Ihre Mutter hatte nicht die geringste Ahnung, wer ihr Vater gewesen sein hätte können. Marina war klein. Kleinwüchsig. Winzig. Sie war groß. Großgewachsen. Sehr groß. Sehr schlank. Marina hätte sich das für ihre Tochter gewünscht. Von der war der Vater zwar bekannt. Er war aber mit der mittleren Erbschaft von Marina längst über alle Berge. Die erste hatte sie noch vor ihm fest angelegt gehabt. Marinas Tochter Selina kannte den Namen ihres Vaters. Getroffen hatte sie ihn auch nie. Jedenfalls nicht als halbwegs erwachsene Person. Aber es gab Fotografien. Wenigstens. Und man konnte sagen, woher die großen Ohren kamen.
Marina starrte sie an. Sie schaute Gregory an. Gregory beobachtete Marina. Was war zwischen diesen beiden. Gregory lehnte sich zurück. Er habe nicht erwartet, dass Marina kommen würde, murmelte er. Sonst hätte er natürlich gewartet. Naturally. Marina reagierte nicht. Sie wolle mit Amalia reden. Sie müsse mit Amalia reden. Ob Amalia sich im Klaren sei, was sie da anrichte. Mit ihrer Weigerung. Ob ihr klar wäre, was das für ein Kunstwerk darstelle. So eine Restitutionsvereinbarung mit dem österreichischen Staat. Sie habe gute Lust und gäbe ihr ein paar Ohrfeigen. Slaps. She could slap Amalia. Gregory solle ihr Wein einschenken. Sie bräuchte jetzt ein Glas Wein. Zur Beruhigung. Wenn sie sich nicht beruhigte. Es konnte passieren, dass sie Amalia schlagen müsste. Silly stupid unreliable Amalia. Die perfekte Tochter
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