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Die schoenen Muetter anderer Toechter

Die schoenen Muetter anderer Toechter

Titel: Die schoenen Muetter anderer Toechter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miriam Muentefering
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durch gewöhnlich! Nein, ich lach mich tot. Wer ist es denn? Welche? Zeig! Schnell!« Jackie redete sich regelrecht in Raserei.
    »Ich sagte doch gerade: Sie ist ins Café gegangen«, knurrte ich missgestimmt. Vielleicht sollte man von Freundinnen nie mehr als das Geringste erwarten. Sie waren nicht fähig, die Tragweite dessen zu begreifen, was gerade geschehen war. Diese Frau war in mein Blickfeld gelaufen, mitten zwischen meine beiden Augen, als trüge sie ein Schild SCHICKSAL um den Hals.
    Ellen starrte mich immer noch an. »Du meinst das wirklich ernst? Du willst uns nicht verulken? Aber Michelin, das gibt es doch nicht! Nicht mal bei Jackie gibt es so was!« Jackie schnappte nach Luft, wusste aber nicht, ob das eine echte Beleidigung war, auf die sie hätte reagieren müssen. »Aber du, du bist doch eine, die an die wahre Liebe glaubt. Du sprichst doch immer vom Wachstum der Liebe! Nichts ist einfach plötzlich so da. Was redest du da jetzt?«
    Ich legte eine Hand auf meinen Bauch, denn dort drinnen schwappten warme Wellen. Die Flut hatte sich noch nicht wieder beruhigt, und das würde sie auch nicht. Ich wusste das einfach.
    »Los! Wir gehen ins Café! Die will ich mir angucken!« Jackie schob mich vor sich her und zog Ellen am Ärmel nach. Die Frau in der Latzhose sah interessiert herüber, wurde jedoch plötzlich keines Blickes mehr gewürdigt.
    Ellen sträubte sich hinten ein wenig, so wie ich vorn.
    »Jackie, was machst du denn? Das ist doch keine Zirkusveranstaltung!«, rebellierte ich gegen ihre beharrlich drängenden Hände. Hätte ich es doch für mich behalten! Aber Jackie war energisch, und Ellen folgte zögernd, aber mit dem Gesicht der verantwortungsvollen Freundin, die durch ihre Anwesenheit und ihr eventuelles Einschreiten zumindest das Schlimmste abwenden könnte.
    Zunächst orientierungslos und mit geweiteten Augen standen wir wie hysterische Teenager im Eingang zum Café. An den Nichtraucherabenden versammelten sich hier alle Süchtigen, um den Raum zu vernebeln. Es war mühsam, die Gesichter ganz hinten klar zu erkennen. Daher sah ich sie nicht sofort. Aber dann, nach wenigen Minuten, löste sich im hinteren Teil ein Grüppchen und gab die Sicht frei …
    »Da«, sagte ich tonlos. Ich hatte Beziehungen gelebt. Ich hatte mich verantwortungslos und genusssüchtig einigen One-Night-Stands hingegeben. Aber jetzt und hier schrumpfte meine innere Reife zurück auf jene, die unter den Schülerinnen der Sekundarstufe I gemeinhin anzutreffen ist. Ich wagte allen Ernstes nicht, in ihre Richtung zu deuten. Aber Jackie und Ellen konnten an meinem Blick alles ablesen.
    Und ich war erschüttert. Nein, ich hatte mich vor ein paar Minuten, drüben im Tanzraum, nicht geirrt. Was für alle anderen galt, setzte sie außer Kraft: Sie bekam bei heller Beleuchtung und bei lautem Stimmengewirr nicht irgendwelche ›Macken‹, an denen man erkennen konnte, dass sie ebenso durchschnittlich war wie wir. Sie stand dort und trank und rauchte und war umgeben von der sonderbaren Aura der Außergewöhnlichen. Um sie herum war ein kleiner freier Raum, den jemand Unaufmerksames vielleicht nicht bemerkt hätte. Aber mir fiel er auf. Und ich schloss daraus, dass auch die Frauen in ihrer Nähe dieses Besondere und Spezielle spüren mussten, das sie aussandte wie ein Zitteraal seine Blitze. Ich hatte plötzlich Mühe zu atmen.
    »So hält man sich jung«, hörte ich Ellen murmeln. Und fortan würde ich an diesen Satz denken müssen, wann immer von der ›Stimme der Realität‹ die Rede sein würde. Denn in dieser Sekunde wurde mir zum ersten Mal klar, dass das glatte Gesicht, die vollkommen faltenlose Haut nicht bedeutete, dass diese wunderschöne Frau mit dem scheuen Blick alterslos war. Nein, sie war nur einfach von sehr geringem Alter. Sie war jung. Und diese Erkenntnis, gekoppelt mit Ellens ironischem Tonfall, bohrte sich mir zwischen die Rippen. Es war, als nähme ich zum ersten Mal wahr, was sich auf ewig als unüberwindbares Hindernis zwischen dieser Frau und mir auftürmen würde. Es war grauenhaft und zerriss mich beinahe. Wäre da nicht Jackies Hand gewesen, die sich in meinen Arm krallte.
    Als ich sie ansah, blickte ich in ein aschfahles Gesicht, aus dem jeder freudige, sensationslüsterne Überschwang gewichen war, den es gerade noch so ausgelassen getragen hatte.
    »Mein Traum«, flüsterte sie. »Das ist sie! Dunkel und jung. So furchtbar jung, du meine Güte …« Damit wandte sie sich um und ging. Später erfuhr

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