Die Sekte Satans
Fenster wegbleiben!
Niemand darf dich sehen.“
„Jaja, ich weiß.“
„Das gilt auch für nachts.“
„Jaja.“
„Ich verbiete dir diesen Ton.
Mach das Fenster zu und schließ den Vorhang!“
„Wenn ich das Licht ausmache,
dann sieht mich keiner. Es ist so schwül.“
„Hast du jemanden bemerkt hier
im Garten?“
„Nein.“
„Geh jetzt schlafen!“
Er war stehen geblieben, genau
unter Tim, sah aber nur zum Fenster. Dort erlosch das Licht. Krokow ging
weiter, stampfte zur hinteren Hausecke und dann zur Rückfront. Dort war
offenbar die Terrasse. Tim hörte, wie er gegen Gartenmöbel stieß. Die Schritte
verklangen.
„Ich komme runter“, flüsterte
Elisabeth aus der wabernden Dunkelheit ihres Zimmers. „Warte auf mich an der
Hintertür.“
„Mache ich“, flüsterte Tim
zurück.
*
Gaby, Karl und Klößchen
horchten und ließen keinen Blick von dem Krokow-Grundstück, von der Einfahrt
und den Lichtern des weit zurückgesetzt stehenden Hauses.
Gaby beobachtete einen kleinen
Hund, einen dackelgroßen Mischling. Er zickzackte die Park-Straße herauf und
schnüffelte jede Hecke ab im ureigenen Revier: Aufseher und Streuner zugleich
auf vier krummen Beinen.
Jetzt verharrte er neben der
Einfahrt, schnüffelte, knurrte, sprang vor und zurück und nieste
explosionsartig.
„Er hat einen Igel gestellt“,
sagte Klößchen. „Was Klumpiges liegt da an der Hecke.“
„Armer Igel! Jetzt rollt er
sich ein“, meinte Gaby, „aber nachher will er über die Fahrbahn und der nächste
Wagen macht ihn platt.“
„Ja, die Autos!“ Karl ließ
ungesagt, welches Unheil sonst noch zu ihren Lasten ging. „Vielleicht können
wir ihn unter der Hecke aufs Grundstück rollen, wo er dann hoffentlich bleibt.“
„Ich mach’ das“, sagte Gaby und
ging hin.
Das Hündchen wuffte und stob
dann davon. Der vermeintliche Igel lag an dunkler Stelle und Gaby musste sich
bücken. Süßlich-klebriger Geruch stieg auf. Ein seltsamer Geruch. Es war kein
Igel. Es war ein grauer, zusammengeknüllter Lappen. Mit spitzen Fingern hob
Gaby ihn auf.
„Karl!“ Sie hielt ihm den
Lappen hin. „Ist das Chloroform?“
Karl schnüffelte. „Zweifellos.“
„Und mit Chloroform betäubt
man, nicht wahr? In der Medizin wird’s allerdings kaum noch verwendet. Da hat
man inzwischen was Besseres. Aber Kriminelle... Wenn die... Und beschaffen kann
man sich das.“
„Das ist doch ein Hinweis“,
japste Klößchen. „Das heißt doch...“
Er sprach nicht weiter, denn
neben der Krokow-Einfahrt wurde leise die Pforte geöffnet. Tim und Elisabeth
traten auf die Straße und kamen heran.
*
Niemand war im Garten.
Jedenfalls hatte er nichts Verdächtiges festgestellt. Krokow ging ins Haus
zurück und war auf dem Weg in seine Trinkstube, als im Arbeitszimmer das
Telefon klingelte. Wieder die Kidnapper? Er meldete sich.
„Ich bin’s, Chef“, sagte
Edmund, sein Typ fürs Grobe, den er vorhin zur Verstärkung herzitiert hatte aus
Berlin-Prenzlauer Berg. „Ich bin schon am Flugplatz. Gleich geht’s nach
München. Dort nehme ich mir einen Wagen und dann bin ich da. Aber deshalb rufe
ich nicht an.“
„Sondern?“
„Ich hatte ja noch drei Stunden
Zeit, und da habe ich mich umgehört. Bei Pleitze, bei Riller und Bettmann. So
auf gut Glück. Hätte nicht gedacht, dass was rauskommt dabei. Scheint aber doch
so.“
„Sag’s!“
„Erinnerst du dich an Otto
Glänzer, den verrückten Sekten-Guru? Satans-Sekte, glaube ich. Und an Katharina
Feingold, seine Mieze? Die ist vom gleichen Schlag. Durchtriebene Seelenfänger
sind das. Aber nicht nur.“
„Ich erinnere mich“, knurrte
Krokow. „Damals hatten wir Zoff miteinander. An die Wand hätten die mich
genagelt, wenn sie gekonnt hätten.“
„Und jetzt — so sieht’s aus —
wollen sie dich abzocken. In Millionenhöhe.“
„Die? Ausgerechnet die?“
„Sobald ich da bin, Chef,
erzähle ich Einzelheiten. Jetzt nur so viel: Deine Intimfeinde waren — als sie
sich den Kopf vollgeballert hatten — ein bisschen leichtsinnig. Haben — das war
kurz vor Ostern — bei Bettmann an der Theke gequatscht. Die hatten ja immer
schon einen Fuß in Berlin. Wollten auch hier ihre Netze auswerfen — nach
Satansjüngern, nach behämmerten Psycho-Freaks. Jedenfalls hat die Feingold in
Liegstätt ein Haus. Und in dem Gespräch fiel häufig dein Name. Und auch Elisabeth
wurde erwähnt. Nun zähl mal zwei und zwei zusammen.“
Krokow schnaufte und der
Schweiß seiner Wut tropfte
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