Die Spinne - Niederrhein-Krimi
alarmiert, die müssten Sie dort hören können.«
Kreienboom lauschte in die Nacht und bestätigte das durchdringende Geräusch.
»Sie müssten auch bald das Blaulicht eines Streifenwagens sehen, der ist ebenfalls schon unterwegs. Können Sie mir noch etwas Auffälliges beschreiben?«
»Nein, da ist nur dieses gewaltige Feuer in der Ferne, ich kann es bis hier knacken hören, und eine Rauchfahne ist im Mondlicht zu erkennen.«
»Ist da ein Haus in Ihrer Nähe? Dessen Bewohner könnten vielleicht konkrete Angaben machen, wenn Sie die rausklingeln.«
»Ich stehe hier am platten Straßenrand, hier ist weit und breit nichts, glauben Sie mir.«
»Herr Kreienboom, ich habe Ihre Handynummer auf meinem Display und nehme Sie auf. Geben Sie mir eben noch Ihre Adresse durch?«
Kreienboom nannte ihm die persönlichen Daten.
»Bitte bleiben Sie an Ort und Stelle stehen und schalten Sie die Warnblinkanlage ein, für den Fall, dass der Einsatztrupp aus Mehrhoog dirigiert werden muss. Und halten Sie das Handy in Bereitschaft, falls wir noch Fragen haben. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.«
Noch stärker fröstelnd als bisher setzte er sich zögerlich wieder hinter das Steuer und zog die Tür zu, während das erste Blaulicht aus der Ferne auf den Brandherd zusteuerte. Minutenlang saß er da, der erfahrene, coole Berufskraftfahrer, und starrte auf den Feuerschein, ohne den Zündschlüssel umdrehen zu können. Feuer faszinierte und beängstigte, es bedeutete Wärme oder Vernichtung. Kreienboom wollte fahren und bleiben zugleich. Weitere Fahrzeuge durchschnitten mit ihren bleckenden Blaulichtern das Hinterland, hielten auf das Feuer zu, das minütlich zu wachsen schien. Sie waren auf dem Weg, alles würde gut werden. Nichts lag mehr in seiner Verantwortung. Hoffentlich hatte er die Einsatzkräfte rechtzeitig alarmiert. Möge dort niemand zu Schaden gekommen sein.
»Jesus und Maria!«
Hauptbrandmeister Welbers stieg gemeinsam mit den Kollegen aus den Fahrzeugen. Die Fahrer von Einsatzleitwagen, Tanklöschwagen, Löschfahrzeug und Leiterwagen hatten sich am Lageplan orientiert, den die Kreisleitstelle auf ihr Laptop übertrug. Insgesamt neunzehn Feuerwehrleute, vierzehn Männer und fünf Frauen, machten sich ans Werk. Schon beim Einsteigen in die Fahrzeuge war klar gewesen, welche Funktion jeder übernahm, denn Sitzplatz und Aufgabe blieben stets gleich. Zwei Trupps in voller Schutzmontur waren nun startklar zur Begehung des Objekts, einem zweistöckigen Einfamilienhaus mit einer angrenzenden Doppelgarage. Mit erfahrenem Blick erkannte Welbers, dass dieses Gebäude in vollem Ausmaß brannte, die Begehung musste auf einen späteren Zeitpunkt verschoben werden. Sie wussten, dass unter der Adresse eine vierköpfige Familie gemeldet war. Diese Information hatte die Kreispolizeibehörde auf Anfrage aus dem Einwohnermelderegister gezogen und schon während der Fahrt über Funk an alle Fahrzeuge durchgegeben.
»Hoffentlich sind die im Winterurlaub«, schrie der Kollege, der für die Wasserversorgung zuständig war und mit einer starken Lampe auf der anderen Straßenseite nach dem Brunnenanschluss suchte, während die ersten armdicken C-Rohre an das Tanklöschfahrzeug angeschlossen wurden.
»Wasser marsch!«
Ein Rettungswagen traf ein, die Besatzung stieg gerade, wie hypnotisiert in das Feuer starrend, aus, als Welbers sich von der Rückseite des Hauses meldete.
»Schwer verletzte Person, vermutlich aus dem ersten Stock gesprungen. Ein Notarzt muss her, schnell, er muss aus der Gefahrenzone geborgen werden, mir fliegen hier die Dachziegel um die Ohren.«
Die Bergung verlief zügig, im sicheren Rettungswagen stellte man fest, dass der Mann trotz schwerster Verletzungen durchhielt. Welbers atmete aus, einer von vieren lebte also auf jeden Fall noch. Er wandte sich an den Streifenbeamten, der mit dem Diensttelefon beschäftigt war.
»Sie informieren die Kriminalpolizei, ja? Brandursache ungeklärt, ein überlebendes Opfer, drei Vermisste und ein Feuer, das in dieser Heftigkeit wohl kaum unvermittelt und von selber ausgebrochen sein kann.«
Der Streifenbeamte nickte und deutete auf den Hörer. »Bin schon dabei, die Diensthabende zu wecken.«
Hauptkommissarin Karin Krafft rieb sich um drei Uhr fünfzehn den Schlaf aus den Augen, quälte sich mitsamt Diensthandy aus dem Bett und verließ das Schlafzimmer, um ihren Mann nicht zu wecken. Bereitschaften im kalten Januar verliefen eigentlich immer ruhig. Die letzte Weihnachtssaison
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