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Die Stadt der Engel

Die Stadt der Engel

Titel: Die Stadt der Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
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Arbeitstempo noch durchstehen würde. Sie mußte die Zeit rationieren wie eine Filmdiva ihre Liebhaber, Galane stahlen der Journalistin allerdings die wenigsten Stunden; sie galt als unterkühlt und unnahbar, als Frau, bei der die Liebe in der hinteren Ecke des Lebens stand. Manche hielten sie für einen heimlichen Vulkan, andere wiederum für einen unheimlichen Eisberg. Vielleicht zu viel Karriere und zu wenig Hormone, munkelte man, und ein paar Schwätzer raunten sich zu, sie mache sich aus Frauen mehr als aus Männern; doch Dany war eine Frau ohne Skandale, schon weil sie kaum ein Privatleben besaß. Bruno, einer ihrer Lieblings-Rechercheure, der sich mit ihr schon in den heikelsten Situationen um den halben Erdball herumgetrieben hatte, klassifizierte Dany hinter dem Rücken als ›weder zimperlich noch pimperlich‹.
    Sie ließ den Wasserstrahl auf die Haut prasseln und genoß die Erfrischung. Auf einmal sah sie, daß sie einen Zuschauer hatte: Frank Flessa war nach oben gekommen.
    »Bin gleich fertig!« rief sie und fuhr ihn an: »Out! Schließ gefälligst die Tür von außen!«
    Ein paar Minuten später erschien sie, eingewickelt in ein riesiges Badetuch.
    »Ich hab' noch eine Konferenz und muß anschließend zu einer Beerdigung«, erklärte der Mann mit den Silberfäden im Haar. »Übrigens stand die Badezimmertür offen.«
    »Ich war unbeherrscht, entschuldige, Frank!« antwortete die Besucherin.
    Er betrachtete sie genüßlich, sichtlich zufrieden und noch viel mehr. »Eigentlich müßte ich dich jetzt verführen, Dany.«
    »Versuch's doch!« versetzte sie.
    »Ich möchte mir nicht die Zähne ausbeißen.«
    »So schlechte Zähne?« Dany ging auf seinen Ton ein.
    »Nein«, entgegnete er. »Aber vielleicht bist du ein zu harter Brocken.« Er band sich eine schwarze Krawatte um. »Das hab' ich vielleicht gern«, brummelte er. »Am liebsten bliebe ich selbst meiner eigenen Bestattung fern. Aber die US-Botschaft in Bonn-Mehlem gab mir einen Wink – ich bin nun mal der Deutschland-Repräsentant von GLOBE. Und so wie wir mit Pullach stehen …«
    »Pullach?« fragte sie. »Du meinst den Bundesnachrichtendienst?«
    »Richtig«, erwiderte Frank Flessa. »Ein Spitzenmann hat den Löffel abgeben müssen. Schlußakt elf Uhr 30, Aussegnungshalle Nordfriedhof.«
    »Und der Verstorbene hat einen Namen?«
    »Klar«, entgegnete der Redaktions-Direktor. »Und du kennst ihn sehr gut, Paul Garella.«
    »Der Experte für Südostasien?« fragte die Journalistin wie elektrisiert.
    »Ja«, bestätigte Flessa. »Und der Kontaktmann zwischen Bundesnachrichtendienst und der Agency. Ach ja«, setzte er hinzu, als erinnerte er sich erst jetzt, »du hast ja über diesen schillernden Typ vor Jahren eine Reportage geschrieben –«
    »Eine meiner dürftigsten«, versetzte die Journalistin. »Wenn du keine Zutaten hast, kannst du auch nicht kochen.«
    Der Mann mit den grauen Schläfen lächelte ein wenig spöttisch über die Küchenkunst seiner unständigen Begleiterin. Sie quittierte seinen Spott mit Selbstironie. Der häusliche Herd war nicht ihre Stärke. Bruno, ihr bevorzugter Helfer bei den Recherchen hatte verlauten lassen, bei Dany würde selbst das Kaffeewasser anbrennen – es wäre übrigens das einzige, was die Publizistin anbrennen ließe.
    »Garella war vielleicht der erfolgreichste Untergrund-Experte, den der Westen jemals hatte«, analysierte der Zeitungsmann. »Schon zu Lebzeiten eine Legende, seit er vor Jahren diesen Sowjet-Oberst mit zwei Koffern voll Geheimmaterial auf nie geklärte Weise herübergeholt hat und –«
    »Du brauchst mir Garellas Unersetzlichkeit nicht zu erklären«, unterbrach ihn die Globetrotterin. »Auch wenn meine Informationen Lücken aufweisen, weiß ich genau, um welches Kaliber es sich bei ihm handelte.« Sie unterbrach sich: »Ein solcher Mann stirbt im Bett?« fragte sie. »Mit 39?«
    »Nicht im Bett«, erklärte Flessa. »Auf der Straße. Bei einem banalen Verkehrsunfall. Vor einer Woche.«
    »Wo?«
    »In New York. Am hellen Vormittag zehn Uhr. In der Fifth Avenue auf Höhe der Sankt Patricks Cathedral. Er ist in kopfloser Eile in ein Auto gelaufen und noch an der Unfallstelle verschieden – den Fahrer des Unglückswagens trifft keine Schuld.«
    »Absurd«, versetzte Dany, selbst überfahren von diesen Informationen. »Da übersteht ein Mann weiß Gott was für gefährliche Untergrund-Scharmützel und läuft achtlos in ein Auto wie eine Blindschleiche – Das kann ich einfach nicht

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