Die Schule der Spielleute
Häuser weitergegangen waren.
ťGuda. Ihr Bruder heißt HenneŤ, antwortete Alheit.
ťWartet dort vorn um die Ecke. Ich frage, ob sie zu Hause sind.Ť
Zielstrebig machte Marjorie kehrt. Alheit wagte nicht, ihr nachzuschauen. Sie bog wie geheißen mit Katherine in die nächste Gasse ein. Dort wurde ihre Geduld auf eine harte Probe gestellt. Offenbar war Marjories Plan nicht aufgegangen. Alheit und Katherine schlenderten die Gasse auf und ab, bogen in weitere Seitengässchen ein und kehrten wieder um. Zum Glück liefen in diesen Tagen viele Fremde in der Stadt herum.
Endlich trafen sie an der vereinbarten Ecke auf die Harfnerin. ťSie sind hierŤ, berichtete sie, ťwir müssen warten, bis sie weggehen.Ť
ťAber das tun wir in einer anderen GasseŤ, verlangte Alheit.
Sie trennten sich und schlugen einen Bogen zurück zu dem Haus, auf das sie es abgesehen hatten. Doch nur Guda und der Knecht traten heraus und gingen davon. Henne blieb bei den neu erworbenen Waren. Alheit hatte das Gefühl, dass die Krämerin ihr böse zulächelte, als sie an der Gasseneinmündung vorbeikam, wo die drei sich verbargen.
Es konnte nicht mehr lange bis zur Non sein.
ťIch gehe jetzt hineinŤ, entschied Alheit. ťMit Henne allein werde ich fertig.Ť Ohne auf Marjories Widerspruch zu hören, ging sie auf das Haus zu.
Sie grüßte den Löffelschnitzer und nannte ihr Begehr.
ťDer kriegt heute aber viel BesuchŤ, erwiderte der Alte. ťGeh nur hinauf, die Frau ist nicht daheim.Ť
Mochte er denken, was er wollte. Alheit eilte mit langen Schritten die Treppe hinauf, wie es bei den krummen Tritten eben möglich war.
Die Gäste waren in diesem Haus nicht besser untergebracht als im Apfelbaum. Auf den Dielenbrettern im obersten Stock war Stroh aufgeschüttet und dann zu einzelnen Lagerstätten mit Decken oder Mänteln zusammengeschoben worden. Wer am warmen Schlot lag, konnte sich glücklich schätzen.
Henne saß neben einem der kleinen, mit einem Pergamentrahmen verschlossenen Fenster und sah in das trübe Licht. Hinter ihm lagerten die bisher eingekauften Waren. Alheit grüßte höflich und setzte sich zu ihm.
ťWas willst du von mir?Ť, fragte er krächzend. Seine Stimme klang wie eingerostet. Er ließ sich nicht anmerken, ob er Alheit erkannte.
ťIch brauche zwei Dinge, die Guda heute Morgen gekauft hat.Ť
ťSo, was denn?Ť Henne schaute noch immer an ihr vorbei.
ťEinen blauschwarzen Mantel, von dem sich der Pelz löst, und einen Gürtel mit Emailbeschlag.Ť
Er schwieg eine ganze Weile. ťIst gut, schau nach, wo du es findestŤ, sagte er dann. Dabei machte er keine Anstalten, sich vom Fenster abzuwenden.
ťBitte schau zu, wenn ich mich an deinen Waren zu schaffen macheŤ, forderte Alheit ihn auf. ťIch will nicht hinterher als Diebin dastehen.Ť
ťGib mir ein Pfand.Ť
ťIch habe nichts, was ich dir lassen könnte.Ť
ťDann hole ich es mir von Gretel.Ť
Er entsann sich also doch. Alheit nahm ein paar Heller aus ihrem Beutel. Den Rest drückte sie Henne grob in die Hand. ťHier hast du dein Pfand, und Gretel lass in Ruhe.Ť
Mit frischer Wut machte sie sich über den Berg Altkleider her, bis sie Mantel und Gürtel gefunden hatte. Als sie wieder aufschaute, saß Henne ihr zugewandt und grinste schief. ťDafür wird dein Geld wohl reichenŤ, bemerkte er.
ťDas glaube ich auch.Ť Alheit eilte mit den Sachen davon.
Draußen hörte sie die Glocken, die zur Non läuteten, noch deutlicher.
ťIch habsŤ, rief sie ihren Gefährtinnen von Weitem zu.
ťDann lass uns eilen. Wir müssen dabei sein, wenn Gottfrid vorspieltŤ, drängte Katherine.
Ihre Mutter sah sie streng an, stimmte aber zu. ťDein Vater wird wohl ebenfalls kommen. Wir nehmen die Instrumente mit.Ť
ťWozu?Ť, fragte Katherine.
ťDamit wir das Lied vom Spielmann als Giftmischer vortragen können.Ť
ťUnd wie geht das?Ť, grollte das Mädchen.
ťIhr müsst nur immer zwei Worte singen, den Rest mache ich schonŤ, erklärte Marjorie.
ťSingen? Da muss ich aber viel üben!Ť, rief Alheit unwillkürlich.
ťEs kommt vor allem auf den Text an.Ť Marjorie sang ihnen die wenigen Worte vor, die sie brauchten.
In der Herberge zum Lamm erwartete sie Baldwin. Seine Augen blitzten siegesgewiss. Er hatte seine Absichten wohl ausgeführt. Gottfrid war bereits zum Mainufer aufgebrochen. Nun folgten sie ihm zu viert.
Das Lager des Grafen von Geldern war fast so groß wie ein Dorf direkt am Main. Vor einem geräumigen Zelt war die Tafel aufgebaut, an der Graf Rainald
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