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Die Stunde des Löwen

Die Stunde des Löwen

Titel: Die Stunde des Löwen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Köhl
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durch den träge fließenden Verkehr. Als sie in den Reuterweg einbogen, begann es zu schneien. Hauchdünne Flocken schwebten aus dem grauen Himmel und schmolzen, sobald sie mit dem Asphalt in Berührung kamen. Ob er wieder träume, hatte sie gerufen. Ja, von dir, lautete die korrekte Antwort.
    Schon seit er am Morgen das Haus verlassen hatte, fühlte Born sich seltsam aufgekratzt und in Partylaune. Als hätte er bunte Pillen eingeworfen. Jetzt David Guetta hören, in ohrenbetäubender Lautstärke, und mit Mannfeld zu den Beats tanzen! »God of the rhythm«-mäßig. In einem schummrigen Kellerclub. Tanzen, flirten, lachen, bis sie ihn mit glänzenden Augen ansah. Wie oft hatte er sich diese und andere Szenen ausgemalt? Und dann war sie plötzlich schwanger geworden. Von dem Berufskasper. War niedergekommen und in null Komma nix wieder in den Job eingestiegen. Mit perfekt zurückgebildeter Figur. Als sei so ein Neugeborenes nichts. Dreitausendsechshundert Gramm Geburtsgewicht, hatte sie in ihrer Rund- SMS geschrieben. Wahrscheinlich hatte sie das Bodyform-Wunder mit Hilfe eines Personal Trainers geschafft. Finanziert vom überglücklichen Papa, der als freiberuflicher Gag-Schreiber zu Hause hockte und einen auf Supernanny machte. Was war auch anderes zu erwarten von einem Kerl, der seinen Stammhalter Henry taufte? Wie beschissen aristokratisch klang denn das! Der Kleine würde sich später noch beim lieben Jan bedanken und ihn fragen, ob die Namensgebung damals auch so ein verquerer Gag von ihm gewesen war. Zugegeben: Ab und zu hatte er selbst schon zur Harald-Schmidt-Show geschaltet. Doch dann war er regelmäßig eingeschlafen, bevor er sich fragen konnte, welches der Späßchen wohl auf das Konto von Julas Stecher ging.
    Â»Na, an was denkst du gerade?«, riss sie ihn aus seinen Gedanken.
    Â»An die Tote im Hotelzimmer«, log er und war überrascht, dass sie schon am Hauptbahnhof angekommen waren.
    Eine Bohnenstange in Bikerboots und Bundeswehrparka trippelte vor dem Taxi Nummer sechsundzwanzig auf und ab. Über Funk hatten sie dem Fahrer, einem Archäologiestudenten namens Malte Kielbowicz, ausrichten lassen, dass er sich zur Beantwortung einiger Fragen bereithalten möge.
    Â»Erinnern Sie sich, gestern Abend eine ältere Dame ins Sheraton gefahren zu haben?«, erkundigte sich Mannfeld, nachdem sie sich ausgewiesen hatten.
    Â»Klaro«, antwortete Kielbowicz. »Die Zentrale hat mich gegen halb acht angefunkt. Da hatte ich gerade einen Fahrgast in der Wiesenau abgesetzt. Und von da ist es nicht mal ’ne Minute bis in den Kettenhofweg.«
    Â»Welchen Eindruck hat die Frau auf Sie gemacht?« Born bedachte den Archäologiestudenten mit einem fragenden Blick.
    Â»Was verstehen Sie denn unter ›Eindruck‹?«
    Â»Na, salopp ausgedrückt: Wie war sie so drauf? Wirkte sie zum Beispiel aufgeregt, entspannt, heiter, ängstlich oder vielleicht sogar traurig?«
    Â»Auf mich hat sie einen ganz normalen Eindruck gemacht.«
    Du bist ja ein Superzeuge, dachte Born. Dann fragte er Kielbowicz, ob er sich während der Fahrt mit ihr unterhalten habe.
    Â»Ja, das habe ich.«
    Â»Und über was?«
    Â»Ãœber belangloses Zeug. Den Schnee. Und dass sie von dort, wo sie aufgewachsen ist, ganz andere Schneemengen gewohnt ist. Was ist denn mit der Frau passiert?«
    Â»Darüber können wir leider keine Auskunft erteilen. Hat sie erwähnt, was sie im Hotel vorhatte?«
    Â»Weshalb hätte sie mir das denn sagen sollen?«
    Â»Ich meinte das nicht unbedingt im Sinne von ›mitteilen‹. Aber es könnte doch sein, dass sie es so nebenbei erwähnt hat. Dass sie verabredet war zum Beispiel. Oder dass sie sich auf ein gemeinsames Essen mit jemandem freute.«
    Â»Nein, wie schon gesagt: Wir haben nur über ganz allgemeine Dinge wie den Schnee geplaudert.«
    Â»Hatte sie Gepäck dabei?«
    Kielbowicz bestätigte, was sie bereits von Rastafan Piu wussten. Kein Gepäck. »Aber«, fügte er nach einer kurzen Pause hinzu, »da Sie mich so direkt darauf ansprechen: Wir waren etwa zehn Minuten unterwegs, da bat mich die Dame, noch mal umzukehren. Vor dem Haus, an dem ich sie abgeholt hatte, musste ich warten. Und als sie wieder rauskam, hatte sie eine kleine Plastiktüte in der Hand. Was dadrin war, konnte ich aber nicht erkennen.«
    Es kostete ihn einiges an Überredungskunst, Mannfeld nach

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