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Die schwarze Kathedrale

Die schwarze Kathedrale

Titel: Die schwarze Kathedrale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Palliser
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klammen, glitschigen Umarmung umfaßt hielt. Und plötzlich hatte ich das Gefühl, daß mir gleich entsetzlich übel werden würde. Ich brachte es fertig, einen kleinen Schluck zu trinken und meine Gedanken auf etwas anderes zu lenken, und der Anflug ging vorüber. Als ich aufsah, stellte ich fest, daß Austin mich neugierig beobachtet hatte. Ich zwang mich zu einem Lächeln, und dann stießen wir auf meine Ankunft an.
    Worüber konnten wir nach so vielen Jahren miteinander reden? Es schien absurd, in das triviale Geschwätz flüchtiger Bekannter zu verfallen – über das Wetter, meine Reise, die Nähe des Hauses zur Kathedrale und seine verschiedenen Vor- und Nachteile. Aber genau das taten wir dann doch. Und während der ganzen Zeit versuchte ich, mir ein Bild von ihm zu machen, und dachte darüber nach, wie die Zeit ihn verändert hatte. Und ich vermute, daß er mich ansah und sich die gleichen Fragen stellte. Konnten wir in die jungenhafte Beziehung zurückfallen, die wir miteinander gehabt hatten, oder, was sehr viel wünschenswerter gewesen wäre, konnten wir eine neue, reifere Grundlage für unsere Freundschaft finden? Oder würden wir voller Unbehagen zwischen dem alten, nun nicht mehr passenden Umgangston und der neuen Erkenntnis hin- und herschwanken, daß wir nur noch wenig miteinander gemein hatten?
    »Wie schön, dich zu sehen«, sagte er in einer Gesprächspause. Er lächelte mich an, und dieses Lächeln blieb auch in seinem Gesicht, als er das Glas an die Lippen hob und trank.
    Ich spürte, daß ich irgendwie idiotisch zurückgrinste. Um etwas zu sagen, sprudelte ich hervor: »Wie lange ist das nun her, seit wir uns zum letzten Mal gesehen haben?« Kaum hatte ich diese Worte ausgesprochen, wünschte ich schon, ich könnte sie wieder zurücknehmen. Wie seltsam es ist, daß man, wenn man beschlossen hat, über ein bestimmtes Thema nicht zu sprechen, ausgerechnet dieses Thema zuerst anschneidet.
    Er stellte sein Glas auf den Tisch, als ob meine Bemerkung in ihm keine Erinnerungen geweckt hätte, und begann, demonstrativ an seinen Fingern abzuzählen. »Zwanzig Jahre.«
    »Länger. Zweiundzwanzig. Fast zweiundzwanzig Jahre.«
    Er schüttelte lächelnd den Kopf.
    Ich hatte nicht die Absicht gehabt, überhaupt davon anzufangen, aber jetzt, da es nun einmal passiert war, wollte ich, daß wir uns richtig zurückerinnerten. Dann würde ich nichts mehr zu diesem Thema sagen. »Du warst zum Bahnhof in Great Yarmouth gekommen, um mich zu verabschieden; damit wir uns Lebewohl sagen konnten. Ich habe nie vergessen, wie ich dich zum letzten Mal sah: auf dem Bahnsteig, als der Zug abfuhr.«
    In seinem Blick lag nichts als höfliche Neugier. »Wie seltsam. Meiner Erinnerung nach sind wir beide allein nach London zurückgefahren.«
    »Ganz bestimmt nicht. Ich sehe dich noch immer dastehen und zum Abschied winken. Es war am achtundzwanzigsten Juli, und im kommenden Sommer ist es zweiundzwanzig Jahre her.«
    »Du wirst wohl recht haben. Du bist schließlich derjenige, der über die Vergangenheit Bescheid weiß.«
    »Es ist sehr schwierig, die Wahrheit über die Vergangenheit herauszubekommen, Austin. Aber die Ereignisse jenes Sommers sind tief in meine Erinnerung eingegraben, das kann ich dir versichern.«
    Ich hatte mit mehr Gefühl gesprochen, als es meine Absicht war. Als ich trank, klirrte das Glas gegen meine Zähne. Plötzlich hatte ich Angst, daß er einen der beiden Namen aussprechen könnte, die zwischen uns beiden nie wieder genannt werden durften. Ich stellte das Glas ab und versuchte, meine Hände stillzuhalten.
    »Wir brauchen uns darüber nicht zu streiten; das ist die Sache nicht wert.« Dann lächelte er und sagte: »Aber nun zur Zukunft. Kannst du bis Samstag bleiben?«
    »Mit Vergnügen. Aber ich werde früh am Morgen aufbrechen müssen, weil es der Weihnachtstag ist und ich am Nachmittag bei meiner Nichte erwartet werde.«
    »Und wo ist das?«
    »In Exeter, das habe ich dir doch in meinem Brief geschrieben.«
    »Ach ja, stimmt. Also abgemacht. Wir können die Abende zusammen verbringen, aber untertags werde ich wohl arbeiten müssen.«
    »Ich habe selbst auch vieles zu erledigen, das mich die längste Zeit beschäftigen wird.«
    »Das hast du geschrieben. Hoffentlich werden diese abscheuliche Kälte und der Nebel deine Arbeit nicht zu sehr beeinträchtigen.«
    Ich lächelte. Es war seltsam, aber Austin hatte schon immer so einen koboldhaften Humor gehabt. Ich hatte ihm erst vor ein paar Tagen

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