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Die Seelenjägerin

Die Seelenjägerin

Titel: Die Seelenjägerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Celia Friedman
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reizte er sie nur mit Anspielungen und verdeckten Hinweisen wie eine Dogge, die man mit frischem Fleisch lockte, um zu sehen, ob sie zubeißen würde?
    Endlich hatten sie auch das Ende der Dienstbotengänge erreicht, und Andovan hatte sie hinter einem Wandbehang hervor in einen weiten Saal geführt. Er war größer als der Gang, den sie eben verlassen hatten, aber kaum freundlicher. Sie waren gerade so weit vorgedrungen, dass sie nicht mehr zurückkonnten, als Andovan seine Warnung zischte. Und jetzt drückten sie sich in der flachen Nische an die Wand, wünschten sich, die Schatten wären tiefer und dunkler, als sie tatsächlich waren, und konnten nur den Atem anhalten und hoffen, dass ihnen das Schicksal gnädig wäre.
    Zwei Menschen kamen langsam durch den Saal auf ihr Versteck zu. Kamala konnte sie von ihrem Standort aus nicht sehen, aber sie hörte kultivierte Männerstimmen, die im Ton von Menschen, die über den Lauf der Welt bestimmen konnten, über politische Angelegenheiten sprechen. Also keine Wachen. Sie wagte nicht mehr zu atmen, aber die beiden gut gekleideten Adeligen gingen vorbei, ohne einen Blick auf die Nische zu werfen. Endlich bogen sie um eine Ecke, und ihre Stimmen verklangen. Kamala stieß einen Seufzer der Erleichterung aus und hörte auch Andovan aufatmen.
    Sie hatte Andovans Aussehen natürlich verändert, aber er war und blieb nun einmal ein Prinz, und wer ihn genauer ansah, würde ihn wahrscheinlich erkennen. Kamala hatte ihm das Haar so kurz geschoren, wie es die Wachen im Palast trugen, und mit einem Hauch gestohlener Macht die Farbe seines Haares – und auch seiner Wimpern und Brauen – zu einem dunklen Braun gedämpft, aber solange sie nicht mit einem großen Zauber die Knochenstruktur seines Gesichts veränderte, war die Wirkung eher oberflächlich. Er trug die Uniform der Garde, damit könnte er zwar an den Dienstboten vorbeikommen, wenn die ihn nur flüchtig ansahen, aber man musste davon ausgehen, dass sich die Wachsoldaten untereinander kannten, deshalb würde auch diese List ihren Zweck nur begrenzt erfüllen. Und sie konnte ihn – und sich – nicht in eine magische Tarnhülle kleiden, ohne Gefahr zu laufen, dass Kostas aufmerksam wurde. Sie konnten ihre Anwesenheit nur geheim halten, indem sie auf jeden Schutz verzichteten.
    Andovan schien jedoch in der Gefahr förmlich aufzublühen. Seine Schritte waren vollkommen lautlos. Wenn er in die Schatten zurückwich, um nicht gesehen zu werden, verhielt er sich so still, dass Kamala manchmal zweifelte, ob er überhaupt noch atmete. Er gebärdete sich wie ein Meuchelmörder, dachte sie. Als Jäger war er in seinem Element.
    Bist du ganz sicher, dass du mitkommen willst? , hatte sie ihn gefragt. Du kannst bei dem Treffen deiner Mutter mit Danton nicht zugegen sein, und wenn es erst begonnen hat, kannst du ihr auch nicht mehr helfen.
    Ich will ihr so nahe sein, dass ich eingreifen kann, wenn es Schwierigkeiten gibt , hatte er selbstbewusst erklärt. Und wenn es nötig ist, werde ich für Ablenkung sorgen, damit andere ihre Pflicht erfüllen können. Bei diesen Worten strahlte der Stolz hell aus seinen Augen, er war kein kranker Mann mehr, der nur die Stunden bis zum Tode zählte, sondern ein Prinz, der sich für die ihm anvertrauten Menschen einsetzte. Was für ein prachtvoller junger Mann musste er gewesen sein, bevor die Götter verfügten, dass er seine Tage als Futter für einen Magister beschließen sollte! Sie bedauerte nur flüchtig, dass sie nie Gelegenheit finden würde, ihn in seiner natürlichen Rolle zu erleben, doch selbst in diesen wenigen Sekunden wurde die Luft um sie plötzlich kalt, und ihre Lungen fühlten sich an wie von eisernen Bändern umschlossen. Eine Warnung. Sie schlug sich solche Überlegungen mit Mühe aus dem Kopf und konzentrierte sich auf die Gegenwart. Schon bald konnte sie wieder atmen.
    Hänge dich nicht an ihn. Bereue nichts. Denn die Reue führt zum Tod.
    Endlich erreichten sie einen kleinen Nebenraum abseits des großen Saals. Er hatte keine Tür, nur ein schmaler Durchgang führte hinein, und wenn sie in der hinteren Ecke blieben, wären sie für niemanden zu sehen, der außen vorbeiging. Näher konnten sie Gwynofar und Danton nicht kommen, erklärte Andovan, ohne von den Gardisten bemerkt zu werden, die den Großkönig gewöhnlich begleiteten.
    Er ging hinüber zu drei schmalen Fenstern, durch die man die umliegende Landschaft in Ausschnitten beobachten konnte. Sie war schwarz, ganz und gar

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