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Die Sprache der Macht

Die Sprache der Macht

Titel: Die Sprache der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Noellke
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müssen. Es ist sogar möglich, dass der andere hierarchisch unter mir steht – und dennoch der Bestimmer ist. Eigentlich könnte man ja erwarten, dass einmal er zum Zuge kommt und beim nächsten Mal dann ich an der Reihe bin. Ich gebe heute nach, um morgen dann meinen Willen zu bekommen. Tatsächlich mag ein solches Kalkül in manchen Fällen aufgehen, aber nur, wenn ich meine Forderung klar und deutlich ausspreche. Dann wird nämlich ein Handel aus der Sache. Bei der nächsten Gelegenheit steht er bei mir im Wort. Weitere Ausnahme: Es handelt sich um „mein Gebiet“, das er mir überlassen hat und auf dem ich mich besser auskenne als mein Gegenüber (womit wir wieder beim zweiten Grund wären nachzugeben). Solche „kleinen Machtgebiete“ hat jeder, auch und gerade Menschen, die ansonsten nicht viel zu melden haben. Und wer Macht ausüben will, tut gut daran, dem anderen dieses Feld zu überlassen, umso eher kann er ihn nämlich in allen anderen Angelegenheiten bevormunden.
    Machtbeziehungen haben die Tendenz, sich zu verfestigen. Relativ schnell bilden sich Muster heraus, auch sprachliche Muster, die uns nicht mehr auffallen. Wir sind in ihnen regelrecht gefangen. Doch können wir sie aufbrechen, indem wir unsere Sprache verändern. Indem wir Sätze äußern, die wir zu dieser Person noch nie gesagt haben. Mehr dazu im Hauptteil. An dieser Stelle möchte ich aber schon einmal die Aufmerksamkeit für dieses Phänomen schärfen. Weil man in den eigenen Angelegenheiten immer voreingenommen ist, beobachten Sie einmal Ihre Kollegen, Ihre Bekannten oder Familienangehörigen: Wer bekommt nach Ihrem Eindruck seinen Willen? Wer gibt schließlich nach? Manchmal ist es verblüffend, dass am Ende immer dieselben die Oberhand behalten.
    Die Neuaufteilung der Aufgaben
    Frau Jansen, Frau Hegner und Frau Winter bilden ein eingespieltes Arbeitsteam. Als sich Frau Jansen und Frau Hegner über ihre Kollegin austauschen, fällt ihnen auf, dass die sich die interessantesten Aufgaben herausgepickt hat, während sie sich um die unangenehmen Pflichten kümmern müssen. Sie stellen Frau Winter zur Rede und fordern eine Neuaufteilung der Aufgaben. Frau Winter stimmt sofort zu. Sie gibt zu erkennen, dass sie sich „zu viel zugemutet“ habe. Daher wäre sie „direkt froh“, wenn Frau Jansen und Frau Hegner sie „entlasten“ würden. Am Ende des Gesprächs werden die Aufgaben neu festgelegt – und zwar exakt so, wie es Frau Winter vorgeschlagen hat.
    Zwei Anmerkungen noch: Zwar gibt es Menschen, die grundsätzlich sehr dominant auftreten und sich gegenüber den meisten auch durchsetzen. Und doch lässt es sich hin und wieder beobachten, dass jemand die Oberhand behält, den man aus anderen Beziehungen keineswegs als besonders durchsetzungsstark kennt. Machtbeziehungen funktionieren ganz offensichtlich nicht nach den Gesetzen der mathematischen Logik, entsprechend dem Muster: Wenn sich A gegenüber B durchsetzt und B sich gegenüber C, dann muss C gegenüber A erst recht den Kürzeren ziehen. Das kann so sein, ist aber keineswegs ausgemacht. Vielmehr kommt es darauf an, jede Beziehung gesondert zu betrachten. Zweiter Punkt: Weil sich diese Muster so rasch verfestigen, sollten Sie darauf achten, nicht gleich zu Anfang ins Hintertreffen zu geraten. So etwas ist später nur schwer wieder aufzuholen. Aber: Es ist aufzuholen, wie Sie noch sehen werden.
    Der starke Wille
    Noch einmal: Das entscheidende Element in allen Fragen der Macht ist mein Wille. Den will ich durchsetzen. Ein Wille richtet sich immer auf ein bestimmtes Ziel und hat gewissermaßen ein Thema, so banal das in einzelnen Fällen auch sein mag, wie etwa die Frage, ob wir unsere Besprechung für eine Pause unterbrechen. Zugleich hat mein Wille auch eine bestimmte Stärke, ja, eine bestimmte Energie in sich. Von dieser Energie hängt es ebenfalls ab, ob ich ihn durchsetze. Selbstverständlich ist eine „hohe Energie“ keine Garantie dafür, dass ich Erfolg habe. Aber es verbessert meine Chancen erheblich, wenn ich in der betreffenden Angelegenheit einen starken Willen habe. Dabei ist mit dem „starken Willen“ keine Charaktereigenschaft gemeint, sondern die Kraft und Energie, die von einem bestimmten Willen ausgeht. Manche Dinge sind mir sehr wichtig, während ich in anderen Fragen noch gar nicht so recht weiß, was ich davon halten soll. Vielleicht habe ich mir eine vorläufige Meinung gebildet. Treffe ich nun auf jemanden, der in dieser Sache einen starken Willen hat,

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