Die Stunde der Zikaden
Domenica.»
«Komm allein.»
«Natürlich.»
Sie hatte das Gespräch beendet.
«Ich frage mich nur, wie wir die Kunstwerke unbemerkt in deinen Wagen laden. Ich meine, ohne Ruben, Stamm und Wanner zu alarmieren», sagte Laura und reichte Guerrini einen Espresso.
«Das ist Teos Aufgabe. Es wird die Sachen aus dem Resort rausbringen müssen. Wir müssen uns irgendwo treffen und umladen. Anders geht es nicht.»
«Bei diesen gegenseitigen Beschattungen, die hier in der letzten Zeit gelaufen sind, bin ich nicht so sicher, dass es klappen wird. Ich mache hiermit einen Vorschlag: Ich beobachte unsere netten Nachbarn, und du erledigst die Sache mit Teo. Das Blöde ist nur, dass ich keinen Wagen habe.»
«Vielleicht kann Ferruccio einspringen. Er hat einen alten Mercedes. Jedenfalls stand so was bisher in seinem Innenhof.»
«Und was hat Teo?»
«Das werden wir herausfinden. Ich bin sicher, dass Teo sich was einfallen lassen wird. Jetzt ist es beinahe drei. Er hat also noch ein bisschen Zeit.»
Laura kippte ihren Espresso ins Spülbecken.
«Was ist denn los?»
«Ich hab Hunger. Wenn ich diesen Espresso auf leeren Magen trinke, wird mir schlecht.»
«Bist du sauer auf mich?»
«Weshalb denn?»
«Ich dachte, weil ich dir nichts von dem Gespräch mit meinem Vater erzählt habe und du so schnell im Schlafzimmer verschwunden bist.»
Laura schüttelte den Kopf.
«Ruf Teo an. Es ist ganz gut, dass wir uns immer noch nicht kennen, Angelo.»
«Was soll das heißen?»
«Es soll heißen, dass alles immer noch neu und spannend ist.»
«Noch mehr Rätsel?»
«Nein, eigentlich ist es ganz einfach. Du rufst jetzt Teo an, und ich fange an zu kochen.»
Teo organisierte einen Lieferwagen. Rot, auffällig. Einen, der ganz offiziell leere Gasflaschen gegen volle austauschte. Natürlich. Alle kochten mit diesen Bombole. Auch Ferruccio. Der Fahrer sah aus wie ein ganz normaler Bursche und spielte im Innenhof lange mit Ferruccios Hund. Später fuhr er unter mehrmaligem Hupen ab, und der alte Dichter winkte ihm nach.
Weder die Schweizer noch Ruben hatten dem roten Lieferwagen besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Das konnte Laura von ihrem Beobachtungsposten hinter dichten Lorbeerbüschen sehen. Sie hatten wohl hinübergeschaut, aber nichts wies darauf hin, dass sie beunruhigt waren. Ferruccio befand sich offensichtlich außerhalb ihrer Sensoren.
Aber jetzt geschah etwas Verblüffendes. Der rote Lieferwagen hielt vor dem Haus der Schweizer. Offensichtlich fragte der Fahrer, ob auch hier eine Gasflasche ausgetauscht werden müsste. Wo er nun schon mal da war. Wanner erschien, schüttelte den Kopf und hob verneinend beide Arme. Dasselbe wiederholte sich auf dem Grundstück von Ruben. Hier hupte der Fahrer sogar mehrmals, bis der Kunsthändler sich endlich zeigte.
Clever, dachte Laura. Ein Glück, dass heute nicht Sonntag ist, sonst wäre es nicht überzeugend. Sonntags werden keine Bombole geliefert. Aber plötzlich war sie nicht mehr sicher und zählte die Tage nach … es musste Dienstag sein, zweite Urlaubswoche. Grauenvolle Vorstellung. Beinahe schon vorbei. Nicht daran denken! Erst fünf Uhr.
Es sah nicht so aus, als wollten die Schweizer oder Ruben abreisen. Teo hatte also recht gehabt. Sie warteten auf Domenicas Anweisungen. Der weiße Hund lief herum, hielt ein paarmal die Nase in ihre Richtung, kam aber zum Glück nicht näher.
Noch immer spielten sie Räuber und Gendarm.
Erst als die Dämmerung hereinbrach, schlich sie zu Ferruccios Anwesen hinüber, kletterte von hinten über die Mauer und klopfte an die Tür. Dreimal mit drei Schlägen, wie ausgemacht. Räuber und Gendarm eben.
«Da sind Sie ja endlich», sagte Ferruccio. «Ich hatte schon befürchtet, Sie kommen nicht und irgendwas ist schiefgegangen. Wissen Sie, ich bin so aufregende Geschichten nicht gewöhnt. Aber sie sind nicht ohne Reiz. Kommen Sie herein, Commissaria!»
Er ging ein bisschen gebeugter als am Morgen, oder hatte sie nur nicht richtig hingesehen?
«Kommen Sie, kommen Sie! Teo! Könntest du uns einen Drink machen. Ich brauche jetzt einen. Wäre ein Campari recht, Signora?»
«Nein, bitte nicht. Ich muss einen klaren Kopf behalten. Wieso ist Teo hier? Ich dachte, er würde die Ware wegbringen?»
«Es hat sich eine andere Möglichkeit ergeben. Ich denke, dass Ihr Freund informiert ist. Vertrauen Sie ruhig auf Teo, er hat erstaunliche Einfälle.»
«Wer ist der Fahrer des roten Lieferwagens?»
«Das muss Ihnen Teo selbst erklären. Ich
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