Die Seelenjägerin - 1
Aufnahme zu finden, würde es wagen, diesen Mann zu betrügen.
Mehr sah er nicht, denn als er aus dem Sattel steigen wollte, drohten ihn die Kräfte zu verlassen. Auf dem Boden angekommen, taumelte er und musste sich kurz gegen die Flanke des Pferdes lehnen, um wieder zu Atem zu kommen, bevor er weitergehen konnte.
Sei nicht undankbar , ermahnte er sich. Du hast auf dem Ritt nicht das Bewusstsein verloren. Du hast noch genügend Kraft, um aufrecht zu stehen. Und du hast dich auf Streife so gut gehalten, dass die anderen nicht wissen, was für ein bedauernswerter Krüppel du tatsächlich bist.
Irgendwie schaffte er es, sein Pferd in den Stall zu führen, obwohl seine Füße so gefühllos waren, dass er mehrmals stolperte. Ein Mann erwähnte, im Haupthaus würde bald das Essen aufgetragen. Ein anderer riet ihm, sich im Kasernengebäude ein Nachtlager zu suchen. Doch das rauschte alles an ihm vorbei.
Dann sah er sie , und sein störrischer Aurelius-Stolz half ihm, sich für einen Moment lang so weit aufzurichten, dass er halbwegs den Anschein eines gesunden, kräftigen jungen Mannes vermittelte.
»Die Hitze hat wohl nachgelassen.« Ihr Lächeln war voller Schatten und Geheimnisse.
»Manche Hitze lässt niemals nach«, gab er zurück und schenkte ihr ein Lächeln, von dem er hoffte, dass es ebenso rätselhaft wäre, bis sie im Haupthaus verschwunden war … dann wäre er einfach umgefallen, hätte ihn nicht ein vorüberkommender Durbaner am Arm gepackt und festgehalten.
»Stehst wohl auf Knaben?« Der Bewacher grinste. Seine Zähne blitzten durch die Dämmerung; sein Atem verströmte den süßlichen Duft der Sardowurzel. »Oder nur auf Hexer?«
Bevor Andovan sich fassen und zu einer Antwort aufraffen konnte, klopfte ein zweiter Bewacher dem ersten auf die Schulter. »Was geht’s dich an? Wie ich höre, treibt’s dein Vater mit Schweinen.«
»Und deine Mutter säugt sie.«
»Es geht mir gut«, behauptete Andovan. »Wirklich.«
Der Schwarze schnaubte. »Wer lügt, wird von den Dämonen gefressen, S’maar. Du siehst aus wie der leibhaftige Tod. Ich rate dir, leg dich eine Stunde aufs Ohr. So lange dauert es mindestens noch, bis das Essen fertig ist.«
Er wollte sagen, er hätte andere Pläne. Er wolle einer Frau folgen. Ihr Koseworte ins Ohr flüstern. Eine stille Ecke suchen, wo er in aller Ruhe mit ihr reden könne, ohne dass die halbe Karawane herumstünde und lauschte und ihre derben Scherze machte.
Doch er bekam schon Kopfschmerzen, wenn er nur daran dachte. Der Mann hatte recht. Er brauchte erst ein wenig Ruhe. Eine Stunde Schlaf, und alles wäre wieder gut.
Irgendwie fand er seinen Schlafplatz. Jemand hatte ihm einen durchgelegenen Strohsack reserviert. Er legte sich hin, schloss die Augen und überließ sich der Erschöpfung.
Später am Abend weckte ihn einer der schwarzen Männer und brachte ihm zu essen und zu trinken. Er erkannte im Dunkeln nicht, welcher es war, aber er war ihm dankbar.
Seltsame Träume quälten ihn. Er stand nackt mitten unter den Männern der Karawane, aber keiner schien seine Nacktheit zu bemerken, und er war aus irgendeinem Grunde darüber erfreut.
Er schlief durch bis zum nächsten Morgen.
Sie brachen früh auf. Es war trüb und feucht. Ein feiner Nebel hing in der Luft und durchnässte alles, was nicht abgedeckt war. Kamala war darauf gefasst, dass Netando von ihr verlangte, ihn zu vertreiben. Das hätte sie in die peinliche Lage gebracht, ihm gleich die erste Bitte abschlagen zu müssen. Sie hatte bei Aethanus einen gesunden Respekt vor den langfristigen Auswirkungen aller Wetterveränderungen gelernt, außerdem wäre keine echte Hexe bereit gewesen, ihre Energien zu vergeuden, um Regen zu vertreiben, nur um das Reisen angenehmer zu machen. Offenbar war das auch Netando klar, denn obwohl er vielsagende Blicke auf die trostlose Landschaft warf und dann sie ansah, wie um ihr Gelegenheit zu geben, ihre Dienste von sich aus anzubieten, sagte er nichts.
Bei diesem Wetter hatten Kundschafter und Bewacher nicht die beste Sicht, deshalb setzte sich Kamala lieber neben den Fahrer, anstatt ins Innere von Netandos Kutsche, wo es trocken war. Sie hätte veranlassen können, dass der Regen nur um die Kutsche herum fiel und sie und den Fahrer verschonte, aber auch dafür hätte keine echte Hexe ihre Macht verschwendet. So begnügte sie sich damit, ihren Wollmantel trockenzuhalten, ein unauffälliger Zauber, der nur sehr wenig Energie erforderte, zog sich die Kapuze tief ins
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