Die Seele des Ozeans (German Edition)
Ziel.
„Wach auf! Komm zurück.“
Sie kämpfte, wand und drehte sich, schrie stumm und bäumte sich auf. Die Stimme begann zu summen. Sie konzentrierte sich auf den Ton, und dann begriff sie, dass es nicht das Kämpfen war, das sie hier herausbringen würde.
Es war das Loslassen.
Fae erschlaffte. Sie machte sich leicht, entspannte jeden Muskel und jeden Gedanken. Der Sumpf nahm sie in sich auf, und sie sackte durch die Schwärze wie durch Wasser.
Hände umfassten sanft ihren Kopf, warme Lippen legten sich auf ihren Mund. Jemand küsste sie. Arme lagen um ihre Schultern und trugen sie durch das Wasser, das einer langsamen Strömung folgte und erfüllt war von dem Klang der wunderbaren Stimme.
Plötzlich spürte Fae das Sofa unter sich. Ein Sack aus verkrampften Muskeln schloss ihren Geist in sich ein. Sie spürte, wie ihre Finger sich in einen nackten Rücken gruben, so fest, dass ihre Nägel die Haut durchstachen. Ihr war klar, dass sie ihm wehtat, aber sie konnte ihren Griff nicht lockern.
Alles glühte und strahlte. Lebendig und wunderbar.
Bist du zurück? Bist du wieder bei mir?
Kjell! Kjell!
„Ja, Fae, ich bin hier.“
Er küsste sie und presste sie an sich. Sanft und fordernd, glücklich und hungrig. Sein salziger, wilder Geschmack vertrieb alle Angst und jeden Zweifel. Fae badete in einem Licht, das zu schön war, um es zu beschreiben. Doch langsam, ganz langsam, begriff sie, dass etwas nicht stimmte.
Sie wurde warm, Kjell wurde kalt. Unter ihren Fingern spürte sie, wie er immer schwächer wurde.
„Nein!“, wollte sie rufen, aber seine Lippen pressten sich so fest auf ihren Mund, dass sie keinen Ton hervorbrachte. Fae hämmerte auf seine Schultern ein. Sie drückte dagegen, wand sich unter seinem Gewicht, wurde noch wärmer, noch lebendiger, während er langsam zu Boden sank.
„Nein!“, gelang es ihr zu schreien. „Hör auf!“
Ein heftiges Aufbäumen, und Kjell glitt von ihr herunter.
Fae spürte seine Energie, die wie ein loderndes Feuer durch ihren Körper jagte. Er jedoch lag reglos am Boden.
„Was hast du getan?“ Sie ging neben ihm in die Knie, drückte Zeige- und Mittelfinger in seinen Hals und spürte das matte Schlagen des Pulses. Seine Lider zitterten, als er versuchte, die Augen zu öffnen.
„War es gut? Bist du wieder …“
„Schschsch!“ Sie blickte auf. Ukulele und Henry knieten vor ihr und starrten sie ungläubig an. „Helft mir. Macht schon. Auf das Sofa mit ihm.“
Gemeinsam hievten sie Kjell hinauf und deckten zwei Plaids über ihn. Ukulele ging in die Küche, vermutlich um etwas zu Trinken zu holen, Henry legte Holz im Kamin nach.
„Wolltest du dich umbringen?“ Fae kroch zu Kjell unter die Decke und umschlang ihn mit Armen und Beinen. Er war kalt wie Eis, aber nicht starr. Der Puls schlug deutlich sichtbar an seinem Hals, sein Brustkorb hob und senkte sich. Ihn wieder neben sich zu spüren, atmend und lebendig, glich einem unwirklichen Traum.
„Wenn ich dich nicht weggestoßen hätte, dann …“
„Fae“, raunte er kaum hörbar. „Ich glaube, dass ich dich nie ganz heilen kann. Es sei denn …“
„Es sei denn, du gibst mir all deine Kraft? Ist es das?“
„Ja“, flüsterte er schwach. „Aber es ist nicht nur das.“
„Was meinst du?“
„Ich hätte tot sein müssen.“ Ihn reden zu hören, war wundervoll. Sein Atmen zu sehen, jede kleine Bewegung. Fae war es gleich, was er ihr sagen wollte. Er lebte! „Die Wunden waren zu schwer. Irgendetwas hielt meinen Geist im Körper fest, und als ich aufgewacht bin …“
Er schloss die Augen und seufzte.
„Was ist passiert?“, fragte sie. „Was war, als du aufgewacht bist?“
„Du hast es schon einmal gesehen.“
„Was?“
„Das Ding in mir. Das Ungeheuer. Es übernahm die Kontrolle und zwang mich dazu, dir die Lebenskraft auszusaugen.“
„Was?“
„Ich hätte dich fast getötet, Fae.“
„Und jetzt wolltest du mir dein Leben geben, um deine Schuld zu begleichen?“
„Ja“, flüsterte er matt.
„Nein! Das wirst du nicht tun! Es geht mir wieder gut. Es geht mir gut, solange du bei mir bist. Was soll ich mit einem Leben, wenn der Preis dafür unbezahlbar ist? Was würde es mir nützen, wenn ich weiß, dass du für mich gestorben bist?“
„Da ist etwas in mir, das stärker ist als ich. Und es will dir schaden.“
„Nein. Du bist stärker. Im Hafen hast du es beherrscht. Am Strand, als wir uns im Regen liebten, hast du es beherrscht. Und als du wieder zum Leben erwacht
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