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Die schwarze Schatulle

Die schwarze Schatulle

Titel: Die schwarze Schatulle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Batya Gur
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mich auch nicht, als ich Joli sah, die von dem Moment an, als mein Vater Nimrod die Maske abgerissen hatte, kein Wort mehr sprach. Unaufhörlich liefen ihr Tränen aus den Augen, aber sie gab keinen Ton von sich.
    Jetzt stand sie mit Benji in der Tür des Umkleideraums. Sie war noch blasser als sonst und unter den roten Augen hatte sie blauschwarze Ringe. Ich überlegte mir, ob ich ihr vorschlagen sollte, mit mir ins Kino zu gehen, aber dann traute ich mich nicht. Was wäre, wenn sie Nein gesagt hätte? Ich beschloss, es vielleicht später zu versuchen. Vielleicht.
    Sie schob Benji vorwärts und er sagte mit leiser Stimme: »Du warst toll, Schabi, das hat auch mein Vater gesagt.«
    »Dein Vater hat sich das Spiel angeschaut?«, fragte ich verwundert.
    »Ja.« Benji nickte und drehte sich um. »Und meine Mutter auch. Sie haben Hirsch gefragt, wie sie sich bedanken können, und er sagte, sie sollten zum Spiel kommen und eure Mannschaft unterstützen.« Man sah ihm an, wie schwer es ihm fiel, das alles zu sagen.
    Während des ganzen Gesprächs, das Hirsch mit seinen Eltern geführt hatte, hatte er geweint. Er hatte sich bei mir entschuldigt, aber ich sah, dass er sich noch immer schlecht fühlte. Wenn man so etwas erlebt hat wie er, erholt man sich nicht so schnell. Er hörte auch nicht auf, sich zu erkundigen, ob Nimrod wirklich nicht zurückkommen würde, um sich an ihm zu rächen.
    Er hatte in allen Einzelheiten erzählt, wie es gewesen war: Nimrod hatte ihn auf dem Weg zur Bushaltestelle abgefangen und gesagt: »Was hast du geglaubt? Dass Schabi auf dich aufpasst? Schabi hat andere Sachen im Kopf, nicht kleine Babys wie dich.« Er sagte so viele schlimme Sachen, dass Benji ihm anfangs nicht glaubte. Erst nachdem Nimrod anfing, ihn zu schlagen, war er überzeugt, dass es alles stimmte, nämlich dass ich nicht auf ihn aufpasste, dass niemand auf ihn aufpasste.
    Hirsch hatte gemeint, es wird lange dauern, bis Benji darüber hinwegkommt. Nur wenn seine Eltern ihm helfen und wenn sie verstehen, wie einsam er in diesem Haus war, und wenn sie ein bisschen mehr Zeit für ihn aufbringen, erst dann wird er sich beruhigen und es schaffen, mit den anderen Kindern zurechtzukommen. Das alles sagte er zu Benjis Eltern, als wir am selben Abend noch zu ihnen gingen.
    Benji stand im Umkleideraum und gab seltsame Töne von sich, als sei er heiser oder müsse gleich husten. »Was ist?«, fragte ich. »Ich kenn dich doch, du hast noch was auf dem Herzen, oder?«
    »Die Schatulle … die er kaputtgemacht hat …«, sagte Benji.
    Ich wusste ja, dass Nimrod ihm die zerbrochene Schatulle gezeigt hatte, als Beweis dafür, wie wenig ich mir aus ihm und seinen Geschenken angeblich machte. »Es war nicht nur, um mir zu zeigen, dass du ein ›traitor‹ bist. Auch um dir wehzutun. Er hat mich wegen dir gehasst. Weil er alles hasst, was du gern hast. Weißt du, warum?«
    Ich nickte halbherzig, ich war mir nicht sicher.
    »Wegen Joli«, sagte Benji. Er schaute hin und her, um sicherzugehen, dass sie nicht zuhörte, und ich schaute mich auch um.
    »Aber Joli war doch seine Freundin«, sagte ich. »Er hatte sie doch schon.«
    »Na und?«, sagte Benji. »Man kann nie sicher sein. Und die Schatulle …«
    »Was ist damit?«, fragte ich. Wir sprachen leise miteinander.
    »Ich hab meinen Bruder gebeten, dass er noch eine mitbringt, wenn er zu Besuch kommt. Vielleicht im Sommer.« Zur Sicherheit bewegte Benji die Zunge im Mund. Ich wusste, dass er Spucke für Blasen sammelte.
    Ich lächelte ihm zu. Dann warf ich einen Blick auf Joli, die irgendeinen Fleck anstarrte, mit diesem traurigen Blick, den sie seit Nimrods Enttarnung hatte. Sie sah auf einmal ein Jahr älter aus, zugleich aber kleiner und sehr verletzlich. Ich ging zu ihr und fragte sie, ob sie mit mir kommen wolle, um sich die Statue im Museum anzuschauen. Plötzlich war ich ganz heiser. Absichtlich hatte ich es vermieden, den Namen zu sagen, aber sie wusste genau, welche Statue ich meinte. Und mir war es auf einmal auch egal, dass er nackt war und man alles an ihm sehen konnte. Dann sah man es eben. Sie fragte, ob wir ihren Großvater und Benji mitnehmen würden.
    »Nein«, sagte ich und verstand selbst nicht, warum ich mich nicht genierte. »Nein, nur wir zwei, du und ich.«
    Wir hörten, wie Uri draußen mit dem Ball herumhüpfte und versuchte, den Korb zu treffen.
    »Gut«, sagte sie. »Musst du deiner Mutter Bescheid sagen?«
    »Nein«, antwortete ich.
    Wir hörten Uri fluchen, weil er

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