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Die Sommerfrauen: Roman (German Edition)

Die Sommerfrauen: Roman (German Edition)

Titel: Die Sommerfrauen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Kay Andrews
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Freunde sollten das Haus am frühen Nachmittag beziehen. Je später, desto besser, fand Ty. Wer konnte schon sagen, wie lange es dauern würde, die Küche und das Wohnzimmer zu putzen? Als ihm klar wurde, dass er gar nicht wusste, wie die oberen Stockwerke aussahen, sank sein Mut.
    Als er auf die Treppe zuging, nahm er ein schwach gurgelndes Geräusch wahr. Es kam aus dem WC unter der Treppe. Die Tür war geschlossen und wollte sich nicht öffnen lassen. Ty stemmte ein Bein gegen den Rahmen und riss am Knauf. Die Tür flog auf, und eine Lawine stinkenden Wasser ergoss sich in den Flur.
    »Scheiße!«, rief Ty. Und das meinte er wörtlich.

    Ellis ließ sich Zeit mit dem Frühstück. Mehrmals checkte sie ihre E-Mails, doch es war nichts im Posteingang, abgesehen von Werbemitteilungen und Nachrichten von ehemaligen Kollegen aus der Bank, die ebenfalls unangenehme Kündigungsgespräche mit Ms Stone absolviert hatten.
    In den ersten Tagen nach ihrer Freisetzung (wie Ellis es für sich am liebsten formulierte) hatte sie an nichts anderes denken können als an die Ungerechtigkeit ihrer Situation. Stunde, ja Tage hatte sie damit verbracht, sich und ihre ehemaligen Kollegen zu bedauern. Sie hatte sich einer Facebook-Gruppe und einer Chatgroup ihrer Leidensgenossen angeschlossen und war sogar zu einem Treffen in einer Kneipe am Stadtrand gegangen, wo sich alle betranken und angesichts der fatalen Lage ganz rührselig wurden.
    Dann hatte Ellis entschieden, dass damit Schluss war. Ihr ganzes Leben lang hatte sie gespart. Ihr Vater hatte ihr ein kleines Erbe hinterlassen, ihr Stadthaus war also abbezahlt. Der Wagen ebenfalls, und schon vor Jahren hatte sie klugerweise entschieden, ihre Pension nicht in Aktien der eigenen Bank zu investieren. Ellis war alles andere als wohlhabend, aber sie hatte ein gewisses finanzielles Polster und wollte sich nicht verrückt machen. Redete sie sich wenigstens ein.
    Sie scrollte durch die Nachrichten im Posteingang, aber suchte vergeblich nach einer Antwort auf ihre Mail an Mr Culpepper.
    Da sie nichts fand, kramte sie den Ausdruck der Internetseite von Ebbtide aus ihrer Tasche. Sonderbarerweise stand dort alles, nur keine Telefonnummer.
    Ellis runzelte die Stirn und tippte noch eine Mail, in der sie Mr Culpepper an ihre Bitte um einen früheren Einzug erinnerte und vorschlug, er könne sie auf ihrem Handy erreichen und ihr mitteilen, wenn das Haus fertig sei.
    Schließlich war nichts anderes mehr zu tun, als die Zeit im Outletcenter totzuschlagen. Vorher wollte Ellis aber noch mal kurz am Haus vorbeifahren, um zu sehen, ob die bisherigen Gäste mittlerweile abgereist waren.
    Sie fuhr über den Virginia Dare Trail und verlangsamte, als sie zum Haus kam. Da mehrere Wagen direkt hinter ihr waren, bog sie in die Auffahrt von Ebbtide ab.
    Mist! Der Bronco stand immer noch in der Garage. Aber der kaputte Getränkekühler und die Bierflaschen waren seit ihrem letzten Besuch weggeräumt worden, jetzt stand ein großer Müllcontainer auf Rollen im Unkraut neben dem Briefkasten. Er quoll über vor Müll. Ellis reckte den Hals, um zu erkennen, ob sich irgendwas im Haus tat.
    Ein letztes Mal schaute sie in den Posteingang. Widerwillig beschloss sie, zum Outletcenter zu fahren.

    Um ein Uhr stopfte Ty die letzte Ladung feuchter Bettwäsche in den Trockner. Er richtete sich auf, schaute aus dem Fenster der Wäschekammer im Erdgeschoss und sah gerade noch, wie der silberne Accord langsam vorbeifuhr, der ihm schon früher aufgefallen war. Es war das zweite Mal in der letzten Stunde. Was war da los? Das war doch wohl kein Arschloch von der Bank, oder? Verdammt nochmal, es war immerhin Samstag! Nicht dass Ty viel Zeit gehabt hätte, sich darüber Gedanken zu machen. Wenn das Erdgeschoss schon übel ausgesehen hatte, so war es im ersten Stock noch schlimmer. Viel schlimmer.
    Es war ein Horrorszenario, anders konnte man es nicht nennen. In den Bädern lagen Berge feuchter, schimmeliger Handtücher; irgendjemand hatte in die Duschkabine gekotzt. In einem der vorderen Schlafzimmer hatte Ty etwas im Wandschrank entdeckt, das wie Hundekot aussah. Wie war es denen bloß gelungen, einen Hund an ihm vorbeizuschmuggeln? Und zwar eine Deutsche Dogge, nach der Hinterlassenschaft zu urteilen. Die Matratzen aus dem Doppelbett im hinteren Schlafzimmer waren auf die Veranda geschleppt und dort aufeinander gelegt worden, wo der Regen der letzten Nacht sie gründlich durchweicht hatte. Überall flog Müll herum, und die

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