Die Seelenkriegerin: Roman (German Edition)
Ziel. Wenn in Bandezek tatsächlich diese schreckliche Seuche wütete, wäre das in vieler Hinsicht eine Katastrophe, nicht zuletzt deshalb, weil nach Überzeugung vieler Wüstenvölker der beste Schutz vor dem Schwarzen Schlaf darin bestand, alles und jedes zu verbrennen, was angesteckt worden sein könnte. Worunter man gewöhnlich alles in weitem Umkreis verstand.
»Ihr sagt, es gibt keine bestätigten Fälle«, wiederholte Nasaan. »Also bloß ein Gerücht?«
»Bislang«, antwortete Saroch.
Das war nicht unbedingt beruhigend. Städte waren schon aus geringerem Anlass dem Erdboden gleichgemacht worden.
Saroch warf einen Blick auf seine Begleiter, dann wandte er sich wieder an Nasaan. »Außerdem grassiert unter den Nomaden eine unbekannte Krankheit. Sie verursacht eine tödliche Schwäche, ähnlich wie der Blutschweiß, jedoch ohne alle anderen Erscheinungen dieser Erkrankung. Mehrere Familien aus der Gegend sollen bereits verschwunden sein, wobei das bei Nomaden natürlich schwer festzustellen ist. Wenn es allerdings wahr ist … dann könnten sie an der Krankheit gestorben oder aus Angst vor Ansteckung getötet worden sein. In beiden Fällen kein gutes Zeichen.«
Wahrhaftig nicht. Nasaan schwieg, um das Gehörte zu verarbeiten und die Folgen zu bedenken. Diese Heimsuchungen entsprangen womöglich alle der gleichen Quelle … die sich zudem ungemütlich nahe vor seiner Haustür befand. Das war nun wirklich ein schwarzer Gedanke, und er achtete darauf, mit keinem Blick zu verraten, in welche Richtung seine Überlegungen gingen. Keiner dieser Männer durfte erraten, woher das Unheil kam.
»Das findet alles jenseits meiner Grenzen statt, nicht wahr? Keiner von meinen Leuten wurde bisher von der Krankheit befallen?«
Sarochs Augen verengten sich ein wenig. »Wollt Ihr damit sagen, es geschähe außerhalb Eures Einflussbereichs? Nicht im Gebiet der Stämme, die Jezalya den Treueeid geleistet haben? Das ist richtig.« Seine Stimme war scharf geworden. »Keiner von Euren Lehensleuten ist betroffen.«
»Daran sieht man zumindest ganz deutlich, dass ich meine Untertanen zu schützen weiß.«
Einer der anderen Kaufleute zog scharf die Luft ein. Nasaan sah ihn an. Ein hochgewachsener, dünner Mann mit schmalem Gesicht. Nasaan hatte ihn noch nie gesehen.
»Ich bitte um Vergebung«, sagte der Mann, als er sah, dass die Augen des Fürsten auf ihm ruhten, »aber genau darum geht es.«
»Und wer seid Ihr?«
Der Kaufmann erstarrte. »Duat et-Ahal, Hoheit.«
»Nun, Duat et-Ahal, dann sagt, was Ihr zu sagen habt. Wie man sieht, sind meine Hexen und Hexer mächtig genug, um die Krankheit in Schach zu halten. Wer sich unter meinen Schutz begeben will, braucht es nur zu sagen. Jezalya ist also sicher, und seine Bewohner sind in der Stadt gut aufgehoben. Was habt Ihr daran auszusetzen?«
»Hoheit, Jezalya mag sicher sein, aber seine Größe besteht in seinen Verbindungen zu anderen Städten. Ohne die Handelskarawanen, die die Schätze der Welt bis vor ihre Tore bringen, würde es verkümmern und schließlich sterben. Und wenn die Führer dieser Karawanen hören, dass in der Gegend eine schreckliche Seuche wütet, vor der sie erst geschützt sind, wenn sie Eure Tore erreichen, werden sie mit ihren Waren anderswohin ziehen.«
»Das wäre sehr töricht«, gab Nasaan zu bedenken. »Auf hundert Meilen im Umkreis gibt es keine anderen großen Handelswege. Der Schaden für die Großen Familien wäre beträchtlich.«
Die Kaufleute sahen sich an. Endlich fasste sich einer ein Herz. »Hoheit, die Ältesten meiner Familie überlegen bereits, ob wir nicht unsere althergebrachten Routen aufgeben sollen, auch wenn wir dadurch zunächst mit Verlusten rechnen müssen. Was hat der Verkäufer davon, wenn er zwar einen Käufer für seine Waren findet, aber stirbt, bevor das Geschäft abgeschlossen werden kann?«
»Deshalb sind wir heute zu Euch gekommen«, fuhr Saroch fort. »Wir wollten Euch von unseren Plänen in Kenntnis setzen, damit Ihr Zeit hättet, Euch der Sache anzunehmen.«
Nasaan zog eine Augenbraue hoch. »Und was soll ich Eurer Meinung nach tun?«
Daraufhin trat Schweigen ein. Es wurde nicht einfach nur still, man hatte vielmehr ganz deutlich das Gefühl, dass bestimmte Dinge bewusst nicht ausgesprochen wurden.
»Ihr könnt über Hexen und Hexer verfügen«, sagte Saroch endlich. »Und Ihr kennt sicherlich noch andere Mittel und Wege. Wenn Eure Leute stark genug sind, um eine Stadt wie Jezalya zu schützen, dann können
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