Die schöne Spionin
bis er Simons Position übernahm und Chef des Liar’s Club wurde.
Simon konnte sich keine Fehler erlauben. Er hatte das Leben seiner Männer in der Hand und, in weiterem Sinne vielleicht das Leben aller Engländer.
Mit einer Last wie dieser blieb keine Zeit für Spielchen. Er hatte keine Sekunde zu verlieren, kein Detail außer Acht zu lassen.
Er musste den Überblick über einen wachsenden Berg von Spuren behalten, um den nächsten Mann, den er nach draußen schickte, vielleicht sogar James, mit den besten und neuesten Informationen zu versorgen.
Simon musste wissen, dass er sein Bestes getan hatte, dann konnte er zumindest versuchen, den Schmerz zu lindern, falls einer der Männer im Dienst für das Vaterland ums Leben kam. Vielleicht funktionierte es eines Tages.
James kannte solche Sorgen offenbar nicht. James nahm den neuen Auftrag entgegen, salutierte halb und grinste Simon an. Dann ging er pfeifend davon, um bei Jackham an der Bar ein letztes Bier zu schnorren.
Simon hatte nie wieder von ihm gehört.
Das wäre ein Grund zur Sorge und keiner, Anschuldigungen zu erheben. Aber dann stellte sich heraus, dass irgendwer den Gegner mit den Namen und Personenbeschreibungen von Simons Männern versorgte. Ein Mann nach dem anderen wurde getötet oder verletzt.
Simon hatte sogar die Möglichkeit in Betracht gezogen, dass sich die undichte Stelle weiter oben in der Kommandokette befand, so sicher war er sich James’ Loyalität gewesen.
Dann war auf James’ Bankkonto plötzlich ein großer Betrag eingegangen, ein so großer Betrag, dass Simon gezwungen war, das Schlimmste anzunehmen.
Sein Spion spionierte für den Feind. Er würde nie genau herausbekommen, wie es geschehen konnte. Es gab viele Wege, einen Spion umzudrehen, von der Gehirnwäsche bis zur Verführung.
Wie James’ Geliebte hieß, hatte er leider noch nicht herausgefunden, aber er hatte das Bankkonto seines Schützlings im Auge behalten. Schließlich war die kleine Mrs Applequist aufgetaucht und hatte sich großzügig an James’ Guthaben bedient, um sich stilvoll in London zu etablieren.
Da war Simon auf den Plan getreten.
Heute Morgen erst hatte er sich gefragt, wie er zu dem Haus am Carriage Square Zugang finden sollte. Die Rolle des Kaminkehrers hatte ihm in seiner Jugend gute Dienste geleistet, aber damals war er noch nicht so groß gewesen.
Er hatte alles genau geplant und sich zum Anklopfen an der Hintertür einen Zeitpunkt ausgesucht, wenn die Köchin höchstwahrscheinlich beschäftigt war. »Der Kaminkehrer für Miss Applequist«, hatte er hastig gemurmelt, schon war er drinnen.
Er war durch das Haus geschlichen und hatte nach dem Butler Ausschau gehalten. Zeitgenossen wie der dünne, silberhaarige Hausangestellte würden das Erscheinen des Kaminkehrers verdächtig finden, wenn keiner bestellt worden war.
Er hatte gehofft, sich die Arbeit erleichtern zu können, indem er sich schnell den Plan des Hauses einprägte und eines der Fenster im oberen Stockwerk entriegelte. Und um ehrlich zu sein, er war auf die Dame des Hauses neugierig.
Dann war er direkt in die hübsche Miss Applequist hineingelaufen. Ihr kurvenreicher Körper hatte ihm einen Schlag versetzt, und es hatte eine Zeit gedauert, bis er wieder zu Atem kam.
Glücklicherweise schien die Lady nicht sonderlich an seinen Absichten interessiert zu sein. Auch schien ihr nicht bewusst, dass die meisten Kaminkehrer entweder junge Burschen waren oder schlecht gewachsene Männer von der Größe eines Kindes. Sie hatte offenkundig andere Sorgen.
Was für ein Spiel spielte sie?
In der Badewanne herumzuliegen, würde ihn nicht weiterbringen, also stand Simon auf und ließ das Wasser von seinem Körper abtropfen.
Er rieb das Handtuch über die Brust, dachte an Mrs Applequists Gesichtsausdruck, als er hinter dem Wandschirm hervorgekommen war, und zog die Augen zusammen.
Sie war zwar nicht aus dem Takt geraten, aber ihre Augen hatten sich geweitet, und Simon war nicht so bescheiden, das nicht für Bewunderung zu halten. Nun, es war gegenseitig. Sie war ein prachtvoller kleiner Leckerbissen.
Oh, ihr Kleid war absolut züchtig und ihr Haus absolut respektabel. Nichtsdestotrotz war eine so üppig ausgestattete Frau eher im Schlafzimmer als im Ballsaal zu Hause. Ein Lady mit gesundem Appetit, ja, das war sie.
Und wie es schien, hatte sie Appetit auf Simon. Nicht, dass ihm das etwas bedeutet hätte. Dürr oder drall, egal, er war klug genug, sich nicht mit einem Ermittlungsobjekt
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