Der Hurenkiller - Teil 1
Kapitel 1
»Was ist
denn um diese Zeit?«, brummte Wegner unfreundlich in sein Handy.
»Chef
... wir haben schon wieder eine Tote!«
»Wo?«
»Nähe
Horner Kreisel.«
»Schicken
sie mir die Adresse. Ich mach mich auf den Weg.«
Hauptkommissar
Manfred Wegner wurde als Leiter der Hamburger Mordkommission immer dann
gerufen, wenn an einem Tatort auf Anhieb zu erkennen war, dass es sich um ein
gewaltsames Tötungsdelikt handelte. In letzter Zeit allerdings nahmen diese
Anrufe deutlich überhand. Kaum eine Woche verging, in der es Wegner möglich
war, jede Nacht entspannt durchzuschlafen.
Die
Zeitungen nannten ihn schon seit Wochen den »Hurenkiller«. Ein Titel, der
zumindest sofort verriet, auf welche Zielgruppe sich dieses perverse Schwein
spezialisiert hatte. Wegner hatte bereits nach dem zweiten Mord eine
Sondereinheit gegründet, die sich ausschließlich mit der Suche nach diesem Mann
und seiner Ergreifung befasste. Warum sie davon ausgingen, dass es sich um
einen Mann handelte? Ganz einfach! Die Morde wurden mit einer ungezügelten
Brutalität ausgeführt, zu der nur ein ausgewachsener, mehr als kräftiger Mann
imstande war. Ein Schwächling, oder gar eine Frau wären keinesfalls in der Lage
ihre Opfer derart abzuschlachten ... soviel stand fest.
Siebenundsiebzig
Menschen wurden laut Statistik im Jahr 2010 in Hamburg ermordet.
»Der
Hurenkiller arbeitet sehr hartnäckig daran, diese Statistik gründlich zu
reformieren«, dachte Wegner frustriert, während er seinem alten Hund in den
Kombi half. »Rex«, ein selten dämlicher Name für einen Schäferhund. Wegner
hatte ihn von seinem Bruder geerbt. Elf oder sogar zwölf Jahre alt war der arme
Kerl mittlerweile. Man erkannte an seinem Gang, dass er früher häufig als
Hundemodel für Hüftleiden gebucht worden war. Tatsächlich allerdings hatte Rex
die ersten neun Jahre seines Lebens in einer Hundestaffel gedient. Er wurde
jedoch ausgemustert, als er, an einem besonders schlechtgelaunten Tag, einem
Dealer zwei Finger abgebissen hatte. Wegners Bruder konnte damals die
Einschläferung nur dadurch verhindern, dass er den alten Knaben in seine
private Obhut nahm. Als Ralf Wegner dann, nur ein Jahr später an Magenkrebs
verstarb, zog der Schäferhund noch ein weiteres Mal um.
»Mein
Gott ... warum fährt denn dieser dämliche Idiot nicht zu?«, keifte Wegner
genervt. »Soll ich dich über die Kreuzung schieben, du hirnloser Affe?« Sogar
Rex knurrte jetzt im Kofferraum, aber wohl eher, weil ihm die Schreie seines
Herrchens in den empfindlichen Ohren dröhnten.
»Ich hab
die Schnauze voll ... jetzt erschieß ich diesen Arsch!«, brüllte Wegner und
sprang genervt aus seinem Kombi. Am PKW vor ihm angekommen klopfte er grob
gegen das Seitenfenster. Nun allerdings wurde er schon deutlich ruhiger, denn
es handelte sich um eine Fahrerin; ein zweifellos sehr attraktives, junges
Mädchen, welches vermutlich den Motor abgewürgt hatte. Als sie die Scheibe
herunterließ und zu Wegner aufsah, konnte der ihre dicken Tränen kullern sehen.
»Ich
weiß nicht, was los ist ... das passiert heut` Abend schon zum dritten Mal«,
piepste sie verlegen. Jetzt sah Wegner Blaulicht von hinten heranrauschen. Mit
dramatischer Vollbremsung kam ein Peterwagen hinter seinem Kombi zum Stehen,
was Rex anscheinend grob aus seinen Träumen riss. Jedenfalls versuchte der alte
Schäferhund nun, die beiden aussteigenden Polizeibeamten durch die geschlossene
Heckscheibe aufzufressen.
»Gehen
sie von meinem Wagen weg!«, schrie Wegner den Polizisten unfreundlich entgegen.
»Machen
sie mal halblang ... stellen sie sich mit gespreizten Beinen an den PKW und
legen sie die Hände auf das Dach ... sofort!«, antwortete der erste Beamte,
nicht minder ungehalten.
Das
Mädchen weinte jetzt fast hysterisch. Dieser Abend würde ihr vermutlich noch
eine ganze Zeit lang in Erinnerung.
»He ...
das ist Wegner ... Hauptkommissar Wegner«, informierte nun der Zweite seinen
Kollegen gequält.
»Oh -
entschuldigen sie Herr Hauptkommissar. Ich konnte ja nicht ...«
»Jaja
... lassen sie es gut sein. Helfen sie lieber dieser jungen Frau ... ich muss
weiter ... bin im Einsatz.«
»Wir
haben es schon über Funk gehört. Hammer Landstraße ... ist es wieder der
Hurenkiller?«
Kapitel 2
»Hast du
etwas im Magen, Manfred?«, erkundigte sich Stefan Hauser, Wegners Kollege und
Partner.
»Das
Letzte war dieser trockene Muffin ... gestern Mittag, in der Kantine.«
»Du
solltest regelmäßiger
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