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Die Söhne der Wölfin

Titel: Die Söhne der Wölfin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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Augen bei ihm auf und bat ihn um ein ordentliches Geleit hinaus zu den Grabhügeln, wo sie die Urne mit der Asche des Toten in dem ihm vorbestimmten Grab beisetzen wollte. Wie es schien, lehnte sie jegliche priesterliche Begleitung, die sonst üblich gewesen wäre, ab und sprach von »bösen Verrätern«, denen ehrliche Feinde allemal vorzuziehen seien.
    »Aber nicht dein Bruder«, schloß sie.
    »Das verstehe ich«, entgegnete Remus, ohne nachzudenken, »doch sei gewiß, er hat deinen Vater in einem ehrlichen Kampf besiegt.«
    Antho schniefte, was Remus bei einer Frau, die doppelt so alt wie er sein mußte, unter anderen Umständen kindisch vorgekommen wäre. Dann erklärte sie ihm, die Tatsache, daß sein Bruder der Mörder ihres Vaters war, sei nur ein weiterer Grund.
    »Er ist böse. Deswegen will ich ihn nicht dabeihaben.«
    »Er ist nicht...«, begann Remus, doch sie warf ihm nur einen eisigen Blick zu und rauschte davon. Da es ihm gleich sein konnte, was eine ihm völlig unbekannte Frau, verwandt oder nicht, von Romulus hielt, beließ er es dabei. Er war erheblich bestürzter, als Antho ihn am Abend vor dem beabsichtigten Abzug der Latiner erneut aufsuchte und fragte, ob sie ihn begleiten könne.
    »Warum?« fragte Remus entsetzt.
    »Weil Numitor mich nicht im Palast haben will«, erklärte sie offen. »Er hatte schon wenig für die Frauen in seiner Familie übrig, als er das erste Mal auf dem Thron saß, und jetzt ist er nur noch ein rachsüchtiger alter Mann. Und nicht einmal alle Unterweltsdämonen unter Vanths Befehl bekämen mich dazu, um Aufnahme in einem Tempel zu bitten. Ich wäre ja mit Ilian und diesem reizenden Barden gegangen, aber sie sind einfach verschwunden, ohne sich zu verabschieden.« Schon wieder rümpfte sie die Nase. »Dabei schuldet mir Ilian noch einen Gefallen. Du bist ihr Sohn, da kannst du ihre Schuld übernehmen.«
    Er rang um Geduld, eine Tugend, die ihm stündlich schwerer fiel.
    »Wir werden keine Frauen mitnehmen. Es gäbe nur Ärger mit den Männern.«
    »Oh«, meinte Antho mit einem winzigen Lächeln, »ich glaube, du wirst feststellen, daß ich mit Männern umgehen kann. Im übrigen weiß ich nicht, wie die Stadt, die ihr da gründen wollt, überleben soll, ohne Frauen. Wo sollen die Kinder herkommen, aus euren Köpfen?«
    »Wenn erst eine Stadt da ist, dann ist es an der Zeit, sich nach Frauen umzusehen. Nicht vorher!« gab Remus gereizt zurück. »Du sprichst unsere Sprache nicht, und ich wette, daß du in deinem Leben noch nie für dich selbst gesorgt hast.«
    Antho hob die Schultern. »Das hat Ilian auch nicht, bevor sie mit ihrem Barbaren in die Wildnis verschwunden ist.«
    »Mein Vater war kein Barbar, und unser Heimatdorf ist keine Wildnis.«
    »Deinen Vater meine ich auch nicht. Der war ein Gott, wie wir alle jetzt wissen. Ich meine den Schweinehirten, der dich aufgezogen hat, dich und deinen Bruder. Der war damals sehr froh, daß er Ilian bekam, und ich finde, du könntest auch etwas mehr Dankbarkeit zeigen, vor allem, da ich bereit bin, die Gesellschaft deines widerlichen Bruders auszuhalten.«
    Remus stand kurz davor, sie anzubrüllen, als ihm der Aberwitz des gesamten Gespräches bewußt wurde. Er hatte seine Mutter mit größerer Endgültigkeit verloren, als es durch ihren Tod der Fall gewesen wäre, sein Bruder war eindeutig von den Göttern mit Wahnsinn geschlagen, seine Zukunftsträume waren ins Nichts zerstoben, und hier stand er und zankte sich wie ein kleiner Junge mit seiner Schwester.
    In gewisser Weise war es erholsam, vor allem verglichen mit den letzten Tagen. Antho mochte voll Torheit und Hochmut stecken, aber immerhin sagte sie, was ihr durch den Kopf ging, nicht so wie die Priester mit ihren Hintergedanken oder Romulus, der alles, was ihn belastete, in sich hineinfraß. Außerdem ließ sich nicht alles, was sie sagte, als Dummheit abtun. Nachdem Romulus ihren Vater getötet hatte, gab es wirklich niemanden mehr, an den sie sich wenden konnte. Remus hatte viele Lehrer gehabt, mit nicht immer gleichen Ansichten, doch darin, daß ein Mann sich um die Frauen seiner Familie kümmern mußte, waren sie sich immer einig gewesen.
    »Das kann doch nicht dein Ernst sein!« rief Romulus, als Remus ihm mitteilte, Antho werde mit ihnen reisen. »Als was? Als Troßhure? Trauerst du deiner Griechin immer noch so sehr nach?«
    Obwohl es guttat, Romulus endlich einem Gefühl Ausdruck verleihen zu sehen, konnte Remus nicht verhindern, daß er aufbrauste.
    »Prokne hat

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