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Die Seelenjägerin

Die Seelenjägerin

Titel: Die Seelenjägerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Celia Friedman
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Strömen ihres Athra bis an ihren Ursprung in den Tiefen ihrer Seele und suchte nach jenem inneren Feuer, das sowohl das Leben wie die Magie speiste. Dieses Feuer war das Einzige, was kein Magister schüren oder neu entfachen konnte. Wie bei allen anderen Lebewesen würde es mit der Zeit immer schwächer werden und schließlich erlöschen.
    Als er es endlich gefunden hatte, überlief ihn ein kalter Schauer. Er hatte das Feuer ihrer Seele als lodernden Hochofen in Erinnerung, doch es war deutlich ruhiger und matter geworden. Was das bedeutete, war so offensichtlich, dass noch die unerfahrenste Hexe es erkannt hätte.
    Ihr Leben näherte sich seinem Ende.
    Wie lange würde es dauern, bis ihr auffiel, dass etwas nicht stimmte, bis sie in sich ging und nach der Ursache forschte? Noch blieben ihr einige Jahre – vielleicht ein Jahrzehnt, wenn er und die anderen sie bei guter Gesundheit erhielten –, aber letztlich ließe sich nicht mehr verleugnen, dass sie dem gleichen Gesetz unterworfen war wie alle Lebewesen. Ihre Lebensflamme würde flackern und schwächer werden, und dann könnte die Heilkunst aller Magister sie nicht mehr retten.
    Was wirst du tun, wenn du begreifst, dass du sterben musst? Wirst du dich in das Unvermeidliche fügen, um in Würde abzutreten, wie es keinem Moratus und keiner wahren Hexe erspart bleibt? Wirst du mit den Göttern hadern, die dich zur Frau machten und dir damit die Rettung verwehrten? Oder wirst du vielleicht die Magister verfluchen, die dir mit ihrer Magie nicht mehr helfen konnten?
    So oder so wäre es das Ende einer Ära, dachte er nüchtern, einer Ära, der er nachtrauern würde.
    Er legte sich wieder neben sie, spürte ihre vielen dünnen Zöpfchen an seiner Wange und bemühte sich, so weit Ruhe zu finden, dass ihn der Meereswind wieder in den Schlaf wiegen konnte.

Kapitel 24
    Kamala stahl Kleidungsstücke.
    Eigentlich hatte sie das nicht nötig. Wenn sie sich etwas herbeigezaubert hätte, um ihre Blöße zu bedecken, hätte ihr das ebenso gute Dienste geleistet wie der grobe Wollkittel, den sie an einer Wäscheleine fand. Aber das tat sie nicht.
    Die Rolle der Diebin war ihr vertraut, sie fühlte sich wohl darin, und gerade das galt derzeit für die Rolle der Zauberin nicht. Der Tod des Magisters mit dem Narbengesicht verfolgte sie noch immer. Im wirklichen Leben hatte sie ihm bei seinem Sturz nicht in die Augen gesehen, in ihren Träumen tat sie das jedoch wieder und wieder. Sie sah sie schwarz werden vor Entsetzen, als er spürte, wie ihm die Macht genau in dem Augenblick entglitt, als er sie am dringendsten gebraucht hätte. Als ihn die Translatio plötzlich hilflos machte. Seine Verzweiflung war so greifbar, dass sie den Geschmack auf der Zunge spürte …
    Dann schlug er auf dem Boden auf.
    Wie schon so oft.
    Und sie erwachte schaudernd.
    Der Preis für einen Diebstahl war nicht so hoch. Nicht, wenn sie vorsichtig war. Nach all den Jahren bei Aethanus war sie natürlich ein wenig aus der Übung, aber es hieß, ein Pferd zu stehlen verlerne man ebenso wenig, wie eines zu reiten. Auf jeden Fall war es ein Kinderspiel, im Schutz der Dunkelheit unter Wäscheleinen herumzuschleichen, und sie verschaffte sich auf diese Weise rasch die wichtigsten Bestandteile einer bäuerlichen Tracht. Natürlich war es die Tracht eines Bauernjungen. Sie wollte sich als Frau allein auf der Straße – oder wo auch immer – keinen weiteren Ärger einhandeln.
    Sie riss ein Hemd in Streifen, wickelte sich diese vor dem Ankleiden um den Oberkörper, um die Brüste flach zu drücken, und versteckte das ungebärdige rote Haar unter einer Mütze. Nun sah sie aus wie ein unscheinbarer junger Mann ohne Arbeit und Geld in geflickten, abgetragenen Sachen. Sie fand sogar ein Messer, das jemand in einen Baumstumpf gestoßen hatte, um es am nächsten Tag griffbereit zu haben, und entführte einen Laib Brot, der zum Abkühlen auf einer Fensterbank lag. Das Brot war erstaunlich sättigend und mundete ihr besser als all die erlesenen Leckereien, die man ihr im Savresi-Turm vorgesetzt hatte. Schlichte Kost, ehrlich geknetet, ehrlich gebacken … und ehrlich gestohlen.
    Auf Magie verzichtete sie. Vollständig. Schon der Gedanke daran jagte ihr kalte Schauer über den Rücken, wusste sie doch, dass jeder Zauber sie in die Finsternis stürzen konnte und sie des Todes wäre, wenn sie keinen neuen Konjunkten fände. Aethanus hatte ihr versichert, sie dürfe nach der ersten Translatio darauf vertrauen, dass ihr das

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