Die-Schnaeppchenjaegerin
für sie war. (Man könnte natürlich auch sagen, dass Luke Brandon sie gefeuert hat, sobald sie wieder in London waren. Was ein weiterer Grund wäre, ihn nicht zu mögen.)
Wie dem auch sei, Suze und ich haben bis spät in die Nacht Wein getrunken, einen Riesenspaß zusammen gehabt und uns seitdem nicht mehr aus den Augen verloren. Und als Julia dann plötzlich mit ihrem Doktorvater durchgebrannt ist (stille Wasser sind ja bekanntlich tief), schlug Suze vor, dass ich bei ihr einziehen sollte. Ich bin mir ziemlich sicher, dass sie mir zu wenig Miete abnimmt, habe aber nie darauf bestanden, den vollen Marktpreis zu zahlen, weil ich mir das nicht leisten könnte. Wie können normale Menschen sich das bloß leisten, in einer so exorbitant teuren Gegend zu wohnen? Ich kann mir das beim besten Willen nicht erklären.
»Bex, nun mach schon auf.«, bettelt Suze. »Ich will es sehen!« Sie will ganz aufgeregt mit ihren langen Fingern in die Tüte greifen, doch ich schnappe sie ihr vor der Nase weg, damit sie sie nicht kaputt reißt. Diese Tragetasche wird einen Platz an der Rückseite meiner Zimmertür finden, zwischen all den anderen prestigeträchtigen Tragetaschen, die zu einem möglichst lässigen Einsatz kommen, wenn ich Eindruck schinden muss. (Gott sei Dank haben sie nicht extra »Reduziert«Tüten drucken lassen. Ich hasse es, wenn die Läden so etwas machen. Ich meine, was nützt einem eine elegante Tüte, wenn dick und fett »Reduziert« draufsteht? Dann kann auch genauso gut »Geizkragen« draufstehen.)
Ganz langsam und mit Bedacht ziehe ich die dunkelgrüne Schachtel aus der Tüte, nehme den Deckel ab und falte das Seidenpapier auseinander. Dann hebe ich fast schon ehrfürchtig das Tuch hoch. Es ist wunderschön. Hier finde ich es sogar noch schöner als im Laden. Ich schlinge es mir um den Hals und grinse Suze blöde an.
»Oh, Bex«, flüstert sie. »Das ist ja hinreißend!«
Einen Moment lang schweigen wir beide. Wir treten mit einem höheren Wesen in Verbindung: dem heiligen Einkaufsgeist.
Und dann verdirbt Suze alles.
»Das könntest du doch am Wochenende anziehen, wenn du dich mit James triffst«, schlägt sie vor.
»Geht nicht«, sage ich leicht säuerlich und lege das Tuch wieder in die Schachtel. »Weil ich mich nämlich nicht mit ihm treffe.«
»Wieso das denn?«
»Weil wir uns gar nicht mehr treffen.« Ich bemühe mich, unbekümmert mit den Schultern zu zucken.
»Im Ernst?« Suze macht ganz große Augen. »Warum das denn? Das hast du mir ja gar nicht erzählt!«
»Ich weiß.« Ich weiche ihrem neugierigen Blick aus. »Es ist ein bisschen... peinlich.«
»Hast du Schluss gemacht? Du warst doch noch nicht mal mit ihm im Bett!« Suze spricht vor Aufregung immer lauter. Sie will unbedingt wissen, was los ist. Aber will ich unbedingt erzählen, was los ist? Einen Moment lang ziehe ich ernsthaft in Betracht, Diskretion zu wahren. Dann denke ich mir - ach, was soll’s?
»Ich weiß«, sage ich. »Genau das war ja das Problem.«
»Was willst du denn damit sagen?« Suze kommt näher. »Bex, wovon redest du?«
Ich atme tief ein und sehe ihr direkt ins Gesicht.
»Er wollte nicht.«
»Er war nicht in dich verliebt?«
»Nein. Er...« Ich schließe die Augen. Ich kann es selbst kaum glauben. »Er ist gegen Sex vor der Ehe.«
»Das ist nicht dein Ernst.« Ich mache die Augen auf. Suze starrt mich so entsetzt an, als habe sie gerade von der schlimmsten Ruchlosigkeit der Menschheitsgeschichte erfahren. »Du willst mich doch veräppeln, Becky.« Sie will es einfach nicht glauben.
»Nein, will ich nicht.« Ich ringe mir ein gequältes Lächeln ab. »Das Ganze war... ziemlich peinlich eigentlich. Ich habe... na ja, ich habe mich so quasi auf ihn gestürzt, und er hat sich mit Händen und Füßen gewehrt.«
Mein Gedächtnis gab die so erfolgreich verdrängten Bilder von jenem unsäglichen Zwischenfall wieder frei. Ich hatte James vor einigen Wochen auf einer Party kennen gelernt, und wir trafen uns zur entscheidenden dritten Verabredung. Wir waren richtig nett essen gewesen, er hatte darauf bestanden, zu bezahlen, dann waren wir zu ihm gegangen und waren knutschenderweise auf dem Sofa gelandet.
Ja, was soll ich denn da denken??? Er und ich zusammen auf dem Sofa - und selbst wenn sein Kopf vielleicht Nein sagte, der Rest seines Körpers schrie Ja! Ja! Ja! Und da ich ja eine moderne Frau des 21. Jahrhunderts bin, griff ich nach dem Reißverschluss an seiner Hose und wollte ihn aufziehen. Als James nach
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