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Die schwarze Schatulle

Die schwarze Schatulle

Titel: Die schwarze Schatulle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Batya Gur
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es, dass mein Vater uns zeigte, von wo aus man Benjis Hof beobachten konnte. Wir saßen alle im Käfer. Hirsch fuhr, mein Vater saß neben ihm und Joli und ich waren hinten. Nur kurz kam mir der Gedanke, dass wir Uri rufen müssten, aber ich konnte mir einfach nicht vorstellen, wie er im Auto sitzen würde, ohne wegen meinem Vater einen Schock zu erleiden. Für alle war er, obwohl hier, die ganze Zeit doch wie jemand, der sich mindestens in Neuseeland befand.
    Den ganzen Tag war ich wie ein Schlafwandler herumgelaufen. In der Schule hatte ich nicht gehört, was man zu mir sagte, sogar wenn Joli mich ansprach. Auch unser Streit in der großen Pause kümmerte mich nicht, als sie mich fragte, ob sie Nimrod mitbringen könne, und ich sagte: »Auf gar keinen Fall.«
    »Ich weiß, dass du ihn nicht magst«, sagte Joli. »Aber er ist wirklich nett.«
    »Klar«, sagte ich, »das wissen alle. Nimrod ist der King.«
    Sie wurde rot und ich konnte mich nicht beherrschen und sagte: »Der King auf der Straße zum Erfolg.«
    Jolis Stimme klang erstickt. »Du hast mir versprochen, nichts zu verraten.«
    »Das hab ich auch nicht getan«, antwortete ich. »Und du hast mir auch was versprochen.«
    »Ich habe es auch nicht verraten«, sagte sie. »Ich bitte dich einfach nur um Erlaubnis.«
    »Und ich bin einfach nicht einverstanden.« Ich wusste, dass es grausam war, aber es war mir egal. Ihr Freund trug den Kopf hoch und hielt sich für etwas Besseres und sie sagte noch von ihm, er sei »nett«. Aber ich nahm mir das Ganze nicht zu Herzen. Ich konnte mir gar nichts zu Herzen nehmen nach dem, was geschehen war.
    Den ganzen Tag, auch während des Unterrichts, erlebte ich im Kopf noch einmal, was gestern geschehen war. Ich glaubte es und glaubte es nicht. Ich wollte nach Hause, um zu sehen, ob es stimmte. Denn ich hatte vor allem Angst. Was, wenn die Veränderung nur vorübergehend gewesen war und genauso schnell verging? Und als der Englischlehrer an meinem Tisch stand und mit mir sprach, war es mir ganz egal, dass alle über mich lachten, weil ich träumte, denn ich dachte: Wie kann man so leicht zu dem zurückkehren, was man früher gewesen ist?
    »Zurückkehren« war das Wort, das mir die ganze Zeit durch den Kopf ging. Denn bis dahin hatte ich immer an meinen Vater gedacht als an jemanden, der weggegangen war. Nicht verschwunden, sondern weggegangen. Nicht nach Neuseeland gefahren, sondern überhaupt weggegangen. Aus Neuseeland kann man zurückkommen, aber er hatte nicht ausgesehen wie jemand, der irgendwann mal zurückkommen würde. Erst als Herr Sefardi schon direkt neben mir stand, merkte ich, wo ich war, und fing wieder an, mir um Benji Sorgen zu machen.
    Morgens, als der Wecker klingelte, war ich völlig verwirrt. Ich tastete über meine Kleider und die Turnschuhe, die ich nicht ausgezogen hatte, dann fiel mir ein, was in der Nacht zuvor passiert war. Aber ich war nicht ganz sicher, ob es sich nicht doch um einen Traum gehandelt hatte oder einfach jemand anderem passiert war. Die Kleidung war eine Art Beweis, die Kleidung und der leere Sessel im Wohnzimmer. Dort saß niemand. Aus der Küche hörte ich Geräusche. Aber es war nicht meine Großmutter, sie war noch nicht vom Markt zurückgekommen, sondern es war mein Vater, der mir das Frühstück machte.
    Ich saß am Tisch, als würde ich jeden Tag so frühstücken, als wäre es ganz normal, dass mein Vater mir Rührei machte und sich zu mir setzte und mit mir sprach. Meine Mutter verlässt normalerweise das Haus um halb sieben, ich trinke was und renne los.
    Er sagte nicht viel, er sagte: »Schabi, ich habe das Unglück nur noch viel schlimmer gemacht, aber damit werde ich aufhören.«
    Mir war nach Weinen zu Mute. Ich hätte am liebsten gesagt, wenn er so schnell damit aufhören könne, von einem Tag auf den andern, warum hat es dann so lange gedauert? Aber ich sagte es nicht. Ich konnte auch nicht hinunterschlucken, was ich im Mund hatte. Ich schob den Teller weg.
    »Du bist wütend«, sagte mein Vater. »Weil du denkst, dass es so einfach ist. Aber du musst wissen, ich war wie … Ich war krank.«
    Ich wollte ihn fragen, ob er jetzt wieder gesund war, für immer. Aber das wagte ich nicht.
    In der Schule konnte ich nicht aufhören, an das zu denken, was er gesagt hatte, auch an seine Stimme, die so vollkommen anders geworden war, an seinen Gang, der von einem Tag auf den andern leichter geworden war, an seine Schultern, die sich plötzlich gestreckt hatten.
    Auch als wir im

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