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Die Seelen im Feuer: Historischer Roman (German Edition)

Die Seelen im Feuer: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Seelen im Feuer: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Weigand
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Arztumhangs und zog einen Zettel hervor. »Ist dein Vater da? Ich bräuchte nämlich eine besondere Medizin … «
    »Ich mach das schon.« Johanna lugte nach dem Zettel. »Lass sehen: Nitrium. Setzt Schweiß und Harn in Bewegung und dämpft die unnatürliche Hitze. Dann Rainfarn. Harntreibend. Safran gegen Blasenschmerzen. Und Behenwurzel. Hm, du hast also einen Patienten mit einem Blasen- oder Steinleiden?«
    Cornelius war überrascht. »Woher weißt du so gut Bescheid?«
    Sie gab ihm den Zettel zurück. »Ei, ich bin schon seit Jahren Vaters rechte Hand in der Apotheke. Bis der Toni so weit ist, dass er als Lehrling eintreten kann, muss halt die älteste Schwester herhalten … Sag, wer ist denn krank?«
    Er setzte eine betont gleichgültige Miene auf. »Oh, nur der Fürstbischof. Ich hab ihn heute früh von einem Blasenstein befreit.«
    »Witzbold!« Sie kicherte.
    »Nein, es stimmt wirklich.« Jetzt schwang doch etwas Stolz in Cornelius’ Stimme. »Es war höchste Zeit für einen Steinschnitt, er hatte schwere Koliken. Hast du denn alles da?«
    Sie nickte. »Natürlich. Brauchst du für die Sitzbäder rote oder weiße Behenwurzel?«
    »Ja, eigentlich … «
    »Weißt du, die rote ist männlich und greift stärker an, die weiße ist weiblich und sanfter – ich gebe sie meist für Kinder oder alte Leute her. Aber vielleicht willst du unseren hohen Herrn ja mit einem milden Mittel behandeln?«
    »Gib mir die rote, ein halbes Apothekerpfund.«
    »Hast du außerdem an Steinsamen gedacht?«
    »Äh … « Da hatte sie ihn ja schön erwischt!
    »Lithospermum officinale, schau her.« Sie schüttete aus einer Spanschachtel weiße Körnchen auf ihre Hand. »Sie sind süß und lassen sich mit Wein vermischt leicht einnehmen. Wer zu Steinbildung neigt, sollte sie regelmäßig nehmen, sie verhindern das Zusammenbacken des Blasengrieses.«
    Cornelius staunte nicht schlecht. Dieses Mädchen wusste mehr über Kräutermedizin als er selbst. Aber schließlich konnte er sich keine Blöße geben. »Natürlich, Steinsamen, die hab ich nur vergessen aufzuschreiben. Gib mir ein dreiviertel Pfund, fürs Erste. Und außerdem brauche ich noch Himbeerwasser gegen das Fieber – Aqua rubi idaei, ein Nönnchen voll.«
    Johanna füllte ein kleines bauchiges Fläschchen mit dem Verlangten. Dann packte sie die verschiedenen Heilkräuter in kleine Säckchen. Cornelius musterte sie dabei aufmerksam. Recht erwachsen war sie geworden, die kleine Apothekerstochter, wenn auch nicht mit sehr üppigen Rundungen, ihre Figur war eher zart und jungenhaft. Ihre Stimme klang dunkler als früher, und ihre früher ungelenken Bewegungen waren jetzt weich und weiblich. Die Stupsnase allerdings, dachte er amüsiert, die ist ihr geblieben. Und die Sommersprossen, genau wie damals. Die Haare hatte sie zu zwei festen Zöpfen geflochten und um den Kopf geschlungen, aber über der Stirn und im Nacken ringelten sich ein paar widerspenstige Strähnen. Er lächelte. Schon als Kind hatte sie ihre Locken kaum bändigen können.
    Johanna spürte, dass er sie beobachtete, und es machte sie unsicher. Sie beeilte sich mit dem Zubinden der Kräutersäckchen.
    »So.« Sie schob alles über den Rezepturentisch zu Cornelius hin. »Möchtest du’s gleich bezahlen?«
    »Schreib’s an. Ich denke, wir werden in Zukunft noch öfter Geschäfte miteinander machen, oder? Dann zahle ich einmal in der Woche, das hat schon mein Vater so gehalten.«
    Sie nickte. »Das mit deinem Vater tut mir leid. Er war ein feiner Mensch und ein guter Arzt dazu. Deiner Mutter wird’s wohltun, dass du jetzt da bist.«
    »Ja, sie trauert arg. Dank dir für dein Mitgefühl.« Er drückte ihr die Hand, die sie ihm verlegen schnell wieder entzog. »Ja, dann geh ich jetzt wohl. Grüß deine Familie von mir.«
    Er steckte die Arzneien in einen ledernen Beutel und trat auf die Gasse hinaus.
    Johanna sah ihm eine Zeitlang nach, wie er in Richtung Grüner Markt davonging. Dann warf sie eine Handvoll Eisenhutknollen in den großen Standmörser und begann, sie mit dem schweren Messingstößel zu zerkleinern.
    Dorothea steckte den Kopf zur Hintertür der Offizin herein. »Sag, war das am Ende der junge Weinmann? Ich hab ihn vom Fenster im ersten Stock aus gesehen.«
    »Hm.« Johanna stampfte weiter.
    »Der ist ja ein schönes Mannsbild geworden, Donnerwetter! Stand und Ansehen hat er auch, als Physikus. Und noch keine Frau! Da werden sich wohl einige Bürgerstöchter demnächst ein paar Krankheiten zulegen … «

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