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Die Schnelligkeit der Schnecke

Die Schnelligkeit der Schnecke

Titel: Die Schnelligkeit der Schnecke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marco Malvaldi
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Tat hatte gerade ein alter Mann die Bar betreten, der ein wenig schlechter gekleidet war als die anderen. Hochgewachsen und ausgezehrt, trug er ein hellblaues, quergestreiftes Poloshirt und seniorenfarbene Hosen. Das Ensemble verlieh ihm eine Ausstrahlung, die irgendwo zwischen einem Langzeitkranken und einem entlaufenen Häftling lag.
    Massimo kannte ihn lange nur unter dem Namen »der Rimediotti«, und fand erst nach vielen Jahren heraus, dass er vor langer Zeit einmal auf den Namen Gino getauft worden war. Er zählte eher zu den ruhigen Vertretern seiner Altersgruppe, mit leicht sehnsüchtigen Erinnerungen an Mussolinis Zeiten, und er war ein beachtlicher Billardspieler.
    »Hast du alles fertig, Massimo? Kann ich das mitnehmen?«
    »Bitte, Rimediotti, nimm nur.«
    Rimediotti nahm das Tablett und ging hinaus. Massimo bemerkte, dass im Radio »Y. M. C. A.« von Village People lief, drehte die Lautstärke auf und fing an, im Rhythmus des Songs Gläser abzuwaschen. Als er den Kopf hob, sah er durch die Scheibe zum Tisch der Pensionäre, die heftig gestikulierten, als wollten sie einen unwahrscheinlichen Tanz der sympathischen Kalifornier vom anderen Ufer aufführen, deren Lied das Innere der Bar erfüllte. Doch anstatt die Arme zum »Waiii-emm-ssi-ey« hochzureißen, wie es Massimo in seiner Phantasie erwartet hätte, steuerten sie unter Ampelios Führung direkt auf die Bar zu.
    Als sie hereinkamen, redeten, besser gesagt lärmten sie alle durcheinander. Nach geduldiger Entschlüsselung des akustischen Signals – erforderlich, um die Stimmen der in Ehren Ergrauten vom fröhlichen Gejohle zu trennen, das aus dem Radio drang – stellte sich heraus, dass Rimediotti Massimo beschuldigte, ihm die Kleidung ruiniert, Aldo ihn beschuldigte, ihm Magenbeschwerden verursacht, und Ampelio ihn beschuldigte, eine Hure zur Mutter zu haben. Nur Del Tacca war still und bedachte Massimo mit bösen Blicken. Massimo fühlte sich verpflichtet, ihn zu fragen: »Und Sie, Pilade, Sie haben nichts, worüber Sie sich beschweren möchten?«
    »Glaubst du etwa, ich hätte den Amaro getrunken?«, gab Del Tacca zurück und sah ihn weiter böse an.
    »Du bist ja nicht normal! Du –«, brüllte Rimediotti unter dem durch die Explosion des Fläschchens mit Chinotto pomadisierten, über die Glatze gekämmten Haar hervor, was ihm ein noch verwahrlosteres Aussehen verlieh, »du bist doch kriminell! Du bist doch schwachsinnig, du! Genau, das bist du! Ein Idiot, das bist du! Ist das denn die Möglichkeit?«
    »Es tut mir leid, Rimediotti«, antwortete Massimo, während er weiter seelenruhig Gläser spülte. »Das passiert manchmal, das wissen auch Sie. Die Kronkorken springen einfach von den Flaschen. Das liegt am Druck des Kohlendioxids im Inneren, glaube ich. Oder besser, am Druckunterschied zwischen innen und außen. Übrigens habe ich neulich irgendwo gelesen, dass dieser Druckunterschied unter Ulmen besonders deutlich zutage tritt. Meiner Einschätzung nach wäre bei den Tamarisken überhaupt nichts passiert«, erklärte Massimo und fragte dann im beflissenen Ton des Barmannes: »Kann ich euch etwas anderes anbieten?«
    Finsteres Schweigen seitens der Alten folgte auf Massimos Vorschlag.
    Wenn zwei starke Willenskräfte auf einen Punkt treffen und keiner von beiden vorhat, von seiner Position zurückzuweichen, dann ist ein Zusammenstoß unvermeidlich. Wie zwei Zylinderblöcke steuern die Rivalen aufeinander zu, ohne die Folgen zu berücksichtigen und ohne jegliche Möglichkeit, es sich noch mal zu überlegen. Wer am härtesten ist, gewinnt.
    Die Geschichte ist voll von derartigen Geschichten. Man denke nur an Caesar und Antonius. An Churchill und Stalin. An Zidane und Materazzi.
    Auch hier ist der Moment gekommen. Wir stehen unmittelbar vor dem direkten Aufeinandertreffen. Die Luft scheint zu Glas zu erstarren, wie beim Duell, wenn die Duellanten sich misstrauisch beäugen. Bedauernswerterweise besteht die musikalische Untermalung der Szene nicht in Musik von Morricone, die jetzt so gut gepasst hätte, sondern im unpassend fröhlichen Gebrüll der Village People, die gemeinsam verkünden, dass man einfach nicht unglücklich sein kann, wenn man nur an einer schönen Schwulenparty teilnimmt.
    Ungeachtet der unbeschwert-heiteren Untermalung musterten sich die Kontrahenten mit drohenden Mienen.
    Und langsam, aber unvermeidlich, senkte sich die Lautstärke der Musik.
    Das Lied ging zu Ende.
    Gleich würde der Moment gekommen sein.
    »Entschuldigen

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