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Die Seelenjägerin - 1

Die Seelenjägerin - 1

Titel: Die Seelenjägerin - 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Celia Friedman
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Macht, ein Band so stark, dass kein Mensch, kein Gott es jemals wieder zu zerreißen vermag.
    Sie hat gesiegt, er weiß es noch vor ihr. Er weiß es, weil er andere Schüler an diesem Punkt hat sterben sehen, ausgebrannt an der Schwelle zur Unsterblichkeit. Bei ihnen waren in der eigenen Seele die letzten Funken erloschen, bevor es ihnen gelang, die neue Kraft an sich zu ziehen, und der Tod hatte sie unter grässlichen Schreien ins Vergessen gestürzt. Bei ihr … bricht nun das Eis in den Adern … das Herz, das fast erdrückt war, beginnt zaghaft wieder zu schlagen … erlösende Wärme strömt in ihre Lungen, als sie, unter der Last der Todesangst dem Ersticken nahe, abermals Atem holt. Er weiß es vor ihr, weil er die Zeichen kennt. Sie … sie weiß nur, dass jetzt das Wissen um diese fremde Macht in ihr pulsiert wie ein zweiter Herzschlag, und dass es ihrem Körper mit jedem Atemzug leichter fällt, daraus neue Kräfte zu schöpfen.
    Als sie endlich begreift, dass sie es tatsächlich geschafft hat, und sicher sein kann, dass der Erfolg von Dauer ist, sieht sie ihn an. Ihre Augen füllen sich mit Tränen, mit roten Tränen, denn die Anstrengung hat ihr das Blut aus den Gefäßen gepresst. Wie passend , denkt er. Auch ihm waren die Tränen gekommen, aber er hat sie weggewischt, bevor sie sie sehen konnte. Sie soll gar nicht erst darüber nachdenken, durch welche Gefühle sie hervorgerufen worden sein mögen.
    »Ich lebe«, sagt sie, und in den zwei Worten stecken tausend ungesagte Dinge. Tausend Fragen.
    »Ja«, erwidert er. Und hat damit alles beantwortet.
    »Ich bin ein … Magister?«
    Er betrachtet sie lange. Liebt sie mit einer Inbrunst, mit der er nie gerechnet hätte. Dies ist das letzte Mal, dass du sie im Stande der Unschuld sehen darfst , sagt er bei sich, denn gleich wirst du diese Unschuld für immer zerstören.
    »Du kannst die Macht gebrauchen, wie immer du willst«, erklärt er ihr ruhig, »für jeden beliebigen Zweck. Du wirst nicht sterben. Du hast gelernt, dein Athra von anderswo zu beziehen, aus anderen Quellen. Das wird nun immer so bleiben. Wenn eine Quelle versiegt, wirst du eine neue finden. Das gelingt jedem Magister, der mit allen Fasern seines Herzens zu leben begehrt.«
    »Und?«, fragt sie. »Wo ist der Haken? Ihr habt von einer Prüfung gesprochen. Ist sie schon vorüber?«
    Wieder sieht er sie lange an. Er will ihr Bild in seinem Geist bewahren, so wie sie jetzt ist, bevor sie die Wahrheit erfährt und von ihr verändert wird. Bevor sie sich infolge ihres Geschlechts in eine Sagengestalt verwandelt. Und infolge ihrer Entscheidung in ein Geschöpf der Finsternis.
    »Nur eine Lektion musst du noch lernen«, sagt er. »Es ist die letzte.«
    Sie wartet.
    »Folgendes musst du begreifen, Kamala: Es gibt im ganzen Universum keine Athra-Quellen, aus denen du schöpfen könntest, außer den Seelen lebender Menschen.«
    Hoch über ihnen ziehen Wolken über das Antlitz des Mondes. Auf der Lichtung wird es dunkel und still.
    »Jetzt«, sagt er, »bist du wirklich ein Magister.«

Kapitel 5
    »Nun denn«, sagte Ramirus. Seine Stimme hallte durch den riesigen Saal wie ein Geisterschrei durch eine Krypta. »Prinz Andovan ist todkrank. Und schuld daran ist ein Magister.« Er machte eine weit ausholende Gebärde, die den Raum, alle Anwesenden und den Grund ihres Hierseins einschloss. »Jetzt seht ihr, warum ich euch gerufen habe.«
    Magister Del räusperte sich; es mochte aber auch ein höhnisches Lachen sein. »Ich sehe zwar, dass die Götter deinem königlichen Patron einen bösen Streich gespielt haben, Ramirus. Aber ich begreife nicht, was dich daran so überrascht? Die Translatio schert sich den Teufel um Rasse, Alter oder Stand. Dass früher oder später ein Mitglied einer königlichen Familie betroffen sein würde, war zu erwarten. Mich erstaunt nur, dass es nicht schon längst dazu kam.«
    »Du hast keine Ahnung«, grollte Ramirus. Es klang wie das Knurren eines Wolfs.
    Colivar fiel es schwer, ein Lächeln zu unterdrücken. Die Sache war ernst, gewiss, dennoch beobachtete er mit Vergnügen, wie der Königliche Magister seines Feindes vor so vielen Zeugen gedemütigt wurde. Eine kleine Entschädigung für die lange, staubige Reise. »Wenn es gestattet ist …« Er wartete artig wie ein Höfling, bis Ramirus ihm zunickte. »Es geht hier nicht darum, ob Andovan stirbt, was keinen von uns wirklich kümmert, oder ob irgendein Prinz aus Dantons Reich stirbt – was die meisten von uns nicht

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