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Die Seelenjägerin

Die Seelenjägerin

Titel: Die Seelenjägerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Celia Friedman
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angenehme Wärme. Als die Frau die Tür schloss, stiegen den Männern Küchendüfte in die Nase: Muskatnuss, Zimt, frisches Brot. »Ihr habt doch hoffentlich noch nicht lange gewartet? Ich könnte mir nie verzeihen, wenn ich einen Magister warten ließe.« Sie wandte sich betont an Sula und tat so, als sei Colivar so lange nicht da, bis er ihr vorgestellt würde. Offenbar war das hier der Brauch, überlegte der Magister. Dennoch war ihre Neugier nicht zu übersehen, die strahlend blauen Augen inmitten der Fältchen, die das Alter und die schwere Arbeit in ihre Haut gegraben hatten, huschten immer wieder verstohlen zu dem Besucher mit dem schwarzen Haar.
    »Gar nicht lange, Mutter.« Sula sprach das Wort wie einen Titel aus, und Colivar nahm es zur Kenntnis. »Wir stören doch hoffentlich nicht?«
    »Keineswegs, wie könntet Ihr mich stören!« Wieder ein Blick auf Colivar. »Das Brot kommt gleich aus dem Ofen, wenn Ihr etwas essen wollt … Ihr und Euer Gast …«
    Sula nickte. »Colivar, Königlicher Magister von Anchasa.«
    Die Frau machte große Augen. »Du meine Güte, welche … Ehre. Wollt Ihr das Brot mit mir brechen? Mein Mann ist draußen bei der Arbeit, sonst würde ich ihn rufen, und die Kinder sind alle irgendwo unterwegs … was kann ich für zwei so vornehme Gäste tun? Bitte verzeiht die elende Behausung, ich habe nicht einmal den Tisch für Euch gedeckt …« Die Sorgenfältchen um die Augen vertieften sich. »Magister Sula, wie könnt Ihr mir unangemeldet einen so hohen Gast ins Haus bringen?«
    Der blonde Magister lächelte. Er musste sich dazu zwingen, obwohl sein Blick echte Wärme verriet; was immer ihn bewogen hatte, Colivar hierherzuholen, eine freundschaftliche Unterhaltung war es nicht. »Das Haus ist uns gut genug, Mutter Tally, und wir sind nicht zum Essen gekommen.« Er warf einen Blick auf die geschlossenen Türen zu den hinteren Räumen. »Ich würde Magister Colivar gern den Jungen zeigen, wenn es recht ist.«
    Die Farbe und das Lächeln wichen aus dem Gesicht der Frau. Sie fasste sich schnell und zwang das Lächeln an seinen Platz zurück, aber die Blässe blieb. »Natürlich, Ihr edlen Herren, gewiss doch. Was immer Ihr wünscht.« Sie nestelte mit mehlbestäubten Händen an ihrer Schürze und zog schließlich aus unergründlichen Tiefen einen Schlüssel hervor. »Vielleicht könnt Ihr etwas für den Jungen tun – wir haben uns redlich bemüht, die Götter sind mein Zeuge. Immer und immer wieder, nicht nur ich, sondern auch mein Mann, und dabei ist Geduld nun wahrhaftig nicht seine Stärke …«
    Colivar merkte, dass sie dabei war, sich in Selbstgespräche zu verlieren, und schwieg. Sie ging voran zu einer schmalen Tür an der Rückseite des Hauses. »Wir hätten ihn gerne oben untergebracht«, fuhr sie fort und drehte ungeschickt den Schlüssel im Schloss. »Aber er wollte immer wieder ausbrechen, und so hieß es unten oder im Schrank. Oder ein eigenes Zimmer ohne Fenster für ihn allein, aber da sagte mein Mann, nein, das ist zu viel für einen armen Irren …«
    Die Tür schwang auf. Dahinter führten mehrere Stufen in die Tiefe. Unten flackerte ein schwaches Licht, nicht freundlich, aber doch so hell, dass man sich zurechtfinden konnte. Es roch nach feuchter Erde, aber nicht modrig; was immer sich in diesem Keller befand, wurde sauber gehalten. Noch etwas schwebte herauf, Colivar erkannte nicht gleich, was es war. Ein Menschengeruch, der gewöhnlich von anderen Dingen überdeckt wurde, hier aber klar und deutlich aus den Tiefen emporstieg.
    Angst.
    Er warf einen Blick auf Sula, der nickte ihm grimmig zu und stieg als Erster hinab. Colivar folgte. Die Frau murmelte, sie würde auch mitkommen, aber der Brotteig sei gerade aufgegangen und sie müsse sich um den Ofen kümmern … Colivar merkte, dass auch sie sich fürchtete, nur verriet sich die Angst bei ihr nicht durch den Geruch, sondern durch die Stimme.
    »Gefahr?«, fragte er in Sulas Muttersprache, die man hier sicher nicht verstehen würde.
    »Nicht für uns.« Der blonde Magister holte hörbar Luft. »Jedenfalls noch nicht.«
    Die Treppe mündete in einen Raum von unregelmäßiger Form, der sich offenbar fast unter das ganze Haus erstreckte. An mehreren Wänden waren Vorräte aufgestapelt, die früher überall verteilt gewesen waren – wie die Staubmuster auf dem Boden verrieten. Jetzt hatte man in einer Ecke die Kisten, Säcke und Werkzeugborde beiseite geschoben und einen kleinen quadratischen Bereich kaum größer

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