Die Stunde der Zikaden
bin hier nur ein staunender Zuschauer, der wunderbares Material für ein neues Buch bekommen hat. Titel: Enigma! Das Rätsel!»
Bruno bellte erst, als sie das Wohnzimmer betraten, und hörte auch gleich wieder auf, als er Laura erkannte. Teo stand am Fenster und sah zu den Nachbarhäusern hinüber.
«Es scheint zu funktionieren», sagte er langsam. «Ich hatte befürchtet, dass einer von ihnen dem roten Lieferwagen folgen könnte. Aber unsere Inszenierung hat sie wohl überzeugt.»
«Wohin fährt der Lieferwagen jetzt?» Laura stellte sich neben Teo und sah ebenfalls zum Haus der Schweizer hinüber.
«Er fährt zu Guerrini und liefert ebenfalls zwei Gasflaschen. Gleichzeitig erklärt der Fahrer dem Commissario, wo die Ware in den Lancia umgeladen wird.»
«Und wenn die Gegenseite das ganze Manöver beobachtet? Es ist doch ganz leicht, dem Lancia zu folgen. Ein Wagen, der mit roter Farbe übergossen ist, fällt schließlich auf.»
«Ich habe verschiedene Sicherheitsmaßnahmen ergriffen.» Teo, plötzlich wieder ganz Butler, ging zur kleinen Bar hinüber und mixte den Campari für Ferruccio.
«Welche Sicherheitsmaßnahmen, und wer ist der Fahrer des Lieferwagens?»
«Ein Freund. Und ein paar andere Freunde passen auf, dass niemand dem Commissario folgt.»
«Und wo kommen diese Freunde so plötzlich her?»
Teo reichte Ferruccio den Drink, und der alte Herr nickte erfreut. «Es macht richtig Spaß, euch zuzuhören. Niemand hier weiß wirklich, was der andere macht, nicht wahr? Läuft das bei der Polizei immer so?»
Laura und Teo sahen sich schweigend an.
«Das ist zwar durchaus eine Antwort, aber ich wäre dankbar, wenn ihr mir noch eine verbale geben würdet.»
«Nun», erwiderte Laura. «Bei der deutschen Polizei kommt es ab und zu vor, dass man nicht genau weiß, was die Kollegen machen.»
«Ich enthalte mich eines Kommentars», murmelte Teo.
«Warum denn?»
«Vielleicht später. Ich werde mich jetzt in meine kleine Funkzentrale zurückziehen und sehen, ob alles nach Plan läuft.»
«Ist klar, dass ich später Guerrini mit dem Wagen von Signor Ferruccio folgen werde? Ich bestehe übrigens darauf, Teo!»
«Ich nehme es zumindest an.»
«Was ist das für eine Antwort?»
«Eine ehrliche, die beinhaltet, dass es auch anders kommen kann.»
«Ich will aber nicht, dass es anders kommt.»
«Wir werden sehen. Lass die Nachbarn nicht aus den Augen, Laura.» Teo nickte und verschwand.
Ich bin mir nicht mehr sicher, dachte Laura. Ich weiß nicht mehr, ob ich Teo trauen kann. Vielleicht arbeitet er für beide Seiten.
Sie neigte nicht zu Panikreaktionen, doch an diesem Tag fühlte sie zum zweiten Mal einen Ansatz von Herzrasen und Schweißausbrüchen. Vielleicht interessierten sich die Schweizer und Ruben deshalb so wenig für den roten Lieferwagen.
«Könnten Sie mir den Schlüssel Ihres Wagens schon jetzt geben?», fragte sie Ferruccio, der sich mit seinem Campari in einem Sessel niedergelassen hatte. Er antwortete nicht sofort, sah sie nachdenklich an.
«Wovor haben Sie Angst, Signora?», fragte er endlich.
«Ich habe keine Angst, das heißt, ich weiß es nicht genau. Haben Sie Teos Polizeiausweis gesehen?»
«Nein. Verdeckte Ermittler tragen doch keine Ausweise mit sich herum. Das müssten Sie als Kommissarin doch wissen, oder?»
«Sie haben ihm also einfach so geglaubt?»
«Nein. Ehe er zu mir kam, hatte ich Kontakt mit einem anderen Mann. Der hat mir seinen Ausweis gezeigt, und der war echt.»
«Erinnern Sie sich an seinen Namen?»
«Nein, ich kann mir Namen sehr schlecht merken. Darunter leide ich schon seit meiner Jugend. Aber ich habe es mir irgendwo aufgeschrieben. Soll ich mein Notizbuch holen?»
«Hieß er Tuttoverde?»
«Nein, nein. Es muss ein anderer Name gewesen sein.»
«Vielleicht könnten Sie das Notizbuch doch holen, Signor Ferruccio.»
«Aber natürlich.» Ferruccio stellte sein Campariglas auf einen kleinen Tisch und stand langsam auf.
«Warten Sie, hatten Sie Kontakt zu dem Wärter Orecchio?»
«Jaja, er sitzt in meinem Keller und sagt nichts. Der hat Angst, riesige schwarze Angst. Ich nehme an, dass die wunderbaren Dinge, die ihm so unerwartet in den Schoß gefallen sind, ihn in Versuchung geführt haben. Und er ist der Versuchung erlegen. Deshalb die Angst. Organisiertes Verbrechen hat etwas von der Inquisition, finden Sie nicht? Es kann Menschen vor lauter Angst in den Wahnsinn treiben. Wehe dem, der gegen seine Gebote sündigt!»
«Wir sündigen auch gerade gegen
Weitere Kostenlose Bücher