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Die Spinne (German Edition)

Die Spinne (German Edition)

Titel: Die Spinne (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olen Steinhauer
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Führung vor der ganzen Welt zu blamieren?«
    »Da haben wir noch nicht gewusst, dass du ein Wohnhaus in die Luft jagen willst. Nein, wir machen es ein paar Stunden vor Eröffnung der Spiele, damit möglichst wenige Zivilisten ums Leben kommen.«
    Die Vorverlegung hatte ihre Vorteile. Nicht nur waren um diese Zeit fast alle Wohnungen leer, die Menschenmenge auf den Straßen war auch eine ideale Deckung für die jungen Männer und Frauen, die ihre Rucksäcke mit C4 an genau festgelegten Punkten der Hausmauer deponieren mussten. Selbst Alan, der mit dem Zielfernrohr die Umgebung des Gebäudes absuchte, um es zu testen, konnte niemanden entdecken. Auch von den verräterischen Rucksäcken an den Hausecken war nichts zu erkennen. Doch er geriet nicht in Panik, denn noch war eine Stunde Zeit.
    Als er gerade das Gewehr zusammengesetzt hatte, hörte er an der Tür ein dreifaches Klopfen und die Stimme einer alten Frau, die zögernd eine Frage stellte. Er achtete nicht weiter darauf und überprüfte noch einmal das Zielfernrohr, doch die unaufhörlich plappernde Alte klopfte erneut, pochte mit der Faust und probierte schließlich sogar die Türklinke. Er erschrak, denn er konnte sich nicht erinnern, ob er abgeschlossen hatte. Er hatte.
    Stille entstand, vielleicht weil sie nachdachte, was zu tun war, dann pochte sie erneut, gefolgt von grellem chinesischem Singsang – offenbar eine dringende Aufforderung. Dem unverständlichen Gegreine war ein deutlicher Anspruch anzumerken.
    Er stand auf und stellte das Gewehr in einen knarrenden Schrank. Dann trat er neben die Tür. Er unterbrach den Redeschwall mit »Wo tin bu dong« – Ich verstehe nicht.
    Schweigen.
    Er gab sein Schulbuch-Mandarin auf. »Tut mir leid, ich spreche nicht Chinesisch. Sprechen Sie Englisch?«
    Nach einem erstaunten »Uuh« fing sie wieder von vorn an, lauter, wütender. Er entriegelte die Tür und zog sie ein wenig auf, und gerade als er das Gesicht vor den Spalt schob, krachte sie gegen ihn. Doch nicht von dem schwachen Stoß einer alten Frau, sondern vom Stiefeltritt eines jungen Mannes. Die Klinke traf ihn direkt unter dem Brustbein, und er taumelte um Luft ringend zu Boden. Unmittelbar darauf stürmten vier Soldaten herein und brüllten in breiigem Kauderwelsch: »Da bleiben!« Hinter den Uniformierten, am Geländer vor der Tür stand mit fest verschränkten Armen, als müsste sie ihren schweren Körper zusammenhalten, die Alte und starrte ihn voller Hass an.
    Dann wurde ihm ein Sack über den Kopf gestülpt, und sie schafften ihn weg.
    Sie zerrten ihn über Beton und Erde, warfen ihn in einen Wagen und fuhren ihn durch Straßen voller Stimmen und Autohupen. Essensdünste, Auspuffgase und der Gestank von verbranntem Gummi stachen ihm in die Nase, dann roch er auf einmal frisches Gras und später Betonstaub. Wieder wurde er irgendwo entlanggeschleppt, diesmal in ein Haus und eine Treppe hinauf, bevor man ihn auf den Boden warf. Die Kapuze wurde entfernt, und er kniff die Augen zusammen im plötzlichen Licht einer Glühbirne, bis sie allmählich den kleinen, schmutzigen Raum ohne Fenster erfassten. Wände, Boden, Decke – alles Beton. Die Soldaten marschierten hinaus und sperrten die schlichte Holztür ab.
    Nach ungefähr fünfzehn Minuten hatte er seine verkrampfte Position am Boden immer noch nicht verändert, und er fing an zu lachen. Sein ganzes Leben war auf dieses Apartmentfenster und das Gewehr zugelaufen. Und es war einfach komisch, wie wenig es brauchte, damit die Arbeit eines ganzen Lebens ihren Sinn verlor.
    Auch die Tränen kamen ihm, und da begriff er, dass er sich zu lange mit diesen Amateuren in den Wäldern abgegeben hatte. Immer das gleiche Lied. Einer von ihnen, vielleicht auch mehrere, hatte der Polizei alles verraten, und sie hatten die lange Reise nach Peking nur auf sich genommen, um in einen Hinterhalt zu geraten. Keiner hatte es geschafft. Es war nicht ihr Fehler, denn im Grunde war damit zu rechnen. Es war sein Fehler, weil er ihnen eine Operation anvertraut hatte, für die sie nicht gerüstet waren. Der ganze Wahnsinn war die Folge seiner Verzweiflung. Und er war nur deshalb noch am Leben, weil Xin Zhu Informationen von ihm wollte. Die anderen, die vier in ihren Lastwagen, die drei weiteren Gewehrschützen – sie waren sicher alle tot. Und auch die, deren Aufgabe es war, die Operation zu unterstützen, waren wahrscheinlich tot oder hatten nicht mehr lang zu leben. Zwanzig? Dreißig? Dreiunddreißig?
    Seine Hysterie war wieder

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