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Die Stadt der Verlorenen

Die Stadt der Verlorenen

Titel: Die Stadt der Verlorenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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und dabei so schwer verletzt worden, dass er wohl
nicht überleben würde, und eine Woche zuvor hatte es in einer
anderen Grube einen Wassereinbruch gegeben, dem man nur
mit Mühe und Not hatte Herr werden können. Irgendwann,
davon war Mike überzeugt, würde es einmal zu einem
Wassereinbruch kommen, der zu schlimm war, um ihn stopfen
zu können, und dann würde die ganze untere Ebene Lemuras im
Meer versinken. Vielleicht sogar die ganze Stadt. Das war das
Verrückte an dem, was sie taten: Es war notwendig für das
Überleben der Stadt und zugleich war jedes Stück, das sie aus
dem Boden gruben, ein sicherer Schritt zu ihrem Untergang.
Manchmal schien es Mike, als müsse es einen anderen Weg
geben den Fortbestand der Stadt zu sichern. Aber immer wenn
er an diesem Punkt seines Überlegens angelangt war, begannen
sich seine Gedanken zu verwirren.
Solche Überlegungen waren zu kompliziert für ihn.
Und es war auch nicht seine Aufgabe, sich den Kopf über
solcherlei Dinge zu zerbrechen. Er war ein einfacher Arbeiter,
dessen Leben darin bestand, Korallen abzubauen, und seine
Zeit in der Strafkolonie war vorbei. Wenn er sich keine
weiteren Verfehlungen erlaubte, konnte er wieder in sein
normales Leben
zurückkehren – das sich allerdings nicht allzu
sehr von dem unterschied, das er jetzt führte; allenfalls, dass
er einige Stunden weniger am Tag arbeiten musste und nicht
mit Peitschenhieben bestraft wurde, wenn er sein Soll nicht
erfüllte.
Auch das waren Gedanken, die manchmal wie zusammenhangslose und vollkommen absurde Bilder in seinem Kopf
aufblitzten: Er hatte dann das Gefühl, nicht immer dieses Leben
gelebt zu haben, sondern ein ... nun, vollkommen anderes eben.
Ein Leben ohne die schwere Arbeit in den Korallenbrüchen,
ohne Hunger und Schläge, ja, selbst unter einem anderen
Himmel; einem Himmel, der nicht immer gleich und von einem
sanftgrünen Licht erfüllt war, sondern –
»Verdammt, Bursche, ich habe gesagt, du sollst arbeiten, nicht
träumen!«
Die Peitsche traf seinen Rücken. Mike presste die Zähne
zusammen. Der Schmerz war so heftig, dass ihm die Tränen in
die Augen schossen, aber er verbiss sich jeden Laut und
arbeitete sogar rascher.
Ein Stein kollerte vor seinen Füßen davon, dann noch einer,
ohne dass seine Hacke ihn berührt hatte, und plötzlich flitzte
etwas Schwarzes, Pelziges zwischen seinen Beinen hindurch.
Mike schrie erschrocken auf und ließ seine Hacke fallen und
auch einige der anderen Arbeiter stießen erschrockene Laute
aus und hielten in ihrem Tun inne. Sofort war der Aufseher
heran und hob seine Peitsche. Aber er schlug nicht zu, sondern
erstarrte ebenfalls mitten in der Bewegung, als er das
sonderbare Tier sah, das Mike aufgescheucht hatte.
Es war nicht besonders groß – nicht einmal so groß wie eine
Raubkrabbe –, sah aber vollkommen anders aus als jedes Tier,
das Mike jemals zu Gesicht bekommen hatte. Es war
pechschwarz und hatte langes, seidig glänzendes Fell. An den
Enden der vier Pfoten, auf denen es sich bewegte, blitzten
gefährlich aussehende Krallen und obwohl sein Maul nicht sehr
groß war, sahen die spitzen Zähne darin durchaus so aus, als
könnten sie gehörigen Schaden anrichten. Spitze Ohren und ein
buschiger Schwanz, der fast so lang wie der gesamte Körper
war, vervollständigten den exotischen Eindruck. Das Wesen
hatte nur ein einziges Auge, das andere war vernarbt, was ihm
ein noch wilderes Aussehen verlieh.
Aber es war seltsam
– obwohl Mike ganz sicher war,
ein
solches Geschöpf noch niemals zu Gesicht bekommen zu haben,
hatte sein Anblick trotzdem etwas Vertrautes ...
»Was steht ihr da und glotzt?«, schrie der Wächter. »Fangt das
Vieh ein!« Er selbst schwang unverzüglich seine Peitsche und
schlug damit nach der Kreatur, die dem Hieb jedoch mit einer
eleganten Bewegung auswich. Zwei, drei der anderen stürzten
sich ebenfalls auf das Pelztier. Den meisten konnte es einfach
zwischen den Händen hindurchschlüpfen, denn es entwickelte
eine geradezu unglaubliche Schnelligkeit, und einem versetzte
es einen Krallenhieb, der blutige Kratzer auf seiner Hand
hinterließ.
»Packt das Biest!«, schrie der Aufseher. Er schlug wieder mit
seiner Peitsche zu, doch das Felltier wich dem Hieb im letzten
Moment aus und die Lederschnur traf einen der Arbeiter, der
heulend zu Boden ging. Zwei weitere knallten heftig mit den
Köpfen zusammen, als sie sich gleichzeitig nach dem Tier
bückten, das ihnen aber geschickt zwischen den

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