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Die schönsten Erzählungen

Die schönsten Erzählungen

Titel: Die schönsten Erzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hermann Hesse
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bleiben wollten.
    Aber warum hatte ihn, als er beim Heimgehen mit der Berta lachte, die andere so angesehen?
    Er sah sie wieder an sich vorbeigehen und den Kopf umwenden, und er sah wieder ihren Blick. Sie war doch schön. Er stellte sich alles wieder deutlich vor, aber er kam nicht darüber hinweg – ihr Blick war spöttisch gewesen, überlegen spöttisch. Warum? Noch wegen des »Eckehard«? Oder weil er mit der Berta gelacht hatte?
    Der Ärger darüber folgte ihm noch in den Schlaf.
    Am Morgen war der ganze Himmel bedeckt, doch hatte es noch nicht geregnet. Es roch überall nach Heu und nach warmem Erdstaub.
    »Schade«, klagte Berta beim Herunterkommen, »man wird heute keinen Spaziergang machen können?«
    »O, es kann sich noch den ganzen Tag halten«, tröstete Herr Abderegg.
    »Du bist doch sonst nicht so eifrig fürs Spazierengehen«, meinte Fräulein Thusnelde.
    »Aber wenn wir doch nur so kurz hier sind!«
    »Wir haben eine Luftkegelbahn«, schlug Paul vor. »Im Garten. Auch ein Krocket. Aber Krocket ist langweilig.«
    »Ich finde Krocket sehr hübsch«, sagte Fräulein Thusnelde.
    »Dann können wir ja spielen.«
    »Gut, nachher. Wir müssen doch erst Kaffee trinken.«
    Nach dem Frühstück gingen die jungen Leute in den Garten; auch der Kandidat schloß sich an. Fürs Krocketspielen fand man das Gras zu hoch, und man entschloß sich nun doch zu dem andern Spiel. Paul schleppte eifrig die Kegel herbei und stellte auf. »Wer fängt an?«
    »Immer der, der fragt.«
    »Also gut. Wer spielt mit?«
    Paul bildete mit Thusnelde die eine Partei. Er spielte sehr gut und hoffte, von ihr dafür gelobt oder auch nur geneckt zu werden. Sie sah es aber gar nicht und schenkte überhaupt dem Spiel keine Aufmerksamkeit. Wenn Paul ihr die Kugel gab, schob sie unachtsam und zählte nicht einmal, wieviel Kegel fielen. Statt dessen unterhielt sie sich mit dem Hauslehrer über Turgenjew. Herr Homburger war heute sehr höflich. Nur Berta schien ganz beim Spiel zu sein. Sie half stets beim Aufsetzen und ließ sich von Paul das Zielen zeigen.
    »König aus der Mitte!« schrie Paul. »Fräulein, nun gewinnen wir sicher. Das gilt zwölf.«
    Sie nickte nur.
    »Eigentlich ist Turgenjew gar kein richtiger Russe«, sagte der Kandidat und vergaß, daß es an ihm war zu spielen. Paul wurde zornig.
    »Herr Homburger, Sie sind dran!«
    »Ich?«
    »Ja doch, wir warten alle.«
    Er hätte ihm am liebsten die Kugel ans Schienbein geschleudert. Berta, die seine Verstimmung bemerkte, wurde nun auch unruhig und traf nichts mehr.
    »Dann können wir ja aufhören.«
    Niemand hatte etwas dagegen. Fräulein Thusnelde ging langsam weg, der Lehrer folgte ihr. Paul warf verdrießlich die noch stehenden Kegel mit dem Fuße um.
    »Sollen wir nicht weiterspielen?« fragte Berta schüchtern.
    »Ach, zu zweien ist es nichts. Ich will aufräumen.«
    Sie half ihm bescheiden. Als alle Kegel wieder in der Kiste waren, sah er sich nach Thusnelde um. Sie war im Park verschwunden. Natürlich, er war ja für sie nur ein dummer Junge.
    »Was nun?«
    »Vielleicht zeigen Sie mir den Park ein wenig?«
    Da schritt er so rasch durch die Wege voran, daß Berta außer Atem kam und fast laufen mußte, um nachzukommen. Er zeigte ihr das Wäldchen und die Platanenallee, dann die Blutbuche und die Wiesen. Während er sich beinahe ein wenig schämte, so grob und wortkarg zu sein, wunderte er sich zugleich, daß er sich vor Berta gar nicht mehr geniere. Er ging mit ihr um, wie wenn sie zwei Jahre jünger wäre. Und sie war still, sanft und schüchtern, sagte kaum ein Wort und sah ihn nur zuweilen an, als bäte sie für irgend etwas um Entschuldigung.
    Bei der Trauerweide trafen sie mit den beiden andern zusammen. Der Kandidat redete noch fort, das Fräulein war still geworden und schien verstimmt. Paul wurde plötzlich gesprächiger. Er machte auf den alten Baum aufmerksam, schlug die herabhängenden Zweige auseinander und zeigte die um den Stamm laufende Rundbank.
    »Wir wollen sitzen«, befahl Fräulein Thusnelde.
    Alle setzten sich nebeneinander auf die Bank. Es war hier sehr warm und dunstig, die grüne Dämmerung war schlaff und schwül und machte schläfrig. Paul saß rechts neben Thusnelde. »Wie still es da ist!« begann Herr Homburger.
    Das Fräulein nickte.
    »Und so heiß!« sagte sie. »Wir wollen eine Weile gar nichts reden.«
    Da saßen alle vier schweigend. Neben Paul lag auf der BankThusneldes Hand, eine lange und schmale Damenhand mit schlanken Fingern und

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