Die-Schnaeppchenjaegerin
Worum geht es? Sind die Zinsen erhöht worden, oder was?
»Also, ich muss schon sagen, ich fürchte, dass das für die Wirtschaft nicht gut sein wird«, fährt Alicia ernst fort. »Aber Sie haben dazu sicher Ihre eigenen Ansichten.«
Sie sieht mich an und wartet auf eine Antwort. Ich spüre, wie meine Wangen rot werden. Wie komme ich da jetzt bloß raus? In diesem Moment schwöre ich mir, dass ich von morgen an jeden Tag die Zeitung lesen werde. Ich will nie wieder so kalt erwischt werden.
»Ich bin da ganz Ihrer Meinung«, sage ich schließlich. »Ich fürchte auch, dass das für die Wirtschaft gar nicht gut sein wird«, würge ich hervor. Ich nippe schnell an meinem Sekt und bete für ein Erdbeben.
»Haben Sie denn damit gerechnet?«, fragt Alicia. »Ich weiß ja, dass die Journalisten uns anderen immer um eine Nasenlänge voraus sind.«
»Ich... Ja, doch, ich habe es kommen sehen«, sage ich, und ich glaube, ich klinge ziemlich überzeugend.
»Und jetzt auch noch dieses Gerücht darüber, dass Scottish Prime und Flagstaff Life an einem Strang ziehen wollen!« Durchdringend sieht sie mich an. »Glauben Sie, da ist was dran?«
»Das ist... Das ist schwer zu sagen«, entgegne ich und trinke einen ordentlichen Schluck Sekt. Was für ein Gerücht? Oh, Gott, kann sie mich denn nicht einfach in Ruhe lassen?
Dann sehe ich dummerweise zu Luke Brandon auf. Er starrt mich mit einem merkwürdigen Gesichtsausdruck an. Mist. Er weiß, dass ich keine Ahnung habe, oder?
»Alicia«, sagt er unvermittelt. »Maggie Stevens ist gerade hereingekommen. Würden Sie bitte...«
»Aber selbstverständlich«, sagt sie und macht sich wie ein dressiertes Hündchen auf den Weg zur Tür.
»Ach, Alicia?«, ruft Luke ihr noch hinterher, und sie kehrt prompt um. »Ich möchte wissen, wer genau in den Zahlen herumgepfuscht hat.«
»Ja«, schluckt Alicia und trollt sich.
Mann, ist der Furcht einflößend. Und jetzt bin ich ganz allein mit ihm. Ich mache mich lieber schnell davon.
»Ja, dann«, sage ich fröhlich. »Ich muss weiter und -«
Aber Luke Brandon beugt sich zu mir.
»SBG hat heute Morgen bekannt gegeben, dass sie die Rutland Bank übernommen haben«, sagt er leise.
Natürlich, jetzt, wo er es sagt, fällt es mir wieder ein! Das habe ich doch heute Morgen in den Nachrichten gehört.
»Ich weiß«, entgegne ich hochmütig. »Das habe ich in der Fr gelesen.« Und bevor er noch etwas sagen kann, lasse ich ihn stehen und flüchte mich zu Elly.
Als es Zeit ist, Platz zu nehmen, ziehen Elly und ich uns in eine der hintersten Reihen zurück und setzen uns nebeneinander. Ich schlage meinen Notizblock auf, schreibe »Brandon Communications« ganz oben auf das erste Blatt und fange an, Blümchen darunter zu malen. Elly ist damit beschäftigt, die Nummer für das Wochenhoroskop in ihr Handy einzutippen.
Ich trinke einen Schluck Sekt, lehne mich zurück und entspanne mich. Bei Pressekonferenzen braucht man grundsätzlich nicht zuzuhören. Die wichtigsten Informationen sind ohnehin in der Pressemappe, und worüber bei der Konferenz geredet wurde, kann man sich hinterher zusammenreimen. Ich überlege mir sogar gerade ernsthaft, ob es irgendjemandem auffallen würde, wenn ich ein Fläschchen Nagellack herausholen und mir die Nägel lackieren würde, als die blöde Alicia sich von hinten zu mir herunterbeugt.
»Rebecca?«
»Ja?«, sage ich faul.
»Ein Anruf für Sie. Ihr Chefredakteur.«
»Philip?«, frage ich blöderweise nach. Als hätte ich eine ganze Reihe von Chefredakteuren.
»Ja.« Sie sieht mich an, als hätte ich sie nicht alle, und deutet auf ein Telefon am hinteren Ende des Raumes. Elly sieht mich fragend an, ich antworte mit einem Achselzucken. Philip hat mich noch nie bei einer Pressekonferenz angerufen.
Ich bin ziemlich aufgeregt und komme mir extrem wichtig vor, als ich auf das Telefon zusteuere. Vielleicht hat sich im Büro ein Notfall ereignet. Vielleicht hat er eine unglaubliche Geschichte aufgetan und will, dass ich nach New York fliege, um die Spur weiter zu verfolgen.
»Hallo, Philip?«, sage ich in die Muschel - um mir sofort im Anschluss daran zu wünschen, etwas Energischeres, Beeindruckendes gesagt zu haben, wie zum Beispiel ein schlichtes »Jep.«
»Hören Sie, Rebecca, es tut mir Leid, dass ich Sie belästige«, sagt Philip, »aber bei mir kündigt sich eine Migräne an. Ich gehe nach Hause.«
»Oh«, sage ich etwas verwirrt.
»Ich dachte, Sie könnten vielleicht einen kleinen Botengang für mich
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