Die Staubfee
stecken!«
»Vielleicht zwischen den Staubbällchen, die wir aufgesaugt haben?« Dass ausgerechnet Lisa auf die Idee kam, ärgerte mich noch mehr. Wütend stampfte ich mit einem Fuß auf. Aber niemand beachtete meinen Wutanfall. Darum ließ ich es dabei und setzte mich zu Mama, die sich auf den Boden hatte sinken lassen.
»Hol bitte mal eine Schüssel, Lisa.«
Ich öffnete den Staubsauger und wartete auf meine Schwester, die wenig später mit einer dunkelblauen Plastikschüssel um die Ecke ins Wohnzimmer bog.
»Nimm eine aus Glas, damit wir durchsehen können«, sagte Mama und schon rannte Lisa den Flur entlang, in die Küche zurück. Sie schrie: »Wartet aber auf mich!«
Und ich brüllte zurück: »Nee, machen wir nicht. Oh, ich hab sie schon gefunden. Hallo Staubfee!« Lisa ließ sich so leicht ärgern. Ich kicherte.
»Mama?!« Lisas weinerliche Stimme hallte durch den Korridor. Meine Mutter schaute mich mahnend an. »Tschuldigung«, murmelte ich.
»Entschuldige dich bei deiner Schwester, nicht bei mir.«
Neugierig lugte ich in das Loch des Beutels, doch es war zu dunkel darin. Endlich kam Lisa zurück. Ich sprang auf und fiel ihr um den Hals. »Oh, meine Schwester, Geliebte, es tut mir ja so Leid!« Lisa verdrehte die Augen, schubste mich weg und flüsterte: »Blödmann!«
Mit einem Ruck riss Mama den Pappbeutel auf. Erschrocken zuckte Lisa zusammen und starrte mit großen Augen auf den Inhalt. Doch die Staubfee schien nicht darin zu sein. Plötzlich kribbelte es mich fürchterlich in der Nase. Ich nieste einmal und noch einmal. Hatschi! Hatschi!
»Gesundheit!« Mama lachte. »Na, kitzelt dich die Staubfee?«
»Was? Ist sie da?« Ich schaute erschrocken auf den dicken Staubknubbel.
»Nein, keine Sorge«, beruhigte mich Mama rasch. Dann erhob sie sich langsam und verließ den Raum, dabei rief sie uns zu: »Sucht bitte schon mal, ich hol noch etwas aus der Küche.« Mit einer Gabel kehrte Mama zurück. Noch bevor Lisa erneut aufschreien konnte, erklärte sie: »Damit ziehe ich den Staub nur auseinander.«
Gespannt hockten wir vor der Glasschüssel und begutachteten den Inhalt. Er sah aus wie ein dicker, grauer Klumpen, vermischt mit ein paar bunten Holzperlen, die zweifellos aus den Kinderzimmern stammten. Auch eine Figur aus den Überraschungseiern hatte sich in dem grauen Labyrinth verlaufen. Aber nichts ähnelte auf den ersten Blick der Staubfee. Vorsichtig zog Mama nun mit der Gabel den staubigen Ballen auseinander. Wir wühlten und zogen und schauten und suchten. Wir riefen sogar nach der Staubfee. Aber wir entdeckten sie nicht.
Enttäuscht hockten wir auf dem Holzfußboden des Wohnzimmers. Um uns herum lagen überall Staubflocken verstreut. Wo sollten wir jetzt noch suchen? Vielleicht war die Staubfee durch ein Fenster entwischt?
»Was passiert nun mit dem gesammelten Staub?«, fragte Mama.
»Auf keinen Fall wegschmeißen!«, rief Lisa sofort.
Langsam stand Mama auf und sagte: »Ich koche mir erst einmal einen Kaffee. Möchtet ihr auch etwas?«
»Oh ja, ich habe Hunger - solchen Kohldampf!« Ich streckte meine Arme aus, um den Umfang meines Hungergefühls zu zeigen.
Ein Blick auf die Uhr zeigte, dass es bereits nach eins war. Bei der Suche nach der Staubfee hatten wir die Zeit vollkommen vergessen.
»Dann kommt, ich mache uns schnell ein paar Brote.«
Wir schlenderten in die Küche, schlurften dabei mit den Füßen über den Boden und hörten uns nun an wie eine uralte, weit entfernte Lok. Rasch halfen wir unserer Mutter die Brote mit Käse und Wurst zu belegen und hofften auf ein »Ja«, als wir den Wunsch nach Fernsehen äußerten. In der Schulzeit durften wir nicht so oft, aber noch waren Weihnachtsferien. Tatsächlich sah Mama sogar erleichtert aus. So konnte sie sich auch ein wenig auf der Couch ausstrecken, während wir über Pippi Langstrumpf lachten.
Aus den Augenwinkeln sah ich, dass Mama aufstand und zur Heizung hinüber ging, das Thermostat betätigte und ... sich abrupt umdrehte. Ich sprang auf. Gleichzeitig riefen wir: »Die Heizung!«
Zwischen den Heizungswänden befand sich genug Platz, um sich darin zu verstecken, zumindest für eine Staubfee. Schnell schalteten wir den Fernseher aus. Dann montierten wir das Lüftungsgitter ab und durchsuchten die Heizung im Wohnzimmer. Fehlanzeige.
Doch noch wollten wir nicht aufgeben. Als nächstes folgte der Heizkörper im Schlafzimmer.
4.
Mama kniete vor der Heizung und sog die Luft lautstark ein. Beim Ausatmen sagte sie:
Weitere Kostenlose Bücher