Die Söldner von Dorsai (Dorsai 1)
seichten Furt des Flusses, der hier einen großen, trägen Bogen um die Lichtung machte, zwei Mann unten am Ufer auf beiden Seiten der Lichtung und die übrigen vier hoch über dem Fluß in den Bäumen bergauf in jener Richtung, aus der die Guerillas erwartet wurden, die den Fluß überqueren wollten.
Der letzte, dem er seinen Posten anwies, war Jarnki.
„Keine Sorge, Korporal“, sagte er, rittlings auf seinem Flugesel in der Luft schwebend, unweit der Stelle, wo Jarnki im Baum saß, das Gewehr an sich gedrückt. „Die Neuländer werden nicht lange auf sich warten lassen. Sobald Sie sie erblickt haben, feuern Sie ein paar Salven ab und klettern dann runter, um nicht getroffen zu werden. Sie haben doch schon mal so was gemacht, nicht wahr?“
Jarnki nickte. Sein Gesicht war etwas blaß, und wie er da in der Eiche hockte, die mit ihrer glatten Rinde den Eichen auf der Erde ziemlich ähnelte, war seine Stellung viel zu verkrampft und alles andere als bequem.
„Jawohl, Sir“, sagte er. Doch in seiner Stimme schwang einiges mit, was unausgesprochen blieb.
„Wahrscheinlich aber unter tragbareren Umständen und inmitten Ihrer Kompanie oder Abteilung, nicht wahr?“ meinte Cletus. „Lassen Sie sich durch den Unterschied nicht verwirren, Korporal. In dem Augenblick, wo das Geballere losgeht, dürfte es auch ziemlich egal sein. Ich werde jetzt die beiden anderen Furten überprüfen. Bin bald zurück.“
Er lenkte den Flugesel vom Baum weg und flog flußabwärts … Der Flugapparat, auf dem er saß, arbeitete fast lautlos und machte nicht mehr Geräusche als ein Ventilator. Normalerweise war das Motorengeräusch vielleicht fünfzehn Meter weit zu hören. Doch dieser Urwald im Oberland von Kultis war von Vogel- und Tierstimmen erfüllt. Da war ein Laut, der sich anhörte wie das Geräusch einer Axt, die auf Holz trifft und der in Abständen erklang, und ein weiterer Laut, der wie heftiges Schnarchen klang und sekundenlang aussetzte, um dann wieder anzuheben. Doch alles andere war nichts weiter als lautes Schreien und Krächzen in den verschiedensten Tonlagen und Lautstärken, ein Stimmengewirr, dem allerdings ein gewisser melodischer Charakter nicht abzusprechen war.
All diese Stimmen vereinigten sich zu einer Kakophonie, die das leise Summen des Flugesels übertönte und für ungeschulte Ohren fast unhörbar machten – so zum Beispiel für die Guerillas von Neuland, die ein solches Geräusch nicht kannten und daher vermutlich auch nicht achteten.
Cletus flog flußabwärts und überprüfte die beiden Furten, konnte aber keine Menschenseele entdecken. Bei der untersten Furt drehte er ab und flog wieder auf den Dschungel zu, bergauf in Richtung des Passes. Wahrscheinlich habe ich Glück, dachte er, da der Gegner den längeren Weg zurücklegen muß, wenn er gleichzeitig an mehreren Stellen übersetzen will. Zweifellos war aber für alle Gruppen irgendwo am anderen Flußufer ein Treffpunkt zu einer bestimmten Zeit vorgesehen.
Er flog dicht unter den Baumwipfeln dahin, etwa vierzig bis sechzig Meter über dem Boden, mit einer Geschwindigkeit von knapp sechs Stundenkilometern. Unter ihm war die Hochlandflora weniger von Rankenwerk durchsetzt als das Blattwerk unten an der Landestelle der Raumfähre, doch diese merkwürdigen roten Fäden und Streifen waren überall vorhanden und überzogen sogar die übergroßen Blätter der vielgestaltigen Erdenbäume – Eichen, Ahorn und Eberesche –, die vor zwanzig Jahren auf Kultis geplanzt worden waren.
Die irdische Flora gedieh in diesen Höhen prächtig, doch immer noch überwogen die einheimischen Pflanzen in Form von farnartigen Büschen, die zehn Meter in den Himmel ragten, bis hin zu einem baumartigen Gebilde mit purpurfarbenen Früchten, die zwar eßbar waren, doch einen leisen, betäubenden Duft verbreiteten, sobald ihre Schale aufbrach.
Cletus war etwa achthundert Meter von der Furt entfernt, als er das erste Anzeichen für eine Bewegung wahrnahm – nichts weiter als ein leises Wehen der Farnspitzen unter ihm. Er drosselte die Fahrt und ging tiefer hinunter.
Eine Sekunde später erblickte er die Umrisse eines Mannes in einem braun und grün gesprenkelten Tarnanzug, der unter einem Farnbusch hervorlugte.
Der Mann trug nichts weiter bei sich außer einen Rucksack, einer Art Tarnkappe und einer Sportwaffe über der Schulter. Das war bei Guerillas zu erwarten. Dies hing mit dem Gewohnheitsrecht zusammen, das sich während der letzten fünfzig Jahre kolonialer
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