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Die Seelen im Feuer: Historischer Roman (German Edition)

Die Seelen im Feuer: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Seelen im Feuer: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Weigand
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werden nicht mehr aufhören, im Gegenteil, es wird noch ärger. Irgendwann wird der Stein den Blasenausgang verstopfen, spätestens dann bleibt nur noch das Messer. Wenn nicht vorher das Fieber aufsteigt und die Ausscheidungsorgane versagen, was vermutlich in den nächsten Tagen geschehen wird. Dann wird der Körper langsam vergiftet, und es bleibt nur noch ein qualvoller Tod. Eminenz«, er wandte sich an den Fürstbischof, der das Gespräch mit Schweißperlen auf der Stirn verfolgt hatte. »Ich kann die Operation sofort durchführen. Und ich bin überzeugt, dass die Wunde heilen wird, ohne dass sich eine Urinfistel entwickelt. Es gibt da eine neue Methode … «
    Der Fürstbischof war vor Angst noch bleicher geworden. »Gnädiger Herr Jesus, also habe ich keine Wahl, das meint Ihr doch, oder?« Und mit dünner Stimme fügte er hinzu. »Aber was ist mit … Ich will hinterher noch ein richtiger Mann sein!« Der Gedanke, die Vorzüge seiner jungen Mätresse nicht mehr genießen zu können, machte ihm beinahe noch mehr Angst als die Operation.
    »Ich verspreche Euch, dass der Steinschnitt, wie ich ihn durchführe, keine Auswirkung auf die Potenz haben wird.«
    Dornheim krümmte sich wieder. »Wie kommt es, dass Ihr selber schneiden könnt? Ihr seid doch studierter Physikus?«
    Cornelius nickte. »Ja, aber ich habe in Padua und Prag auch die Anatomie studiert. Und ich war außerdem bei einem Wundarzt in der Lehre. Es gibt neue Instrumente, mit denen die Operation besser durchgeführt werden kann als noch vor einigen Jahren. Ich habe sie schon mehrfach erprobt. Aber natürlich, wenn Ihr lieber warten wollt, bis Euer Leibarzt zurück ist oder ein Wundarzt herbeigeholt … «
    Der Fürstbischof stöhnte. »Wie lange gebt Ihr mir, wenn ich warte?«
    Die beiden Ärzte sahen sich an. »Vielleicht eine Woche, Eminenz«, antwortete Eberlein, »bevor es kritisch wird. Und bedenkt, wenn die Entzündung zu weit fortgeschritten ist, dann kann kein Schnitt und auch keine Arznei mehr helfen.«
    »Garantiert Ihr mir einen guten Ausgang, Doktor Weinmann?«
    »Meiner Erfahrung nach könnt Ihr wieder ganz gesund werden«, meinte Cornelius vorsichtig. »Aber: Der Arzt behandelt, und Gott heilt, so sagt man doch?«
    Dornheim grunzte. »Nur, wenn der Arzt gut ist, dann tut sich Gott leichter mit dem Heilen, hm?« Er küsste sein Kruzifix, rang sich ein verkniffenes Lächeln ab und sah die beiden Doktoren an.
    »Also gut. Ich vertraue Euch und dem Allmächtigen. Er wird mir wohl beistehen, daran glaube ich mit aller Gewisslichkeit, laus deo in aeternum.« Der Fürstbischof tat einen tiefen Atemzug und deutete mit spitzem Finger auf Cornelius. »Aber wenn Ihr es versaut, dann gnade Euch Gott.«
    Cornelius wandte sich zur Tür. »Ich hole mein Schneidzeug. Lasst derweil einen großen Tisch herbeitragen, Schüsseln und Leintücher. Und lasst die Fenster öffnen. Wir brauchen Licht und frische Luft.«

    Eine Stunde später war alles bereit. Der Operationstisch stand vor der Fensterfront und der Fürstbischof hockte darauf, nackt bis auf ein kurzes Leinenhemd und das schwarze Kruzifix, das man ihm an einer Goldkette um den Hals gelegt hatte. Mit dem Rücken lehnte er gegen einen Diener, der ihn mit den Armen umfangen hielt. Er hatte die Beine weit gespreizt; zwei weitere Diener standen links und rechts von ihm und hielten ihn an Knien und Knöcheln. Ein fest zugebundenes Leintuch um den Unterbauch sorgte dafür, dass die Blase tief ins kleine Becken gedrückt wurde.
    Cornelius hatte die Hände und auch seine Instrumente in Essigwasser gewaschen. Er arbeitete mit der »großen Gerätschaft«, das waren Skalpell, eine dünne Rinnensonde, die Spreizzange, der rundmaulige Steinlöffel, den man auch Höcklin nannte, und ein scherenartiges Schraubzeug zum Zerbrechen großer Steine. Alles lag auf einem niedrigen Tischchen bereit.
    »Ich werde weder Nerven, Adern oder Muskeln dauerhaft verletzen«, beruhigte Cornelius den Fürstbischof. Dornheim fing an, laut zu beten. Dann führte Cornelius die Rinnensonde vorsichtig durch die Harnröhre ein, bis sie tief in die Blase vordrang. Er tastete nach dem Stein und versuchte, ihn nach unten zu drücken. Der Bischof hielt mit seinem Singsang inne und versteifte sich vor Schmerz. Dann steckte ihm jemand schnell ein stoffumwickeltes Stück Lindenholz zwischen die Zähne, und er biss zu.
    »Jetzt gut festhalten, Männer.« Cornelius nahm das Skalpell und machte einen entschlossenen, schnellen Schnitt durch den

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