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Die Stunde der Gladiatoren

Die Stunde der Gladiatoren

Titel: Die Stunde der Gladiatoren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Klausner
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Leben anzufangen.
    Â»Sag mal, träumst du oder hast du zu viel Mohnsaft getrunken?«, ereiferte sich Danaos, während er ihm half, den bronzenen Schulterschirm auf einem Polsterärmel aus gestepptem Leinen festzuschnallen. Beide, sowohl der Ärmel als auch die Bandage, waren sein einziger wirklicher Schutz, und dementsprechend sorgfältig ging sein Ausbilder zu Werke. »Spuck’s aus, vor mir brauchst du keine Geheimnisse zu haben!«
    Â»Weiß ich, Danaos, weiß ich!«, beteuerte Niger und zurrte den ledernen Bauchgurt fest, den er über seinem knallroten Lendenschurz trug. »Trotzdem – wenn du nichts dagegen hast, möchte ich mich jetzt voll und ganz …«
    Â»â€¦ auf den Kampf konzentrieren!«, vollendete sein Magister und band die Riemen seiner Lederstiefel zu. Von der Unrast, die Niger ergriffen hatte, war bei ihm nichts zu spüren. Danaos war durch nichts aus der Ruhe zu bringen, wie stets, wenn es aufs Ganze ging. »Recht so, aber wenn du schlau bist, lässt du den Hitzkopf erst mal ins Leere laufen.«
    Â»Schon gut, alter Freund, ich hab’s kapiert.«
    Â»Das will ich hoffen.« Danaos erhob sich. Dann musterte er Niger von Kopf bis Fuß. Die Zeiten, während denen sich der Zypriote als Steinmetz und nach seinem Hinauswurf als Gladiator verdingt hatte, waren schon lang vorbei. In seinem Gesicht, von Narben, Schrammen und tiefen Falten durchzogen, hatten sie unübersehbare Spuren hinterlassen. »Wenn wir gerade von Hoffnung reden – noch zwei, drei Kämpfe, und du bist ein freier Mann. Dann bekommst du vom Kaiser ein Holzschwert in die Hand gedrückt, und dann nichts wie weg, ab nach Hause! Mensch, Niger: Was ich konnte, kannst du ja wohl auch, oder?«
    Â»Nach Hause. Du hast gut reden.« Niger wandte sich ab und trat an den Altar der Göttin Nemesis, um ein Opfer darzubringen. Aus Gewohnheit, nicht etwa, weil er glaubte, die geflügelte Statue in der Nische unweit der Hebebühne könne Wunder wirken. »Kannst du mir verraten, wie?«
    Â»Kein Grund, aus der Haut zu fahren, alter Junge.« Der Ausbilder, mehr als einen Kopf kleiner als sein Lieblingsschüler, klopfte ihm begütigend auf die Schulter und prüfte die Klinge des Dolches, bevor er ihn Niger in die Hand drückte. Es folgte der Dreizack, Symbol des Gottes Neptun, was der Retiarius, der nicht einmal hinsah, als ihm die Waffen überreicht wurden, mit versteinerter Miene quittierte. »Schuld, dass du hier bist, sind ja wohl andere, oder?«
    Â»Ja, das stimmt.«
    Â»Na also, dann sind wir uns ja einig.«
    Â»Sagst du!«
    Â»Was soll das heißen?« Das Netz vor Augen, dessen Bleigewichte er einer letzten Überprüfung unterzog, blickte Danaos überrascht auf. »Raus damit, oder denkst du, ich kann Gedanken lesen?«
    Â»Gut so!«, erwiderte Niger und starrte in die Flamme, die vor dem Standbild der Göttin emporzüngelte. Der Duft von Weihrauch und Räucherwerk hing in der Luft, vermischt mit dem Geruch nach Wein, den er auf der Altarmensa ausgegossen hatte. »Sonst würde dir das Lachen vergehen.«
    Â»Beim Janus, was ist denn eigentlich los?« Das war zu viel für ihn. Entschieden zu viel. Danaos nahm das Netz und schleuderte es wutentbrannt in die Ecke. Dann winkelte er die Arme an und baute sich neben dem Retiarius auf. »In einer Viertelstunde beginnt dein Kampf, und was machst du? Du stehst hier rum und tust so, als ginge dich das Spektakel da droben nichts an. Also ehrlich, Niger: Manchmal werde ich nicht schlau aus dir.« Der gedrungene, mittelgroße und trotz seines Körperbaus überaus wendige Zypriote schnappte nach Luft. »Jetzt hör’ mir mal gut zu, mein Junge: Was immer dir durch den Schädel spukt, es hat Zeit bis nachher, klar? Mit Pugnax ist nicht zu spaßen, das weißt du so gut wie ich. Der geringste Fehler – und aus ist der Traum! Dann landest du auf dem Gladiatorenfriedhof. Meinst du, ich habe Tag und Nacht mit dir geübt, damit du dich wie ein Hammel zur Schlachtbank führen lässt? Nichts da, Herkules, so haben wir nicht gewettet!«
    Â»Und was ist, wenn ich mich einfach aus dem Staub …«
    Â»Gar nichts wirst du!«, stieß Danaos zornbebend hervor, hob das Netz auf und drückte es seinem Musterschüler in die Hand. »Sonst kriegst du es mit mir zu tun. Ich muss dir nicht sagen, was passiert, wenn du

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