Die Sexklinik
etwas wie Privatdetektiv?«
»Stimmt«, nickte ich. »Und ich
höre, Sie sind so ’ne Art Psychiater?«
Seine Lippen wurden schmal.
»Sie können meine berufliche Qualifikation jederzeit nachprüfen, Mr. Boyd.«
»Was ich von mir nicht,
behaupten kann«, räumte ich ein. »Was genau haben Sie hier eigentlich? Ein
Dorado für Sexprotze?«
»Ich leite eine Klinik, in der
man Patienten hilft, ihr sexuelles Fehlverhalten zu korrigieren«, sagte er
kühl. »Wir treiben hier keine Forschung und führen auch keine Statistiken;
unser einziges Anliegen ist es, unseren Patienten bei der Bewältigung jener
Probleme behilflich zu sein, von denen das Leben eines jeden Erwachsenen am
nachhaltigsten beeinflußt wird.«
»Na, viel Glück dabei«, meinte
ich vergnügt.
»In meiner Klinik«, erläuterte
er, »wird die Sexualtherapie mutiger und konsequenter ausgeübt, als es auf
diesem Gebiet bisher üblich war — und zwar, indem wir männliche Substituten
verwenden.« Er hob die Brauen. »Das Wort ist Ihnen doch ein Begriff?«
»Substitut?« überlegte ich.
»Ist das nicht dieser tolle Gag bei mittelalterlicher Architektur?«
Er seufzte. »Das Wort bedeutet
einfach Ersatz. In manchen anderen Kliniken wurden für Patienten bereits
weibliche Substitutinnen verwandt — bei uns übrigens auch-, aber vor dem
Einsatz männlicher schreckte man bisher zurück.« Sein Blick bekam etwas Missionarisches.
»Die Kollegen begingen den alten Fehler, Medizin und Moral zu vermengen — eine
Frau darf sich außerhalb der geheiligten Institution der Ehe nicht sexuell
betätigen, na ja, und so weiter.« Verächtlich verzog er die Lippen. »Mit
anderen Worten — man weigerte sich, etwa fünfzig Prozent der Bevölkerung
praktische Hilfe zuteil werden zu lassen!«
»Ein männlicher Substitut?«
Darüber mußte ich doch eine Weile nachdenken. »Zum Beispiel wird für irgendeine
Ziege, die mit ihrer Bettgymnastik nicht mehr zurechtkommt, ein Partner
besorgt, der ihr Nachhilfestunden gibt?« Bewundernd wiegte ich das Haupt. »Eine
verdammt harte Art, sein Brot zu verdienen.«
»Bitte!« rief Dr. Landel mich
zur Ordnung. »Wir haben nicht die Zeit, Ihrem pubertären Humor zu frönen, Boyd.
Es handelt sich hier um einen neuen und hochwichtigen Zweig der Sexualtherapie.
Selbstverständlich tragen wir dafür Sorge, daß zwischen Patientin und Substitut
niemals irgendeine Form emotionaler Bindung entstehen kann.«
»Nach dem Motto: niemals vergesse
ich den Mann, der mich die Liebe lehrte — wie hieß er doch noch?« riet ich.
»Hören Sie, Boyd...« Landel
verlor die Geduld. »Ich versuche, Sie mit der Situation hier vertraut zu
machen, aber wenn Sie auf Ihren kindischen Witzen bestehen, dann...«
»Schon gut«, unterbrach ich
schnell. »Es ist ja bloß — man muß sich an die Vorstellung erst gewöhnen.«
»Möglich«, räumte er zögernd
ein. »Jedenfalls habe ich alle unsere Substituten, männlich oder weiblich,
persönlich ausgewählt. Ehe sie für die Klinik arbeiten dürfen, müssen sie eine
Reihe physischer und psychischer Tests bestehen. Wie ich schon sagte, sie sind
immun gegen jede Form emotionaler Bindung an die Patienten, und als zusätzliche
Absicherung erfahren sie auch niemals die wahren Namen unserer Patienten. Zum
Beispiel war Amelia Goodbody während ihres Aufenthalts hier nur als Jennie
bekannt.«
»Und Sie waren der einzige, der
ihre wirkliche Identität kannte?«
»Bis auf Miss Wintour, meine
Assistentin. Mrs. Goodbodys Anamnese — Tonbänder und Aufzeichnungen — wird in
einem einbruchsicheren Aktenschrank aufbewahrt, zu dem nur ich den Schlüssel
besitze!«
»Wo liegt dann Ihr Problem,
Doktor?« erkundigte ich mich.
»Letzte Nacht hat jemand den
Aktenschrank aufgebrochen und drei komplette Krankengeschichten gestohlen.«
»Und Sie ahnen nicht, wer es
war?«
»Ich weiß, wer es war!«
knirschte er. »Weil er ebenso verschwunden ist wie die Akten. Ein männlicher
Substitut namens Paul Baker.«
»Und nun soll ich ihn
aufspüren?«
»Sie sollen mir diese Akten
wiederbeschaffen.« Er preßte seine Nasenspitze zwischen Daumen und Zeigefinger,
bis ihm die Augen tränten. »Bitte berücksichtigen Sie, daß die Klinik von einem
Tag auf den anderen schließen müßte, wenn die Informationen, die in diesen
Akten stehen, öffentlich bekannt würden. Ganz abgesehen vom Schicksal der drei
betroffenen Frauen.«
»Können Sie sich einen Grund
vorstellen, warum Baker sie gestohlen haben sollte — außer
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