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Die Seelenjägerin

Die Seelenjägerin

Titel: Die Seelenjägerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Celia Friedman
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schwarz. Der Wind drehte ein wenig und trug den Geruch nach kalter Asche in den Raum. Andovans Augen wurden schmal vor Zorn. Auf einer Seite konnte man gerade noch die Vorberge sehen, aus denen sie gekommen waren, dort ragten schroffe Granitfelsen aus dem Boden, als wollten sie der Verwüstung entfliehen. Als dieses Land noch üppig grün war, mochte es schön gewesen sein, dachte Kamala, aber jetzt sah es aus, als könnten die Götter der Toten hier ihre Heimat gefunden haben.
    Sie war überrascht, als Andovan zu ihr kam und ihre Hände nahm. Er wartete, bis sie ihm in die Augen sah, dann sagte er leise: »Wenn ich in der nächsten Stunde handeln muss, dann nur, weil ich keine andere Wahl habe. Das bedeutet, Kostas wird erfahren, dass wir hier sind und was wir vorhaben … wir werden nichts mehr verbergen können.«
    Sie hörte die Frage hinter seinen Worten … eine Frage, die er nie offen gestellt hätte. »Wenn es dazu kommt, werde ich dir helfen«, versprach sie.
    Auch wenn du nicht weißt, was dich das kostet.
    Er nickte scheinbar befriedigt, setzte sich so, dass er vom Durchgang aus nicht gesehen werden konnte, und richtete sich auf eine längere Wartezeit ein.
    Rurick führte Gwynofar in den Saal, wo Danton wartete. Überall auf dem Korridor waren Wachen postiert, doch vor der Tür stand niemand. Das war ein gutes Zeichen, sagte sich die Königin. Wenn Danton in seinem Wahn befangen war, legte er Wert darauf, seine Garde in der Nähe zu haben.
    Drinnen beugten sich der König und einer seiner Schreiber über ein Hauptbuch und waren in ein Gespräch vertieft. Mehrere große Truhen standen im Saal, in einer Ecke stapelten sich ein halbes Dutzend aufgerollter und verschnürter Teppiche, und auf dem Tisch stand ein Kästchen, aus dem Perlenketten quollen.
    Danton hob den Kopf, als die Tür geöffnet wurde; sein Gesichtsausdruck verriet deutlich, dass er über die Störung nicht erfreut war. Doch als er sah, wer da kam, wurde sein Ärger von Überraschung verdrängt. Die Luft im Saal schien zu gefrieren, niemand wagte sich zu bewegen. Dann atmete Danton hörbar aus und nickte seinem Schreiber zu. »Du kannst gehen.«
    Der kleine Mann hastete so schnell hinaus, wie seine Würde es erlaubte. Danton sah Rurick mit schmalen Augen an und nickte auch ihm zu; sein Sohn und Erbe verneigte sich, verließ rückwärts gehend den Saal und schloss die großen Türen hinter sich.
    Kostas war tatsächlich nicht da, wie Gwynofar dankbar feststellte. Sie hatte nicht so recht daran geglaubt, bevor sie es selbst sah, aber jetzt löste sich einer der vielen Knoten in ihrem Magen.
    »Wie schön«, sagte Danton barsch. »Die königliche Einsiedlerin würdigt mich eines Besuches.«
    Sie erkannte, dass er sie reizen wollte, schlug respektvoll die Augen nieder und knickste nur. »Ich hoffe, es missfällt Euch nicht, Sire.«
    »Wenn es mir missfiele, hätte ich Euch hinausgeworfen und nicht meinen Schreiber. Glaubt ja nicht, dass ich gezögert hätte.«
    »Natürlich nicht, Sire.«
    Er räusperte sich laut. »Immerhin habt Ihr diese alberne Trauerkleidung abgelegt. Das finde ich gut. Die Königin des Großkönigreichs sollte nicht in Fetzen herumlaufen. Ganz gleich, wer gestorben ist.«
    Sie beruhigte sich mit einem tiefen Atemzug. »Jawohl, Sire.«
    »Nun denn. Ihr seid sicherlich nicht nur gekommen, um das Vergnügen meiner Gesellschaft zu genießen. Was führt Euch also zu mir? Genügen Euch Eure Speere nicht mehr? Sollen die Diener noch mehr Bäume für Euch bearbeiten?«
    Heißer Zorn schoss in ihr hoch … genau das hatte er natürlich erreichen wollen. Sie nahm noch einen tiefen Atemzug, zählte stumm bis zehn und beherrschte sich. »Ist es nicht meine Pflicht, meinem König und Gemahl meine Aufwartung zu machen?«
    »Tatsächlich? Mir schien, Ihr hättet diese Pflicht längst vergessen.«
    »Ich bin nicht mehr in Trauer.«
    »Soso. Seid Ihr mir deshalb ausgewichen? Andovans wegen?«
    Sie musste sich eisern zusammennehmen, um sich nichts anmerken zu lassen; wenn er erriet, dass Andovan in Wirklichkeit noch am Leben war, würde sein Zorn jeden Raum sprengen. »Ich bin Mutter, Sire, und Mütter müssen trauern, wenn ihr Herz es verlangt. Das wollt Ihr uns doch sicherlich nicht verwehren.«
    Die schmalen Lippen wurden noch schmaler. »Nein, meine Königin. Wie könnte ich den Müttern etwas verwehren?«
    »Dann darf ich bleiben?«
    Er kniff die schwarzen Augen zusammen und suchte, ihre Absichten zu ergründen; sie war an seine

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