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Die Seele des Ozeans

Die Seele des Ozeans

Titel: Die Seele des Ozeans Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Britta Strauß
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Sie versuchte sich an einem Lächeln. „Das ist übrigens eine der vielen Sachen, die ich nicht verstehe. Du läufst im Adamskostüm herum, springst ins eiskalte Wasser und tauchst nicht wieder auf, hast die abgefahrensten Augen, die ich je gesehen habe, strahlst wie ein Fisch aus Fukushima und … na ja, du bist einfach …“ Sie vollführte eine wedelnde Handbewegung. „Du bist seltsam. Sehr, sehr seltsam. Weißt du, was ich meine?“
    Kjell sah sie an, als zweifelte er an ihrem Verstand. Geduckt schlich er zurück zum Felsen und nutzte ihn wieder als Deckung, als wären ihm ihre Blicke unangenehm.
    „Ich weiß, was du meinst“, antwortete er so leise, dass seine Worte fast im Raunen des Windes untergingen.
    „Und?“, hakte sie nach.
    „Was meinst du mit und?“
    „Warum bist du so, wie du bist? Was ist los mit dir? Gibt es eine normale Erklärung für dich?“
    „Du warst in dem Haus“, stellte er ausweichend fest. „Warum?“
    Seine feingliedrigen, weiß schimmernden Hände lagen auf dem Seetang, der den Felsen bedeckte, umringt von Schneckenhäusern und Muscheln. Es war ein Anblick, der wunderbar als Bebilderung eines irischen Märchens gepasst hätte.
    „Warum?“, wiederholte Fae die Frage. Weil du davon erzählt hast, lag es ihr auf der Zunge. Aber wenn sie das zugab, würde Kjell wissen, dass weder er noch seine seltsamen Worte ihr aus dem Kopf gegangen waren.
    „Ich war schon oft dort“, antwortete sie. „Ich finde es mysteriös. Genauso, wie ich dich mysteriös finde. Deswegen werde ich auf keine Frage mehr antworten, ehe du mich nicht aufgeklärt hast.“
    Wieder neigte er auf diese vogelartige Weise den Kopf.
    Offenbar fiel ihm zu diesem Vorwurf keine Antwort ein, also ergriff Fae erneut das Wort.
    „Ich finde es unheimlich, dass du mich ständig beobachtest. Warum machst du das? Jemanden wie dich nennt man Stalker, weißt du? Und wenn du jetzt noch sagst, dass du nachts in mein Fenster steigst und mir beim Schlafen zusiehst …“
    „Nein!“ Die Antwort kam so heftig, dass Fae zusammenzuckte. Seine Finger gruben sich in den Tang, sein Blick wanderte immer häufiger zum Wasser hinüber. „Ich sehe dich nur, wenn du am Strand bist.“
    „Aber du bist mir zum Haus gefolgt. Splitterfasernackt. Ich habe dir die Geschichte mit dem gestohlenen Klamotten fast geglaubt, aber da du jetzt wieder …“
    Kjells gehetzter Blick ließ sie innehalten. Er würde jeden Augenblick verschwinden, ins Wasser springen und auf geheimnisvolle Weise darin untertauchen, während sie mit tausend Fragen zurückblieb, zutiefst verwirrt und erschüttert, weil sie sich zu viele Dinge nicht erklären konnte.
    „Wer bist du?“, fragte sie mit scharfer Stimme. „Antworte mir! Wenn du mich ständig verfolgst, erwarte ich zu wissen, warum. Ansonsten bekommst du diese Frage das nächste Mal auf dem Polizeirevier gestellt.“
    Durch Kjells Augen huschte ein Anflug von Panik, doch er schwieg.
    „Anscheinend kannst du mit dem Wort Polizeirevier etwas anfangen. Gut so. Denn wenn du weiter hinter mir herschleichst, ohne mir zu erklären, warum, werde ich die nötigen Konsequenzen ziehen.“
    Kjells Schweigen machte sie wütend. Sein geheimnisvolles Verhalten reizte sie bis aufs Blut, weil sie sich keinen Reim darauf machen konnte, und wenn sie seinen Blick richtig interpretierte, empfand er keinerlei Lust, sie aufzuklären.
    „Bitte.“ Wie hilflos dieses Wort klang. „Verschwinde nicht wieder einfach. Sag mir, wer du bist und was du hier machst.“
    Kjell holte tief Luft. Er zitterte am ganzen Körper, seine Finger verkrampften sich zu Klauen. Fae sah Verzweiflung in seinem Blick, dann einen Schatten von Wut. Sehnte er sich etwa danach, ihr zu antworten, aber wurde durch irgendetwas oder irgendwen daran gehindert? Warum? Wieso?
    Seine Anspannung wurde immer sichtbarer, er bebte wie eine viel zu fest gespannte Sehne, und dann geschah das, was sie befürchtet hatte. Kjell warf sich herum, hechtete ins Wasser und verschwand. Spurlos, ohne wieder aufzutauchen. Das Meer verschluckte ihn, als sei er ein Fisch und kein Mensch. Der makellose Spiegel der See verhöhnte sie, verspottete ihren Verstand und goss Öl in das Feuer ihrer Fantasie. Wie konnte dieser Kerl es nur wagen, etwas zu tun, was unmöglich war? Wie konnte er sich die Ungeheuerlichkeit herausnehmen, so auszusehen, wie er aussah?
    „Ich finde es heraus“, drohte sie dem Wasser. „Ich schwöre es dir. Früher oder später komme ich dahinter.“
    In tiefer

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