Die sieben Schätze des Yoga
voneinander, das Yoga-Sutra und der Achtfache Pfad sind aber das verbindende Glied.
Patañjali definierte als erster, was Yoga ist. Demnach ist Yoga der Zustand, in dem die Bewegungen und Aktivitäten des Geistes zur Ruhe kommen. Infolge dieser Beruhigung entsteht Klarheit. Und mittels dieser mentalen Ruhe und Klarheit ist der Mensch in der Lage, sich in seinem So-Sein zu erfahren und das Wesen der Objekte zu erfassen, die er vermittels seiner Sinne wahrnimmt. Das heißt, in diesem Zustand wird ein Mensch das, was er wahrnimmt, weder bewerten (als angenehm/unangenehm) noch beurteilen (will ich haben/will ich nicht haben) noch benennen. Er ist vielmehr in der Lage, das, was er wahrnimmt, einfach sein zu lassen, indem er nicht darauf eingeht, und kann deshalb ganz bei sich bleiben. Wenn man ein solches Verhalten immer wieder einübt, wird daraus ein stabiler, ruhiger Geist entstehen und ein Gemütszustand der Gelassenheit.
Patañjali beschreibt ausführlich die Perspektive und das Ziel einer solchen Yogapraxis. Das Ziel ist – ganz ähnlich wie im Buddhismus – die Freiheit von allen Anhaftungen, hier Kaivalya genannt. Auch im Klassischen Yoga wird alles, wovon wir materiell und immateriell abhängig sind, als Ursache für unser Leiden gesehen. Gelassenheit bedeutet also vor allem, seine eigenen Abhängigkeiten zu erkennen – und loszulassen.
Diese Gedanken des Yoga-Sutra werden Sie in fast jedem Interview mit den Meistern wiederfinden. Sie sind die kraftvolle, zeitlose Botschaft des Yoga, die jeder, der sich auf den Yogaweg einlässt, erkennt und zu verwirklichen sucht.
Hatha-Yoga – der Weg, der den Körper mit einbezieht
Der Hatha-Yoga ist der erste Yoga-Übungsweg, der sich für den Körper interessiert. Alle früheren Wege zielten ausschließlich auf den Geist, und wenn sie überhaupt irgendwie auf den Körper eingingen, dann höchstens insofern, als eine aufrechte Körperhaltung gefordert und der Zusammenhang zwischen dem Atem und dem Geist erkannt und genutzt wurde.
Der Hatha-Yoga zeigt einen radikal anderen Ansatz als alle Yogawege vor ihm und bezieht gleichzeitig das gesamte Wissen des Yoga in seine Konzepte ein. Dieser »Weg, der am Körper ansetzt« (Kaya Sadhana) wurde ab dem 6. Jahrhundert n. Chr. entwickelt. Seine Grundlage ist die Philosophie des Tantra, die wiederum in der hinduistischen Glaubensrichtung des Shivaismus gründet.
Im Tantra wurde zum ersten Mal in der Geschichte des Yoga der Körper mit all seinen Bedürfnissen nicht mehr als Hindernis angesehen, sondern vielmehr als »der Ort der Wahrheit«. Die Yogameister dieser Zeit erkannten, dass unser Körper unverzichtbar ist, um Erfahrungen zu machen, und dass er jede unserer Erfahrungen, jedes unserer Gefühle und jeden unserer Gedanken eins zu eins widerspiegelt und ausdrückt. So kam die Vorstellung auf, dass unser Körper unser Tempel ist, der mittels der Übungspraxis gereinigt, gepflegt, genährt und gestärkt werden soll.
Hatha bedeutet »Sonne (ha) und Mond (tha)«, die symbolisch für die Polaritäten von männlich und weiblich, links und rechts, oben und unten, Tag und Nacht, Aktivität und Ruhe, Geben und Empfangen stehen. Im Hatha-Yoga sollen diese Polaritäten harmonisiert werden, damit der Geist still und klar werden kann.
Die Methoden des Hatha-Yoga wollen uns aber nicht nur zu einem gesunden, kraftvollen, schönen Körper verhelfen, sondern auch dahin führen, dass wir unseren Körper als Ausdruck des Wunders des Lebens erkennen. Die bewusste Erfahrung des Lebens, die in allen seinen Prozessen deutlich wird, unterstützt uns darin, uns mit der göttlichen Kraft zu verbinden, die alles Lebendige inspiriert und nährt. Aus der Erfahrung dieses tiefen Verbundenseins erwächst uns die Freude und Glückseligkeit, die sich ganz aus sich selbst heraus speist.
Der Hatha-Yogi erfährt seinen höchsten Zustand, indem er sich von der Empfindung durchdringen lässt, dass er in seinem So-Sein das Wunder des Lebens und die Fähigkeit der Bewusstheit verkörpert. Er muss nichts suchen, muss nichts finden, sondern nur das erkennen, was er schon ist: lebendig und bewusst! Diese Erfahrung ist seine Meditation, die ihm die Gewissheit schenkt, durch das Leben, das durch ihn hindurch wirkt, mit der ganzen Schöpfung verbunden zu sein und sich als unverzichtbarer Bestandteil im gewaltigen Netzwerk (das ist eine Bedeutung des Begriffs Tantra, > ) des Universums zu erleben.
Mit dieser inneren Ausrichtung bekommt die gesamte
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