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Die Sehnsucht der Smaragdlilie

Die Sehnsucht der Smaragdlilie

Titel: Die Sehnsucht der Smaragdlilie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Mccabe
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unergründliches Lächeln erhaschen. Als sie an ihm vorübergegangen war, wandte sie sich kurz um und zwinkerte ihm zu. Dann ging sie weiter und holte sich ein Bier.
    Jetzt – nun, jetzt wartete sie. Ihrer Erfahrung nach wirkte ein Hauch von Geheimnis immer besser als direkte Komplimente oder allzu forsches Schmeicheln. Sie nippte an ihrem Becher und beobachtete in einem alten, zerbrochenen Spiegel an der Wand wachsam den Raum hinter sich. Die beiden Huren saßen immer noch auf seinem Schoß. Aber Marguerite stellte fest, dass die voll erblühten Reize der beiden nicht mehr die ganze Aufmerksamkeit des Russen beanspruchten. Er beugte sich etwas im Sessel vor und betrachtete Marguerite mit leicht gerunzelter Stirn. Marguerite drehte sich etwas zur Seite und zeigte ihr schönes Profil. Ein wenig ungeduldig umfasste sie den Becher fester. Er musste zu ihr kommen, bevor es irgendein anderer tat! Sie fuhr sich mit der Zunge leicht über die Lippen und legte den Kopf in den Nacken.
    Was immer es auch für ein geheimer Zauber war, er wirkte. Wieder wandte sie sich ab, und einen Augenblick später spürte sie, wie der Russe so dicht neben sie trat, dass sie seine Körperwärme fühlen konnte. Sie musste an die Sommersonne in ihrer Kindheit denken, zu Hause in der Champagne, die sie mit ihren Strahlen zu kitzeln schien und ihr juchzende Freudenschreie entlockt hatte. Er roch auch wie der Sommer. Unter dem salzigen Geruch nach Schweiß und Haut, nach purem Mann, nahm sie den Duft irgendeiner grünen Kräuterseife wahr.
    Marguerite wirbelte herum und lächelte ihn verführerisch an. Er hatte sich das Hemd wieder über die Schulter gezogen, doch man konnte immer noch seine nackte Brust sehen. Und er stand nahe genug, um Marguerite das feine Gewirr blonder Haare auf seiner Haut erkennen zu lassen. Gold auf Gold.
    „Guten Abend, Signor“, sagte sie und vermied sorgfältig den kleinsten französischen Akzent.
    „Guten Abend, Signora“, antwortete er und deutete eine Verbeugung an, als wären sie im Palast des Dogen und nicht in einem verrauchten Bordell. Sie stellte fest, dass der Russe blaue Augen hatte. Ein klare, himmelblaue Tiefe, in der man alles, jeden Wunsch, jedes Verlangen oder jede Furcht würde lesen können.
    Und mit diesen Augen musterte er sie jetzt sehr sorgfältig. Das Lachen, das er mit den anderen Frauen geteilt hatte, lag noch darin, aber es war nun von Ernsthaftigkeit überschattet. Er war misstrauisch. Sie würde doppelt vorsichtig sein müssen.
    Marguerite fühlte sich einen Moment lang unbehaglich, als er sie gründlich und ohne mit der Wimper zu zucken musterte. Sie wünschte sich, sie hätte eine Maske aufgesetzt. Das war lächerlich, denn die dicke Schminke war Maske genug.
    Sie verdrängte das Unbehagen. Dazu war jetzt keine Zeit. Sie hatte einen Auftrag zu erledigen.
    „Ich habe Euch hier noch nie gesehen“, sagte er.
    „Ich bin neu. Mein Name ist Bella. Ich bin gerade aus einem Dorf auf dem Festland angekommen, um hier während des Karnevals zu arbeiten“, antwortete sie und winkte nach mehr Bier. „Ihr seid also oft hier?“
    „Oft genug, wenn ich in Venedig bin.“
    Sie lachte. „Darauf würde ich wetten. Die blassen, wählerischen Kurtisanen der großen Paläste könnten Euch sicher niemals zufriedenstellen.“ Das Bier kam, und sie reichte ihm einen der Becher. „Salute.“
    „ Wasche sdarow’j “, antwortete er und kippte das Getränk hinunter. „Venedig ist wirklich voll der schönsten Frauen, Signora, entzückendere, als ich je gesehen habe. Und ich habe viele Länder bereist. Aber ich bevorzuge eher eine Gesellschaft – die mir gleicht.“
    Marguerite warf einen Blick auf den Jungen in Blau. „Die Euch gleicht, Signor?“
    Er lachte, und wieder erinnerte er sie an Sommer und den Wein der Champagne. „Nicht auf diese Art, Signora. Erdverbundener.“ Sie musste verwirrt dreingeschaut haben, denn er lächelte sie an. „So sagt man in meiner Heimat.“
    „Dann seid Ihr nicht von hier.“
    „Nein. Ihr werdet wohl durch mein ausgezeichnetes Italienisch getäuscht worden sein“, sagte er und schenkte ihr ein schalkhaftes Grinsen. „Ich bin aus Moskau, auch wenn ich dort schon seit vielen Jahren nicht mehr lebe.“
    „Ah, das erklärt alles.“
    „Erklärt was, Signora?“
    „Die Männlichkeit. Ist Moskau nicht die meiste Zeit des Jahres eingeschneit? Man kann viel Zeit vor dem Feuer verbringen. Oder in einem warmen Bett.“
    „Wie wahr, Signora.“ Plötzlich streckte er

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