Die Seelenjägerin - 1
Körper«, murmelte Lazaroth. »Ein Magister zehrt die Seele auf. Jede kleine Hexe, die diesen Namen verdient, wird den Unterschied erkennen – wenn man ihr genügend Anreize gibt, danach zu suchen.«
»Und was folgt daraus?«, fragte Colivar und musste lächeln. »Tötet den Prinzen, und das Problem ist gelöst.« Er warf einen vielsagenden Blick auf die Fenster, hinter denen es bereits dämmerte. »Sogar noch vor dem Abendessen.«
»Das kommt nicht in Frage.«
»Wieso nicht?« Colivars schwarze Augen wurden schmal. »Weil Danton ihn noch braucht? Weil das Reich ihn nicht entbehren kann? Das sind sehr politische Überlegungen für einen Magister, Ramirus.«
Ramirus sah ihn böse an. »Gilt das für deinen Vorschlag nicht auch? Wie hoch ist die Belohnung, wenn du deinem königlichen Herrn die Nachricht von Andovans Tod bringst, Colivar? Besonders, wenn du ihm sagen kannst, du wärst dafür verantwortlich?«
»Herrschaften!« Das war Kellam. »Nichts für ungut, aber es geht doch um unser aller Überleben, nicht wahr? Aus dieser Sicht kümmert es mich keinen Rattenpimmel, wer auf welchem Thron sitzt und wie viele Söhne er hat.« Er wandte sich an Ramirus. »Colivar mag unbequem sein, Ramirus, aber das heißt nicht, dass er unrecht hätte. Sag uns, warum der Junge nicht sterben darf. Und im Übrigen halte ich ein Abendessen für eine großartige Idee. Die meisten von uns sind seit Tagesanbruch unterwegs.«
Ramirus sah ihn empört an, ließ sich aber doch herbei, nach dem Klingelzug neben der Feuerstelle zu greifen. An den Gesetzen der Gastfreundschaft kam man nicht vorbei. Er wartete, bis leise und zaghaft an die schwere Eichentür geklopft wurde, und rief: »Herein«. Daraufhin erschien ein junger Bursche, der sich sichtlich scheute, das Reich des Magisters zu betreten.
»Einen kalten Imbiss für meine Gäste«, befahl Ramirus. »Lass die Glocke läuten, wenn alles bereit ist.« Er zog eine Augenbraue hoch und sah Colivar an, als zweifle er, ob dieser sich tatsächlich auf die einheimische Kost oder die hiesige Dienerschaft einlassen wollte. Doch der Anchasaner nahm das Angebot mit einer artigen Verneigung und einem spöttischen Lächeln an. Seine Haltung verriet sogar eine Spur von Arroganz, als wollte er Ramirus provozieren, seine Gastgeberpflichten zu verletzen, um ihn dann auf frischer Tat zu ertappen.
Übertreibe es nicht, wenn dir dein Leben lieb ist , dachte Ramirus. Wenn du mich zu sehr reizt, kann ich mich vielleicht nicht mehr beherrschen.
Er wartete, bis die Tür wieder ins Schloss gefallen war und die Schritte des Jungen verklangen, bevor er abermals das Wort ergriff.
»Wir stehen vor folgendem Dilemma«, sagte er ruhig. »Wenn wir zu diesem Zeitpunkt, ob offen oder im Verborgenen, gegen den Jungen vorgehen, ist die Gefahr der Entdeckung groß. Danton hat bereits Hexen und Hexer in seine Dienste genommen, die nicht alle völlig unfähig sind. Wie schwierig wäre es denn, einen solchen Angriff zurückzuverfolgen? Von uns wäre jeder dazu imstande. Man muss damit rechnen, dass das auch für die eine oder andere Hexe gilt.«
Colivar zuckte die Achseln. »Dann tötet man eben die Hexen.«
Ramirus’ Augen blitzten. »Etwas Besseres fällt dir nicht ein? Müssen denn alle sterben?«
»Magister. Magister!« Das war Del. »Was ist das für ein Benehmen?« Er wandte sich an Colivar. »So spricht man nicht, wenn man zu Gast ist, Bruder.«
»Der Süden kennt keine Manieren«, murrte Ramirus.
»Und du. « Del wandte sich dem Königlichen Magister zu, und seine Augen wurden schmal. »Du hast die Sache viel zu lange schleifen lassen. Dieses Treffen hätte stattfinden müssen, bevor Danton die Hexen und Hexer ins Spiel brachte. Dann hätten wir einen Unfall vortäuschen und den Jungen töten können, ohne dass allzu viel Unruhe entstanden wäre. Jetzt …« Wieder sah er erst Colivar, dann Ramirus an. »Jetzt ist alles … viel schwieriger geworden.«
»Genau«, nickte Colivar. Seine schwarzen Augen funkelten im Schein der Lampen.
»Ich will euch etwas sagen«, begann Fadir. Er war ein kräftiger Mann mit breiten Schultern und schwellenden Muskeln; Colivar überlegte nicht zum ersten Mal, ob er womöglich Soldat gewesen war, bevor er die Macht für sich entdeckte.
»In meinem Land wäre es nie so weit gekommen. In meinem Land vergesse ich nie, dass wir auf einem schmalen Grat wandeln, von dem wir nicht abweichen dürfen. Wer die Geheimnisse der Magister gefährdet, muss sterben. So lautet das
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