Die Schwarze Armee 02 - Das Reich der Dunkelheit
nächsten ist, welches der Vordermann gegessen hat. Es ist Teamarbeit, genauso wie die Wahrheit. Auch daran müssen alle gemeinsam arbeiten.“
„Ich hoffe, die Wirkung ist nicht so stark, dass wir plötzlich alle die Wahrheit loswerden wollen“, sagt Metáfora und schaut ihre Mutter verstohlen an.
„Also gut, wir machen alles so, wie es das Ritual vorschreibt“, sage ich und nehme meinen Löffel in die Hand. „Ich hoffe nur, dass uns hinterher nicht schlecht wird.“
Norma nimmt sich ein Stückchen und probiert es.
„Wirklich köstlich“, urteilt sie nach einer Weile. „Sie hat viele verschiedene Geschmäcker, die ich nicht auseinanderhalten kann … Aber sie schmeckt mir.“
„Jetzt du, Metáfora“, sage ich.
Metáfora nimmt ein großes Stück und schiebt es sich in den Mund. Sie schließt die Augen und wartet ein paar Sekunden, bevor sie ihr Urteil abgibt:
„Super! Ich hab noch nie eine so leckere Torte gegessen!“
„Wie aus einer anderen Welt“, bemerkt mein Vater, nachdem auch er probiert hat.
„Ob sie aus einer anderen Welt kommt, weiß ich nicht“, sagt Norma. „Aber sie ist …“
„Authentisch?“, frage ich.
„Los, Arturo probier sie!“, fordert Metáfora mich auf. „Vielleicht findest du dann das richtige Wort dafür.“
Als ich meinen Löffel in die Torte steche, überkommt mich ein seltsames Gefühl. So, als würde ich sie kennen, als hätte ich schon einmal von ihr gegessen.
„Sehr natürlich, nach Erde“, sage ich, nachdem ich den Bissen hinuntergeschluckt habe. „Schmeckt prima.“
Papa nimmt noch ein kleines Stück und schließt ebenfalls die Augen. Es sieht aus, als ließe er es sich auf der Zunge zergehen, um die Zutaten herauszuschmecken.
„Verschiedene Waldfrüchte … ein Likör, den ich nicht identifizieren kann … und noch etwas, etwas Unergründliches, Neues, Unbekanntes …“
„Sag ich doch“, werfe ich ein. „Die Mönche haben gesagt, dass es eine ganz außergewöhnliche Torte ist.“
„Es gibt keine Geheimformeln und Geheimrezepte mehr“, sagt Norma. „Heutzutage ist alles erfunden, und jeder kann …“
„Coca-Cola!“, ruft Metáfora dazwischen. „Die Geheimformel für Coca-Cola war jahrelang ein Geheimnis! Eins der bestgehüteten Geheimnisse der Welt!“
Überrascht schauen wir uns an.
„Stimmt“, muss Norma zugeben. „Bis sie gezwungen wurden, es zu lüften.“
„Wie gesagt, wir leben in einer Welt voller Geheimnisse und voller Mysterien“, sagt mein Vater und isst noch ein Stückchen von der Torte.
„Wenn du noch mehr davon isst, wirst du uns eine Wahrheit nach der anderen erzählen“, warnt ihn Norma. „Und ob das gut ist … Ich weiß nicht. Du hast doch gesehen, was an Arturos Geburtstag passiert ist.“
„Diesmal bist du dran mit der Wahrheit“, entgegnet Papa fast im Befehlston. „Es wird wirklich Zeit, dass du uns über einige Dinge aufklärst.“
„Ich habe nichts zu verbergen. Im Übrigen wisst ihr schon alles über mich …“
„Das sagst du immer“, beschwert sich Papa. „Aber auch du wirst dein kleines Geheimnis haben …“
„Ja!“, meldet sich plötzlich Metáfora wieder zu Wort. „Ich würde zum Beispiel gerne wissen, wo Papa ist. Dann könnte ich zu ihm gehen und ihm ein paar passende Worte sagen …“
„Er ist tot“, antwortet Norma, so als wäre es das Natürlichste der Welt.
„Tot?“, wiederholt Metáfora. „Hast du gesagt, er ist tot?“
Norma ist bleich wie eine Marmorplatte.
Offenbar hat sie sich verplappert, und jetzt wird ihr klar, was sie da eben gesagt hat. Sie presst die Lippen aufeinander und scheint nicht bereit, weiterzusprechen.
„Mama, ich fordere dich auf, mir alles zu erzählen!“, ruft Metáfora.
Mein Vater und ich sehen uns an. Wir sind sicher, dass es nach dieser Enthüllung zu einem dicken Streit zwischen Mutter und Tochter kommen wird.
„Warum hast du mir nichts davon erzählt?“, will Metáfora wissen.
„Na ja, ich … ich habe auf den richtigen Moment gewartet, um …“, antwortet Norma verlegen.
„Und jetzt ist der richtige Moment, mir zu sagen, dass mein Vater tot ist?“, schreit Metáfora ihre Mutter an. „Wann ist er gestorben?“
„Ich habe es doch auch erst vor Kurzem erfahren … Na ja, vor ein paar Jahren …“
„Wo wurde er beerdigt? Kannst du mir wenigstens das sagen?“
„Hier, in Férenix.“
„Was? Und warum hier und nicht in unserer Stadt?“
„Das weiß ich nicht genau … Ich weiß es einfach nicht.“
„Doch, du
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