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Voodoo Holmes - Holmes auf Haiti. Novelle

Voodoo Holmes - Holmes auf Haiti. Novelle

Titel: Voodoo Holmes - Holmes auf Haiti. Novelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berndt Rieger
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Holmes auf Haiti
     
     
     
    I
     
    Die Haustiere
    des Headmasters
     
     
    Ich kann mich an den Namen des Headmasters der Schule, die ich in jenem Jahr besuchte, nicht mehr erinnern, aber das Schulgebäude selbst ist mir so klar im Gedächtnis geblieben, als stünde es heute noch vor meinem inneren Auge. Es war sehr groß und zu einer Zeit errichtet worden, als man die Architektur der Vergangenheit schätzte. So mächtig und verschnörkelt war es, dass die wenigen hundert Schüler, die es fasste, in ihm verloren gingen wie Sandkörner im Wirbel eines Ausgusses. So konnte es nicht verwundern, dass ich mit dem Headmaster in der Zeit, in der ich dort im Internat untergebracht war, noch kein persönliches Wort gesprochen hatte. Damals aber, in jenem nasskalten, dunklen November, in dem sich diese Geschichte abspielte, wurde ich mehrmals in sein Arbeitszimmer gerufen. Es lag im ersten Stock des Mittelbaus und war so groß, dass man beim Sprechen automatisch die Stimme dämpfte, um nicht das eigene Echo zu hören. Es war da ein riesiger offener Kamin, in dem das Feuer prasselte. Der Boden, vor langen Jahren liebevoll aus verschiedenartigem Holz zusammengefügt, war gerade um den Kamin herum rissig geworden. Auf dem Weg zum Schreibtisch des Headmasters kam man dort vorüber, und dann, wenn man darauf trat und darüber hinweg lief, knackte das Holz unter den Füßen so laut, dass man sein eigenes Wort nicht mehr verstand, direkt bedrohlich, könnte man sagen, und doch ein einfaches physikalisches Phänomen. Mehr davon später.
    dass erste Mal, als mich der Headmaster hatte kommen lassen, wirkte er neugierig und vielleicht auch ein bisschen neidisch, als er sagte: „Nun, Master Holmes, warum haben Sie uns nichts davon gesagt, dass Sie ein mächtiger Prinz sind oder dergleichen? Nicht dass in dieser Institution ein Unterschied gemacht würde zwischen Eleven … also, was sind Sie nun, Holmes, Sohn eines afghanischen Häuptlings oder der Messias eines asiatischen Steppenvolkes, oder was?“
    „ Ich verstehe nicht ganz, Sir.“
    „ Ich denke, es wäre zumindest die Aufgabe Ihrer Familie gewesen, nicht wahr, Holmes.“
    Er warf einen Blick in eine schmale Akte, auf deren Umschlag mutmaßlich mein Name vermerkt war. „Die Schulleitung zu informieren“, fügte er hinzu.
    „ Ja, Sir.“
    „ Wussten Sie von der Delegation?“
    Ich war wie vor den Kopf geschlagen und verstand nichts. Ich überlegte mir, ob der Headmaster sich einen Scherz mit mir erlaubte.
    „ Welche Delegation, Sir?“
    „ Nun, die übliche Handvoll Kaffern in wallenden Gewändern, die uns heute ihre Aufwartung machte und Sie zu sprechen verlangte, Holmes.“
    „ Ich kann mir selbst nicht erklären, was hier vorgeht, Sir.“
    „ Jedenfalls habe ich diesen Menschen mitteilen lassen, dass es keinesfalls angeht, den Schulbetrieb zu stören, Master Holmes.“
    „ Ich verstehe, Sir.“
    „ Schreiben Sie einen Brief an Ihre Frau Mutter, Holmes, und erklären Sie ihr ohne Umschweife, dass Auftritte wie jener dieser Delegation von heute keinesfalls toleriert werden.“
    „ Meine Mutter ist tot, Sir.“
    Er blinkte kurz und starrte mich an. “Und Ihr Vater?“ Er machte eine Bewegung, als wollte er andeuten, dass auch jener unter der Erde begraben liege.
    „ Er lebt auf dem Kontinent, Sir.“
    „ Ja dann eben der Findel-, der Waisen, äh - äh, der zuständige Ausschuss“, stammelte er.
    „ Ich werde meine Tante unterrichten, Sir. Sie hat die Vormundschaft übernommen.“
    Der Headmaster wirkte erleichtert. „Gut. Klar. Also, das wäre alles, Holmes.“
    „ Sehr gut, Sir.“
     
    Es mochte zwei oder drei Tage gedauert haben, in denen ich mich Träumen über eine erwählte Herkunft hingab. Denn offen gestanden wusste ich über meine Mutter nur sehr wenig, außer, dass sie afrikanische Vorfahren gehabt hatte. Gerade das Wort „Kaffern“ hatte meine Phantasie auf das Stärkste erregt. Ich sehnte mich danach, die Kälte, die Feuchtigkeit, das wie in einer Froststarre liegende Leben in dieser abweisenden Landschaft zurückzulassen und nach Afrika zu reisen, in irgendeine Oase, in der Milch und Honig flossen und einem als Sohn eines Fürsten der geringste Wunsch von den Lippen abgelesen wurde anstatt schale Suppe zu löffeln, trockenes Brot zu kauen und von hoffnungslosen Lehrern wegen irgendwelcher Vergehen verprügelt zu werden, die keine waren. Deshalb schlug mein Herz voll wilder Hoffnung, als ich in den Abendstunden ein weiteres Mal zum Headmaster

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