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Die Stadt der Verlorenen

Die Stadt der Verlorenen

Titel: Die Stadt der Verlorenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Fingern
hindurchschlüpfte und mit einem unerwartet kraftvollen Satz
direkt im Gesicht des Aufsehers landete, das es unverzüglich mit
seinen Krallen zu bearbeiten begann. Der Aufseher kreischte vor
Schmerz und Wut und ließ seine Peitsche fallen und einer der
Arbeiter sprang hinzu und schlug mit der Faust nach dem
Felltier. Das einäugige Geschöpf schien die Gefahr jedoch zu
spüren, denn es ließ sich im letzten Moment einfach fallen und
die geballte Faust des Arbeiters landete schwungvoll auf der
Nase des Sklaventreibers. Der Mann heulte schrill auf, prallte
zurück und schlug beide Hände vor das Gesicht. Seine Nase
begann heftig zu bluten.
Indessen ging die Jagd fröhlich weiter. Außer Mike beteiligten
sich mittlerweile alle Arbeiter an der Jagd und schließlich hatten
es die Männer doch in die Enge getrieben und bildeten einen
dicht geschlossenen Kreis, in dessen Mitte sich der fauchende
Dämon aufhielt. Einige hatten ihre Hacken und Schaufeln gehoben, um das Geschöpf damit zu bedrohen, es sich aber
gleichzeitig auch damit vom Leibe zu halten, und niemand wagte
es noch einmal nach ihm zu greifen.
»Ihr sollt das Vieh packen!«, schrie der Aufseher, der
inzwischen wieder auf die Beine gekommen war. »Und bringt
es mir lebendig!« Seine Stimme war schrill vor Wut, klang
aber zugleich auch fast komisch – was daran liegen mochte,
dass seine Nase mittlerweile unförmig angeschwollen war und
immer heftiger blutete. »Na los, oder ihr bekommt alle die
Peitsche zu spüren!«
Diese Drohung wirkte. Gleich drei Männer stürzten sich auf
das Felltier. Den ersten empfing es mit zwei, drei blitzschnellen
Tatzenhieben, die ihn keuchend zurückspringen ließen, und der
zweite verfehlte es, verlor die Balance und landete mit dem
Gesicht voran in den Korallen. Der dritte aber bekam es zu
fassen. Sofort vergrub das Felltier die Zähne in seiner Hand. Er
schrie vor Schmerz, ließ aber trotzdem nicht los, sondern packte
das Geschöpf nun auch noch mit der anderen Hand im Nacken
und riss es in die Höhe. Es fauchte und schlug mit allen vier
Pfoten um sich, war aber hilflos. Für einen Moment sah es aus
seinem einzelnen, gelben Auge direkt auf Mike.
Und etwas durch und durch Unheimliches geschah:
Mike
hörte das Tier sprechen!
Es waren nicht wirklich Worte. Er hörte die Stimme direkt in
seinem Kopf: Verdammt noch mal, Blödmann! Hättest du
vielleicht die Güte mir zu helfen?! Dieser grobe Kerl bricht mir ja
glatt das Genick!
Mike konnte nicht anders. Er war viel zu entsetzt über das,
was er erlebte, als dass er auch nur einen klaren Gedanken
fassen konnte, und so reagierte er einfach ohne nachzudenken:
Blitzschnell warf er sich auf den Mann, der das Felltier
gepackt hatte, und schlug ihm die geballte Faust auf das
Handgelenk. Der Arbeiter ließ das Geschöpf mit einem
überraschten Keuchen fallen. Elegant drehte es sich in der
Luft, kam auf allen vier Pfoten auf und flitzte im Zickzack
zwischen den Beinen der Männer hindurch. Nur einen Moment
später hatte es den Rand der Grube erreicht und war mit einem
Satz darüber verschwunden.
Darüber reden wir noch, mein Lieber! erklang die Stimme in
Mikes Kopf.
Mike starrte dem schwarzen Felltier fassungslos nach. Es
fiel ihm schwer zu glauben, was er gerade erlebt hatte; und noch
schwerer zu glauben, was er gerade getan hatte!
Aber es musste wohl so sein, denn nicht nur der
Mann,
dem er das Felltier aus den Händen geschlagen hatte, starrte ihn
ungläubig an. Auch alle anderen blickten zum Teil fassungslos,
zum Teil aber auch wütend in seine Richtung und der Aufseher
brüllte mit überschnappender Stimme: »Du! Was ist in dich gefahren, Kerl? Was fällt dir ein?!« »Ich ... ich musste es tun!«,
stammelte Mike.
»Was sagst du da?« Die Augen des Aufsehers wurden schmal.
»Es ist die Wahrheit«, verteidigte sich Mike. »Ich konnte
nicht anders, wirklich! Es hat es mir befohlen!«
»Es?«, wiederholte der Aufseher lauernd. »Wer – es?«
»Das Felltier«, antwortete Mike. Er hatte das Gefühl, dass das
keine besonders kluge Antwort war. Eine Sekunde lang starrte
ihn der Aufseher auch nur fassungslos an – dann holte er aus
und schlug ihm so heftig ins Gesicht, dass Mike auf der
Stelle das Bewusstsein verlor.
    Er erwachte mit furchtbaren Kopfschmerzen, dem Geschmack
von Blut auf der Zunge und in Ketten. Trotzdem spürte er sofort,
dass er gebunden war; vielleicht, weil er längst nicht zum ersten
Mal mit Ketten an Händen und Füßen erwachte oder

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